Filmkritiken des FKC 2006
wenn nicht anders angegeben ist Dr. Norbert Fink
(NF) der Autor
WG = Prof. Walter Gasperi
Urs = Dr. Urs Vokinger
Weitere
Kritiken von Walter Gasperi finden sich
auch hier. (Kultur-Online
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max: *****, ## = Schlafkissen für besonders langweilige Filme
Das Leben der
Anderen
D 2006, Florian Henckel von Donnersmarck, 137 Min., Cinemascope, DD
Mit Martina Gedeck, Ulrich Mühe, Ulrich Tukur, Sebastian Koch.
In diesen Tagen (2.12.06) wurde dieser Film mit dem
europäischen Filmpreis von den 1.700 Mitgliedern der European Film Academy als
bester europäischer Film des Jahres ausgezeichnet und endlich hatte ich
Gelegenheit dieses wahre Meisterwerk zu sehen.
In der DDR wurden viele Intellektuelle bespitztelt, ihre Wohnungen verwanzt und
abgehört.
Auf Wunsch des Kultusministers wird auch der sonst als höchst linientreu
geltende Schriftsteller Georg Dreyman oberserviert. Das Motiv ist allerdings ein
niedriges: er ist scharf auf die schöne Schauspielerin Christa-Maria Sieland,
die bei ihm lebt.
Stasi-Hauptmann Gerd Wiesler leitet diese Überwachung und taucht mit seinem
Kopfhörer in eine auch führ ihn interessantere und lebendige Welt ein.
Die Sache eskaliert, als im westdeutschen "Spiegel" ein böser Leitartikel über
zunehmende Selbstmorde in der DDR, besonders bei Intellektuellen, erscheint und
darin festgehalten wird, dass das statistische Zentralamt aufgehört habe diese
zu zählen. Zuvor hatte ein Spiegel-Redakteur Georg eine Mini-Schreibmaschine
in seine Wohnung geschmuggelt, damit er sich nicht mit dem Schriftbild verrate,
falls das Manuskript aufliegt.
Doch Wiesler sympathisiert zunehmend mit seinem Opfer und ist Fan der
Schauspielerin. Als wirklich etwas vorkommt, was man gegen die beiden verwenden
könnte, verschweigt er es. Penibel vermerkt er jedoch in seinen Protokollen, wie
oft sie vermutlich Geschlechtsverkehr haben.
Sein Vorgesetzter lässt indessen Christa-Maria wegen Medikamentenmissbrauches
verhaften, unter der Drohung des Berufsverbotes bietet sie sich rasch an, nicht
nur als IM. Als sie das Versteck der Schreibmaschine verrät wird sie
freigelassen, läuft jedoch vor einen LKW und stirbt.
Wiesler wird degradiert und muss fortan in einem Kellerloch Briefe aufdämpfen.
Inzwischen fällt die Mauer und Dreyman wähnt noch immer, die abgehört worden zu
sein. Als es chic ist, zu den Observierten gehört zu haben
erkundigt er sich bei der Gauck-Behörde und stellt zu seiner Verwunderung fest,
dass ein ganzer Aktenberg über ihn angelegt wurde. Er schreibt ein neues Buch
und widmet es seinem stillen Bewunderer, dem HGW XX/7, sprich Wiesler.
**** Bis ins letzte Detail (sogar den
Überwachungsgeräten!) und an Originalschauplätzen gedrehte Dokumentation über
das Leben der Intellektuellen in der DDR, die nach der Übernahme durch den
Westen fast bedauern, nun einen klaren Feind, die Stasi, verloren zu haben.
Hervorragend gespielt und geschnitten, ohne Hänger und Längen. Herausragend!
Casino royale
UK, USA, CZ 2006 , 147 Min, Regie: Martin
Campbell
Der neue James Bond - ohne Mrs. Moneypenny, ohne Q und mit einem Bond, dem es egal ist, ob der Martini gerührt oder geschüttelt ist? - Überraschend wenig Hightech hat 007 zur Verfügung - holte er einst in beklemmenden Situationen einen Laserschneider aus seiner Armbanduhr, so muss er jetzt Folter über sich ergehen lassen, was unter Agenten normal zu sein scheint.
Das Remake des ersten James Bond aus dem Jahre 1954 ist ziemlich lang geraten, Action dominiert, die Handlung ist im Detail sehr verwirrend, Hauptsache, es ist immer was los. Die Musik ist enttäuschend banal, eine Perseveration der bekannten Melodie als darüber geschütteter Musikteppich (kein Vergleich zu den brillanten Songs von Shirley Bassey in „Goldfinger“).
Klar, nach wie vor spielt der Plot an den schönsten Orten der Welt, und schöne Frauen sind an der Seite der Guten wie Bösen, doch auf sie ist kein Verlass.
007 soll
in einem Casino in Montenegro am Spieltisch seinen Gegner um 150 Mio.
erleichtern, er gewinnt das Geld, der Widersacher will es erpressen - doch seine
Gespielin haut damit ab.... Die Bösen sind diesmal übrigens Terroristen, welche
mit ihren Anschlägen gezielt Aktienkurse zu manipulieren versuchen, besonders
reizvoll sind sicher die Szenen am Flughafen, als mit einem Tankwagen ein
Prototyp eines neues Jets zerstört werden soll, oder als in Venedig ein Haus in
sich zusammenfällt.
Und der neue Bond ? Daniel Craig schaut zwar sowohl nackt wie im Pokerdress gut
aus, trotzdem: Jean Connery war für mich der beste Bond !
Durchaus spannend, jedoch für meinen Geschmack zu roh und zu wenig charmant agiert der neue Muskelprotz.**.
Goyas
Geister / Las fantasmas del Goya
Milos Forman,
Spanien/ D / USA 2006
Mit Natalie Portman, Javier Bardem, Stellan Skarsgård, Michael Lonsdale u.a.
Keine geringeren als die Altmeister Milos Forman und Jean Paul Carrriere (der schon für Bunuel Drehbücher schrieb) machten diese spanisch-amerik. Produktion, die leider wieder in englisch gedreht wurde. Ich sah sie am spanischen Erstauffungstag.
Es geht um die Menschenrechte. Obwohl die Inquisition und damit die Folter eigentlich schon längst abgeschafft sind, lässt die Kirche in diesen besonders schweren Zeiten weiter foltern. Aus jedem banalem Grund, etwa weil man ein angebotenes Schweinefleisch nicht gegessen hat.
Spanien 1792. Das Inquisitionstribunal begutachtet die bösen Karikaturen des Francisco- Goya. Soll er deshalb peinlich verhört werden? Immerhin ist er der Hofmaler des Königs. Inés, eine seiner Modelle, die sogar ein Vorbild für einen Engel waren, wird verhaftet und gefoltert, ihr Vater, ein reicher Kaufmann, versucht alles, um sie dem Inquisitionstribunal zu entreißen. Der relativ liberale Pater Lorenzo könnte vielleicht helfen. Er schwängert sie bei einer Beichte im Kerker. Als der Kaufmann ihn zum Essen einlädt, diskutiert er mit ihm die Aussagekraft unter Folter erpresster Geständnisse. Wer die Wahrheit sage, dem gebe Gott die Kraft die Schmerzen zu ertragen. Nun macht er mit dem Pater die Probe aufs Exempel und lässt ihn - ebenfalls unter Folter- unterschreiben, dass er eine Kreuzung zwischen einem Schimpansen und einem Oran-Utan sei, um zu beweisen, dass man unter Schmerzen jeden noch so absurden Unsinn gestehe. Das Dokument werde vernichtet, wenn seine Tochter frei sei. Doch Pater Lorenzo verschwindet und taucht als Vertreter der frz. Revolution und Napoleons 15 Jahre später wieder auf.
Nun macht Lorenzo dem einstigen Inquisitor den Prozess. Inés, inzwischen völlig verfallen wird von den Revolutionstruppen befreit und willl wissen, was aus ihrer Tochter mit Lorenzo geworden ist. Goya, inzwischen ertaubt, hilft ihr die Tochter Alicia, eine begehrte Prostituierte, zu finden. Doch diese soll nach Amerika deportiert werden . Inès wird in ein Narrenhaus gesteckt. Wieder kauft Goya sie frei. Nachdem die Ideen der frz. Revolution auch nicht die erhoffte Erlösung vom Übel brachten, gewinnen die katholischen Mächte wieder an Boden und spielen sich wieder als Richter auf. Julio Bardem als Lorenzo spielt den anpassungsfähigen Liberalen und wird dafür von dem Christenmensch, dem er das Leben schenkte, stranguliert.
Die Parallelen zur Gegenwart sind evident: obwohl die Folter weltweit geächtet ist, lässt Bush die CIA weiter harte (=peinliche) Verhöre führen und ignoriert die Menschenrechte .
In opulenten Bildern, allerdings
linear erzählt, wird ziemlich gefällig (und „gegendert“) die Eskalation der
Gewalt gezeigt, egal ob im Namen Christi oder der soeben ausgerufenen Ideen der
Französischen Revolution (egalité, fraternité, liberté) es wird weiter
gemordet, vergewaltigt und gefoltert.
**** große Produktion mit
großer Aussage, durchaus vielschichtig, aber etwas zu konventionell erzählt,
Ähnlichkeiten mit dem „Parfum“ ?
Geheime
Staatsäffäre
Der neue Chabrol mit einer souverän agierenden Isabelle
Huppert als arrogante Untersuchungsrichterin lehnt an die Elf-Aquitaine Affäre
im Frankreich von 2003 an, liefert uns dazu aber leider keine neuen
Informationen und Aspekte. Dass „die da oben“ alle korrupt sind oder selber
schmieren, nimmt der normale Zuseher ja auch an.
Was also bleibt, ist das immer desolater werdende Privatleben der Frau
Charmant-Killman (!), im Machtrausch nach der Verhaftung des Firmenchefs eines
Multi und einem Unfall fühlt sie sich bedroht, bekommt Leibwächter und die
eigene Beziehung zu ihrem Mann, den sie verlässt und der letztlich einen
Selbstmordversuch macht, wird immer schlechter. Der Nachfolger des Inhaftierten
versucht indessen diese Situation weidlich auszunutzen, die Justiz die unbequeme
Richterin durch Beförderung lahm zu machen.
Nicht wirklich spannend, aber durch solide Schauspielerei und gekonntes
Filmhandwerk erträglich gemacht, plätschert die Handlung dahin, es wird sehr
viel geredet und die Macht der „bösen Frauen“ und der "korrupten Konzernbosse"
demonstriert.
* annehmbar, aber beim Publikum offenbar ein
Flopp.
Das Parfum
Tom Twyker, D 2006, 147 Min, Cinemascope
Patrick Süsskinds Roman "das Parfum" habe ich zweimal gelesen, kaum ein anderes
Werk der Literatur vermag soviele Gerüche zu beschreiben. Dennoch, dieser
Bestseller blieb das einzige große Werk des Autors. Produzent Bernd Eichinger (für
viele Constantin-Großproduktionen verantwortlich, zuletzt "Der Untergang") und der junge "Lola-rennt"
Regisseur Twyker versuchten die Adaption des Romanes, und sie ist teilweise
gelungen. Die Welt der Gerüche wird durchaus drastisch optisch dargestellt und
jeder Gourmet weiß heute, dass es zwei Stoffe gibt, mit denen man die große
Vielfalt der Gerüche (und Geschmäcker) transportieren kann: Alkohol und Fett (darum
schmecken diese etwas ungesunden Stoffe so gut).
Die ganze Geschichte ist natürlich ein Kriminalmärchen des 18. Jhdt. und niemand
behauptet erfreulicherweise, es sei was Wahres dran, das nimmt dem Morden die
Brutalität und fast wünscht man dem Täter, Jean-Baptiste Grenouille, es
möge ihm gelingen den betörenden Duft der schönsten Frau zu konservieren, auch
wenn sie für dieses hohe Ziel sterben muss.
Da ist also ein Mann, der selbst nach nichts riecht (deshalb wittern ihn die
Wachhunde auch nicht! und selbst wenn es so wäre, röchen seine Kleider oder
Haare..) und in einer Zeit lebt, wo Alle und Alles fürchterlich gestunken
haben muss. Nachdem er von seiner Mutter zu den Fischabfällen geworfen wurde
und überlebt, wird er lieblos in einem Waisenhaus aufgezogen und als Leibeigener
an einen Gerber verkauft. Nach Jahren gelingt es ihm den Parfumeur Baldini davon
zu überzeugen, ihn als Lehrling aufzunehmen. Er bringt sein marodes Geschäft
wieder in Schwung und kreiiert ihm die besten Parfums. Doch seine wahre
Leidenschaft ist es, den Duft schöner Frauen zu Parfum werden zu lassen. Nachdem
die Methode des Destillierens nicht zum Erfolg führte, versucht er es mit der in
Grasse etablierten neuen Methode der Desoufflage (über Fette werden Düfte
aufgenommen), er mordet immer mehr, wickelt die Opfer in fettgetränkte Tücher
und destilliert sie dann. Als er eines Tages erwischt wird und hingerichtet
werden soll, gelingt es ihm mit Hilfe seines aus den ermordeten Frauen gewonnen
Duftes den Anschein zu erwecken, er sei ein Engel und alle Menschen entkleiden
sich, um sich zu lieben. (Nun so eine tolle Wirkung würde man heute eher den
geruchlosen Pheromonen zuschreiben...) Für den Bischof ist das ein Wunder
und folgedessen muss er unschuldig sein...
*** Opulent und bildgewaltig wurde der Roman ja
schon verfilmt, was mich aber störte, war ein zu schneller, fast hektischer
Schnitt, der oft die Bilder nur zu Illustration der Stimme aus dem Off
degradierte, die Musik im Stile der "New Classics" ist ein angenehmer Teppich
darüber, nicht viel mehr, so ist der Film gutes Kunsthandwerk, aber kein
tiefsinniges cineastisches Kunstwerk, unterhaltsam, manchmal spannend, nicht
philosophisch.
http://de.wikipedia.org/wiki/Das_Parfum_(Roman)
Emmas Glück
Sven Taddicken, D 2006, 99 Min.
Emma lebt alleine mit ihren Schweinen und Hühnern auf einem verschuldeten
Bauernhof, längst ist ihr der Strom und das Telefon abgeklemmt worden. Wenn sie
ein Schwein schlachten muss, führt sie es liebkosend ins Grüne, streichelt und
küsst es und schneidet ihm in diesem Moment mit gekonntem Schnitt die Kehle
durch. Ein Dorfpolizist, der noch bei der Mutter lebt, verehrt sie will sie
heiraten, doch wird er stets mit der Schrotflinte vertrieben.
In hartem Gegenschnitt sehen wir dazwischen die Geschichte von Max: er wird
durch einen Tomographen gerollt und die traurige Diagnose heißt
Pankreas-Karzinom, eine tödliche Krankheit. Deswegen leidet er an Bauchschmerzen
und muss sich oft übergeben. Er klaut nun seinem Chef, einem nicht immer ganz
sauber arbeitenden Gebrauchtwagenhändler, gut 64.000€ und flüchtet in einem
Jaguar, doch wird er in flagranti dabei erwischt und verfolgt. Sein eigentliches
Ziel wäre an sich nur der Flughafen gewesen, von dort sollte es "one way" nach
Mexico gehen, wo er in den Hängematte den Tod abwarten wollte. Dann schließt Max
vor einer gefährlichen Kurve einfach die Augen und nimmt mit 200 km/h die Hand
vom Lenkrad. So landet er auf dem Bauernhof von Emma, die den Bewusstlosen
erstmals mit veterinärmedizinischen Methoden beherzt verarztet. Als sie
die Gelddose mit viel Geld findet, nimmt sie das Geld und zündet den Wagen an.
Gegenüber der Polizei verleugnet sie Max gefunden zu haben.
Die Annäherung von Emma und Max geht nun alles andere als schnell vor sich, im
Gegenteil, als Max eines Tages die leere Gelddose findet, stellt er Emma und
verlangt das Geld zurück, um es bald danach, dem Gerichtsvollzieher, der sie vom
Hof weisen will, zu geben. Max räumt auch den Saustall in der Küche auf und
fängt an zu kochen, was Emma sehr verwirrt. Langsam fangen aber auch die Triebe
an zu kochen...
Als Maxens Chef auftaucht sperrt ihn Emma ins Verlies. Indes geht es Max
gesundheitlich so schlecht, dass er ins Spital muss. Emma besucht ihn dort mit
dem Traktor und heiratet ihn spontan, sein Chef und dessen Sekretärin sind die
Trauzeugen, das gestohlene Geld ist vergessen, es war Schwarzgeld, das in keinem
Buche stand.
Das dramatische Ende verrate ich nicht. Doch soviel sei gesagt, es ist
dramaturgisch nötig, sonst könnten die ZuschauerInnen nicht richtig weinen und
der Film wäre kitschig.
*** Die Stärken des Films sind seine humorvolle
Bildsprache und die im Film neue Schauspielerin Jördis Triebel, die natürlich
und glaubhaft die geborene Bäuerin spielt und das Gegenteil von steril-sauberen
Sex liebt. Ein Film zum Mitweinen freilich, geht es ja auch um Sterbehilfe....
Volver
Pedro Almodóvar, Spanien 2006, 120 Min.
Pedro Almodóvars neuestes Werk
überrascht ein wenig, leider nicht unbedingt im positiven Sinne. Sein neuester
Film mit dem deutschen Titel „Zurückkehren“ zeigt eine dramatische
Familiensituation: der „Vater“ vergreift sich an der Tochter Paula und erklärt
ihr, dass er gar nicht der Vater sei, woraufhin die Tochter ihn ersticht. Mutter
Raimunda versteckt ihn in einer Tiefkühltruhe und behauptet fortan, er sei nach
einem Streit abgehauen. Großmutter Irene, schon ziemlich vergesslich geworden,
stirbt als Raimunda im größten Stress ist. Doch gerade jene ist es, die nun die
Hauptrolle spielt: sie erscheint ihrer Schwester Sole leibhaftig und hilft ihr
in ihrem illegalen Frisiersalon mit. Es dauert nicht lange bis alle dahinter
kommen. Hat sie nun den Tod nur vorgetäuscht oder ist sie wirklich erschienen ?
Inzwischen übernimmt Raimunda ziemlich spontan das benachbarte leer stehende
Restaurant und bewirtet ein Filmteam.
Almodóvars war bisher einer der wenigen neuen Autoren, die ähnlich wie Fellini,
einen unverwechselbaren Stil entwickelten, der u.a. durch schrille Farben und
schräge Figuren gekennzeichnet war, beide Stilmerkmale finden sich in seinem
neuen Film nur noch in stark abgeschwächter Form. Dazu kommt eine gewisse
Geschwätzigkeit und Fernsehkompatibilität (TVE und Canal+ sind daran
beteiligt) was den Film relativ steril und jugendfrei macht.
Penélope Cruz als energiegeladene Powerfrau Raimunda und auch Carmen Maura als
untote Grußmutter Irene spielen aber hervorragend.
*** Der Streifen ist unterhaltsam und sehenswert,
erreicht aber nicht die Qualität seiner genialen Werke „Todo sobre mi madre/Alles
über meine Mutter“ oder „Hable con ella/Sprich mit ihr“ und auch nicht des
soeben auch auf dem österr. Markt erschienenenen, von Almodovar „nur“produzierten
Filmes „La vida segreta de las palabras/die geheime
Bedeutung der Worte“) von Isabel Coixet. Man sollte ihn unbedingt in der
spanischen OmU Fassung sehen, da kommt mehr herüber.
Faktotum
Bent Hamer, N 2005, engl. OmU
Die Romane des amerikanischen Schriftstellers Charles Bukowsky sind überspitzt
und halb autobiographisch. Sein "Chinasky" ist er dabei selber.... Chinasky ist
ein Möchtegern-Schriftsteller der ungern und schlecht arbeitet, umso lieber aber
leichten Sex, Nikotin und Alkohol liebt. Er wohnt in billigen Absteigen oder bei
seinen Geliebten, mit der er keine allzu engen Beziehungen will und von ihnen
ebenfalls erwartet, dass sie Spaß an Sex und Alkohol haben. Aber er liebt auch
die Literatur und klassische Musik und unterscheidet sich dadurch von einem
gewöhnlichen Alkoholiker oder Penner.
Bukowskys Romane gelangten durch ihre exakte Milieauschilderung und unverblümte
Ausdrucksweise zu Weltruhm und gelten als besonders unmoralisch, verarschen sie
doch alle Werte (Arbeitsmoral, Fleiß,
Ehrgeiz, Keuschheit ...) der Puritaner.
In "Barfly" und "Ganz normal verrückt" wurden sie bereits verfilmt.
Hamer, der zuletzt mit den "Kitchen Storys" bei uns bekannt wurde verfilmte nun
in einem ähnlich semidokumentarischem Stil die Geschichte des arbeitsscheuen und
lebenslustigen Chinasky.
Dabei gewinnt der Film zunehmend an Dichte und Witz. Als er einmal als
Pferdewetter zu etwas Geld kommt, und sich in feines Tuch hüllt ist er einfach
nicht mehr der Alte, kritisiert seine Geliebte. Dazu passt auch jene Szene, in
der er von seiner Gespielin verlassen wird, weil er einmal die Wohnung
aufgeräumt hat ("wo ist die Schlampe, die dir hier auch noch geputzt hat?"),
obwohl er sich beim staubsaugern richtig "schwul" vorgekommen ist. Anfangs ist
der Film für das Thema zu brav, bekommt dann doch einige pikante Szenen, ohne
jedoch je pornographisch zu werden, wozu die Vorlage ja ausreichend Stoff
geboten hätte. In der Begegnung mit seinem Vater prallen die konträren
Wertvorstellungen unbarmherzig aufeinander.
Dabei wird jedoch mehr der Arbeitsminister denn eine Klosterfrau rot, denn seine
Arbeitsmoral ist schrecklich.
**** vorlagentreue, semidokumentarische und
halbbiographische Verfilmung des Romans "Faktotum"
von Charles Bukowsky, fast ein wenig zu brav aber doch konsequent gegen alle
Werte des erfolgreichen
Menschen im Kapitalismus verstoßend.
http://de.wikipedia.org/wiki/Charles_Bukowski
Wie im Himmel
Kay Pollak, S 2005
Überfällig war eine Kritik zu diesem Film, der einer der meistbesuchten
europäischen Filme ist und seit Okt 2005 im deutschsprachigen Raum mit
vergleichsweise wenigen Kopien (in Österreich nur 9) zu sehen ist.
Es handelt sich um einen Streifen, den das Publikum berührt, ja mitgehen lässt,
am Schluss möchte man sich fast auch zu solch einem Chor anmelden.
Die Handlung ist schnell erzählt: ein Stardirigent zieht sich nach einem
Herzanfall in sein Heimatdorf in Nordschweden zurück und leitet dort - zuerst
widerwillig - den Kirchenchor. Er gerät zunehmend mit seinem gruppendynamischen
Methoden in Konflikt mit dem bigotten Pfarrer und einigen ebensolchen alten
Jungfern,
doch die Gruppe liebt ihn. Jedoch an jeder Ecke lauert ein schrecklicher
Beziehungskonflikt, den er, wie der perfekte Gruppenguru immer zu lösen weiß.
Schließlich verliebt er sich in seine gelehrige Schülerin Lena, eine großbusige,
blonde Schönheit, die ebenfalls von Männergeschichten gezeichnet, sehr
eifersüchtig reagiert.
Sie nehmen in Innsbruck (!) an einem Chorgesangswettbewerb teil, wo er nach dem
ersten Liebesakt mit Lena kurz vor dem Auftritt den finalen Herzinfarkt
erleidet.
Schön wäre es, wenn das Leben und die Musikpädagogik so einfach wäre. Leider
macht es sich der Film zu einfach und emotionalisiert das Publikum mit einer
Menge Klischees und simpler schwarz-weiss Schilderungen,
vom geistig Behinderten, der natürlich nur ein verkanntes Gesangsgenie ist, zu
den böser Männern, die ihre Frauen schlagen, zum Pfarrer, der vor er mit seiner
Ehefrau verkehren kann, sich an Pornoheftchen aufgeilen muss und letztlich
zum schießwütigen Alkoholiker pervertiert. Dass es im schwedischen Sozialstaat
zuerst einen Mordversuch geben muss und das zu-Schrott fahren von Autos mit dem
LKW in betrunkenem Zustand noch nicht ausreicht, ehe die Polizei gegen prügelmde
Ehegatten vorgeht, ist wohl der Gipfel an Unglaubwürdigkeiten (in Schweden
ist sogar der Versuch der Prostitution bei martialischen Strafen - natürlich nur gegen die
Freier verboten!).
** zwar im Moment berührender und begeisternder
Film, bei weiterem Nachdenken darüber kommen aber immer mehr Zweifel über diese
Ansammlung von Vorurteilen heraus.
http://www.wie-im-himmel-derfilm.de/start.html
Kritik von Walter Gasperi
Tsotsi
Regie und Drehbuch: Gavin Hood.
Südafrika/Großbritannien 2005, 94 Minuten, Cinemascope
Es beginnt wie in einem billigen Action-Film, Tsotsi, ein Bösewicht, ermordet
in der U-Bahn einen Geschäftsmann und raubt ihm das Geld, doch auch seine
Freunde sind vor ihm nicht sicher, in einer Bar ärgert er sich über Boston und
schlägt ihn so zusammen, dass ihm bleibende Schäden an den Augen bleiben. Nicht
einmal vor Behinderten schreckt er zurück.
Seinen nächsten Coup in einer feinen Wohngegend macht er alleine, schießt auf
eine Frau, die querschnitts-gelähmt sein wird und raubt ihr das Auto. Doch
da ist noch ein Baby auf dem Rücksitz, das sein Leben verändern wird.
"Kindchenschema" sei Dank - er tötet es nicht und setzt es auch nicht aus,
sondern nimmt es mit nach Hause. Dort riecht man es aber, und außerdem eignet
sich die süße Kondensmilch auch nicht gut als Babynahrung, sondern zieht die
Ameisen an. Er zwingt also eine stillende Mutter mit vorgehaltener Pistole, dem
Kleinen die Brust zu reichen und es zu versorgen. Noch einmal überfallen sie
dasselbe Haus, dabei tötet er sogar einen Freund, doch lässt er den Kindesvater
am Leben, das wieder erbeutete Auto wird verkauft.
Die Fürsorge um das Kind bremst allerdings seine kriminelle Energie, er beginnt
über das Leben nachzudenken und versucht einige Schandtaten wieder gut zu machen
(wenn auch mit gestohlenem Geld) . Das Ende des äußerst berührenden
und spannenden Films verrate ich nicht, so viel sei gesagt: es ist "politisch
korrekt", was ihm wahrscheinlich auch den Oscar® 2006 für den besten
nicht-englischsprachigen Film einbrachte.
Der Film wird mit Mereiles "Cidade da Deus/City of God" verglichen, weil es sich
ebenso um eine harte Story aus den Slums handelt. Tsotsi ist allerdings
melodramatischer, vielleicht sogar spannender, jedenfalls konventioneller und
moralischer.
*** 1/2 Tsotsi schlägt sich im Township von
Johannesburg brutal durchs Leben. Seine Mutter verstarb früh an AIDS, der Vater
war ein Säufer, der ihn geprügelt hat. Auch seien Freunde sind vor ihm nicht
sicher, als er bei einem Autoklau auch ein Baby erhält, ändert sich sein Leben.
Nicht ganz schlüssige Story, aber sehr berührend.
Die Zeit, die bleibt
(Le temps qui reste); Frankreich 2005; 86 Minuten;
Regie: François Ozon; Drehbuch: François Ozon; Produzent(en): Olivier Delbosc,
Marc Missonnier; Mit Melvil Poupaud, Jeanne Moreau, Valeria Bruni-Tedeschi,
Daniel Duval, Marie Rivière, Christian Sengewald, Louise-Anne Hippeau
Romain ist ein erfolgreicher Fotograf, eines
Tages bricht er bei der Arbeit zusammen und wird im Spital durchgecheckt, er hat
jedoch nicht Aids, wovor er als homosexueller Angst hatte, sondern Krebs im
fortgeschrittenen Stadium mit Metastasen. Die Heilungschancen sind gering und so
lehnt er die belastende Chemo- und Strahlentherapie ab. Er hat also nicht mehr
lange zu leben. Das Verhältnis zu seiner Familie ist gespannt, besonders arg
geht er mit seiner Schwester um. Doch seiner Großmutter (wunderbar: Jeanne
Moreau)
vertraut er sich an. Auch wirft er seinen Freund hinaus.
Eines schönes Tages will eine Kellnerin, deren Mann unfruchtbar ist, mit ihm
schlafen, "weil er so schön sei und von ihm ein Kind wolle"; er lehnt zuerst das
Angebot ab, er möge keine Kinder.
Doch er überlegt es sich noch anders, zu dritt im Bett und eher von ihrem Gatten
angeheizt, gelingt es ihm, sie zu schwängern. Er setzt seinen künftigen Sohn als
Universalerben ein. Auch entschuldigt er sich bei seiner Schwester.
Wie schon bei "Am Sand" endet der Film an einem Strand...
**** hervorragende Studie über einen Mann, der
mitten im Leben steht und eine tödliche Diagnose erfährt. Seine Homosexualität
erscheint hier ungekünstelt und hat keinen Einfluss auf die Kerngeschichte.
Brokeback
Mountain
Ang Lee, USA 2005, 134 Min
Der nicht einmal in Cinemascope gedrehte, von der Filmpresse völlig
überbewertete Film um zwei schwule Schafhirten spielt in den 60er Jahren. Ennis
und Jack sollen auf dem Brokeback Mountain Schafe hüten,
die kitschig-schönen Bilder im Stile der Marlboro-Werbung plätschern so dahin,
bis es die beiden buchstäblich überkommt und sie aus sexueller Not (eher wie
mit einem Schaf) miteinander Sex haben; beide gestehen sich anfänglich ihre
Homosexualität nicht ein, sind sie doch normal verheiratet.
Erst als sie bei ihren Ehefrauen merken, wie sehr sie sich begehren und ihre
Beziehungen darunter leiden bzw. scheitern, wird es ihn voll bewusst. (Ab hier
gewinnt der Filme an Dichte und Tiefe). Sie treffen sich ab und zu wieder, um
auf den Brokeback Mountain zu fahren und die Erinnerungen aufleben zu lassen.
Ennis ist eifersüchtig, weil Jack in Mexiko auch bei Strichjungen Befriedigung
suchte, eines Tages erfährt er, dass er gestorben sei und fährt zu seinen
Eltern.
** es mag zwar in den USA mutig sein, zwei
schwule Cowbows zu zeigen, den aufgeklärten europäischen Betrachter langweilt
die Story. Das Lobgehudel war mir nicht nachvollziehbar. Ang Lees frühere
Meisterwerke wie "Eat Drink Man Women" oder auch "Tiger & Dragon" erschienen mir
weit besser!
Alle weiteren Details:
http://de.wikipedia.org/wiki/Brokeback_Mountain
Die
Perlenstickerinnen
Eléonore Faucher, F 2004
Claire ist 17, ihr Job als Kassiererin in einem Supermarkt gefällt ihr gar
nicht. Außerdem ist sie schwanger und die Eltern sollten es nicht erfahren, sie
möchte das Kind anonym gebären und zur Adoption freigeben. Sie ist zu allen
ruppig und isoliert sich immer mehr. Ihre Interessen gelten der Stickerei und
als sie bei Madame Melikian arbeiten darf, wird sie beruflich glücklich und
findet langsam auch zu sich und ihrem Körper inkl. der Leibesfrucht. Doch auch
Madame hat Probleme mit sich selber: sie hat ihren Sohn bei einem Unfall
verloren und macht eines Tages einen Suicidversuch, doch Claire rettet sie und
besucht sie hartknäckig im Spital. Auch wenn die beiden Perlenstickerinnen nicht
viel reden, es bahnt sich eine Freundschaft an, die beiden gut tut.
***1/2 Das mehrfach preisgekrönte Erstlingswerk
(u.a. großer Preis der Filmkritik, Cannes 2004) ist ob seiner feinen Töne und
einer herausragenden Bildssprache absolut sehenswert, auch wenn es in ein Happy
End mündet.
Grbavica (Esmas Geheimis, DF)
Jasmila Žbancic, A/BIH/D/CRO 2005, 92 Min, echter 35mm, OmU
Grbavica ist ein Vorort von
Sarajevo. Dort lebt die alleinstehende Esma mit ihrer Tochter Sara.
Sara ist ein schwieriges Kind in der Pubertät, frech und aggressiv, dennoch gibt
es zärtliche Momente mit der Mutter. Auch beginnt sie eine Freundschaft mit
Samir, dessen Vater als „Kriegsheld“ gestorben ist.
Esma arbeitet in einem Nachtlokal, setzt aber ihren Körper nicht so effektiv ein
wie ihre Kollegin, sie hat offenbar ein Problem mit der Sexualität.
Als das Geld für einen Klassenausflug aufgetrieben werden soll und es für im
Krieg Gefallene einen Rabatt gibt, wundert sich Sara, dass ihre Mutter den
„Zettel“, dass ihr Vater auch als „Kriegsheld“ gefallen sei, nicht vorlegen
kann.
Eine Tragödie bahnt sich an, denn sie will langsam wissen wer ihr Vater war, auf
brutalste Weise erklärt ihr nun Esma, was wirklich geschehen ist …
**** Der Film beginnt langsam, entwickelt sich aber zu einer fast unerträglichen Dichte am Schluss, die Charaktere werden sorgfältig und differenziert entwickelt. Im YU-Krieg wurden viele Frauen systematisch vergewaltigt; der Film zeigt einfühlsam und nachvollziehbar die Spätfolgen dieses Verbrechens.
Klimt
Raoúl Ruiz, A, GB, D,F
2006
Durch Syphilis am Totenbett, lässt Klimt sein Leben Revue passieren, wobei der
Plot darum geht, dass ihm bei der Weltausstellung Paris 1900 durch Meliès ein
Film vorgeführt, wo er und eine seiner schönen Damen
von Schauspielern dargestellt werden, er verliebt sich in die "Lea" des Films,
als er die Dame im Hause eines Gönners aufsucht, wird ihm ein Double präsentiert
und er durch einen Einwegspiegel beobachtet, doch auch die angeblich echte,
entblättert sich wie viele andere schöne Frauen vor ihm, um gemalt und geliebt
zu werden.
Der Film enttäuschte voll, da wir weder viel vom Menschen Klimt und noch weniger
über seine Werke erfahren; alle Figuren sind blass und werden kaum differenziert
dargestellt, auch die Begegnung mit Schiele.
Auch wenn viele schöne nackte Frauen über die Leinwand tänzeln und sich in
seinen Laken räkeln, der Film bleibt langweilig und reduziert sich auf die
Kostüme und das schöne Ambiente der damaligen Zeit. Am ehesten noch ist die
Gründung der "Seccession" in Wien und die damit verbundenen Skandale und
Spannungen
einigermassen ausgearbeitet.
## trotz mancher erotischer Passagen
langweiliger Film, der weder das Leben noch das Werk Klimt´s tiefer beleuchtet.
La vida segreta de las palabras
The secret life of words
Isabel
Coixet, Spanien 2005, 122 Min.
“el deseo”, die Produktionsfirma von Pedro Almodóvar produzierte diesen bemerkenswerten Film, der mit 4 "premios goyas" (Bester Film, Bestes Drehbuch, Beste Regie, Bester Schauspieler) zum besten spanischen Film des Jahres 2005 gekrönt wurde.
Wir sehen am Anfang
Hannah, eine isoliert lebende Textilarbeiterin, die als einzige die keinen
Gehöhrschutz trägt, weil sie taub ist. Es wird ihr
nahegelegt, einmal Urlaub zu machen, sie solle doch ans Meer fahren und sich
unter Palmen ausruhen. Wir sehen auch, dass sie nicht mit ihrer Mutter sprechen
will.
Sie fährt mit einem Bus fort, offenbar in eine rauhe Gegend Irlands. Als sie am
Nachbartisch hört, dass auf einer Bohrinsel ein Unfall passiert ist und man
dringend eine Krankenschwester brauche, meldet sie sich spontan und wird gleich
angestellt.
Josef wollte seinem Freund, der sich selbst (aus Liebeskummer) das Leben nahm,
aus dem Feuer helfen und wurde dabei selbst schwer verletzt, ist vorübergehend
blind, stark verbrannt und erlitt mehrere Frakturen.
Hannah pflegt ihn einfühlsam, anfangs dominiert Josef allerdings mit typischen
Macho-Sprüchen und sie gibt nichts von sich preis, doch allmählich tauen die
beiden auf und öffnen sich, langsam dreht sich der Spiess vom physisch zur
psychisch Verletzten um: sie ist Kriegsflüchtling aus Yugoslawien, wurde in
Dubrovnik sexuell missbraucht und gefoltert, erlebte Grauenhaftes. die
berührendste Szene ist sicherlich, als sie den Blinden die schweren Wunden an
ihrer Brust ertasten lässt.
Als er in ein Spital auf dem Festland verlegt wird, beendet sie wieder ihren
“Urlaub” und arbeitet wieder in der Fabrik.
Nach einiger Zeit, wieder sehend, besucht er sie am Arbeitsort und macht ihr den
Vorschlag, den Rest des Lebens mit ihm zu verbringen.
**** Der äußerst
einfühlsame und bewegende Streifen zeigt eine besondere Beziehungskonstellation,
ist spannend und erstklassig gespielt und erinnert etwas an “hable con ella”.
Casanova
Kann ein jugendfreier Film über Casanova etwas taugen ?
Natürlich muss ein Film über den angeblich größten Liebhaber (1725 – 1798) kein
Porno sein und könnte ja die historischen Tatsachen spannend aufbereiten,
landete der Ärmste 1755 immerhin in den Bleikammern Venedigs.
Leider versuchte Lasse Hallstrom aus den Tagebüchern eine leichte Komödie zu
machen, die vor allem Frauen gefallen sollte (darum wurden modische
feministische Elemente eingebaut). Immerhin stimmt, dass um diese Zeit
herum der Heissluftballon erfunden wurde, ob es damals schon Feuerwerksraketen (“Bodenfeuerwerke”
ja) gab, wage ich aber zu bezweifeln.
Wegen des unmoralischen Lebenswandels ist die heilige Inquisition hinter
Casanova her, durch mehrfache Verwechslungen und Täuschungen versucht er ihr zu
entkommen und landet letztlich ausgerechnet in den Armen jener Feministin, die
am lautesten gegen diesen Macho wetterte und unter männlichen Pseudonym
kirchenfeindliche Schriften publizierte.
Positiv ist eine wunderschöne Filmmusik (zwischen rokoko und Vivaldi) und
natürlich die tolle Kulisse Venedigs zu vermerken, dass dabei mit dem blue
screen schmampig umgegangen wurde, merkt man leider.
* Nur passagenweise heiter und
selbstironisch, letztlich aber nicht mehr als leichte Unterhaltung, der
Zuschauer lernt weder eine neue Liebestechnik von Casanova, noch Neues über die
Inquisition und dass man sich wieder mal über dicke Männer lustig macht, finde
ich auch nicht lustig.
Stephen Gaghan, USA 2005
Der globale
Energiemarkt wird immer knapper und in gar nicht so ferner Zeit wird auch das Öl
knapp; China benötigt immer mehr Rohstoffe und Energie. Das rückständige und
korrupte Regime Saudi-Arabiens sichert derzeit den USA eine günstige
Ölversorgung.
Der Film, der auf dem Buch von Robert Baer “Der Niedergang der CIA”
basiert geht nun davon aus, dass ein in Beirut agierender Prinz Nasir
fortschrittlich denkt und die enge Bande des Scheichtums mit den USA, in dem die
Frauen noch immer keine Rechte haben, hinterfrägt; mehr noch, als ihm die
Chinesen etwas mehr für eine Ölquelle bieten, verkauft er sie diesen. Dies ist
für den CIA Grund genug, den Prinzen ermorden zu lassen und special agent Barnes
(George Clooney), der zuvor in Ungnade gefallen ist, weil er bei einem
Waffendeal eine Rakete in Ägypten verloren hat, soll diesen Auftrag als letzten
vollstrecken.
Gezeigt werden die Machenschaften der Ölmultis im Kampf um neue Quellen, deren
Unterstützung durch die US-Justiz und den CIA, aber auch die Folgen in den
betroffenen Ländern. Die arbeitslos gewordenen Gastarbeiter aus den arabischen
Ländern werden so zu militanten Gegnern, manche sogar zu Selbstmordattentätern.
Dabei gerät Barnes einmal in Gefangenschaft und wird gefoltert; Barnes kann
nicht mehr verhindern, dass jene Rakete eingesetzt wird ...
Der Streifen ist gut recherchiert und rasant geschnitten, wegen seiner
Kompliziertheit jedoch nur mittelmässig spannend.Es ist allerdings schon
erstaunlich, dass gerade derzeit Hollywood einen derart selbstkritischen Film
gross auf den Markt wirft.
*** gut recherchierte (bzw. Gut nachkonstruierte)
Geschichte um die “Verteidgung” der US-Interessen im Golf
Der ewige Gärtner / The Constant Gardener
Fernando Mereilles, GB, Kenya, Deutschland 2005
Der brasilianische Regisseur Mereilles ("Cidade da Deus/City of God") drehte
einen komplex verschachtelten, mit Vor- und Rückblenden gespickten Film über die
Pharma-Mafia. Bereits in den 60er Jahren führte der Wirkstoff Thaliamid, bei uns
bekannt als Contergan, bei schwangeren Frauen zu schweren Missbildungen der
Leibesfrucht und zu einem großen Skandal.
Doch auch heute noch scheuen Pharmafirmen groß angelegte, teure und langwierige
Laborversuche und betreiben Entwicklungsländern unter dem Vorwand
eigennütziger Hilfe geheime Feldversuche.
Einen solchen deckt die resolute Tessa auf; als sie in einem schwarzen Spital in
Kenya ihr Kind zur Welt bringen will, erlebt sie wie eine schwarze Mutter stirbt und
ihr Leichnam und ihre Akten verschwinden.
Ihr Ehemann Justine ist englischer Diplomat, zurückhaltend und pflegt mit Liebe
den Garten, während Tessa
sehr direkt Probleme anspricht, dafür aber den Garten verwildern liesse. Als sie
auf ihre undiplomatische Art einen Skandal Feldversuche mit tödlichen Folgen für
ein neues TBC-Medikament in Kenya aufdecken will, wird sie und ein
schwarzer Kollege misshandelt und ermordet. Als Justine diesen Mord aufdecken
will, wird er nach England zurück beordert, beurlaubt und ihm der Diplomatenpass
abgenommen. Nun wird auch er gewarnt.
Selbst der Entdecker jenes umstrittenen Medikamentes tut nun "Busse" in Sudan
und hilft den Ärmsten im Kriegsgebiet; Justine sucht ihn auf und erfährt
Erstaunliches...
Leider hängt sich der Film zu sehr an die Liebesgeschichte von Tessa und Justine
und der Frage, wie oft sie ihm untreu war. Leider kann man bald erahnen, wie der
Film ausgehen wird, nämlich ohne Happy-End. So werden eigentlich nicht sehr viel
neue Details über die Machenschaften der Pharmakonzerne und ihre Deckung durch
die Geheimdienste aufgedeckt.
Die dokumentarischen Bilder aus Afrika sind nachträglich ent-schönt und
verfremdet worden, eine oft wacklige Handkamera versucht Nähe und Betroffenheit
zu suggerieren.
*** auch wenn ihn andere Kritiker in den Himmel
loben: die Mischung aus Spionage-Thriller und Liebesfilm
hat mich nicht ganz überzeugt, mehr Fakten aus der Pharma Szene und weniger
Rückblicke auf das Liebesleben des völlig gegensätzlichen Paares wäre mir lieber
gewesen. (***=sehenswert)
Workingman´s Death
Michael Glawogger, A/D 2005
Der Dokumentarfilm ist in 5 Kapitel und einen Epilog
gegliedert und zeigt einerseits wirklich harte Arbeit, andererseits dass es
selbst dabei noch Momente des Zufriedensein geben kann.
”Helden“: Es beginnt in der Ukraine, in einer aufgelassenen Kohlengrube
schürfen die Arbeiter „illegal“ nach Braunkohle, dabei ist der Stollen so
niedrig, dass sie dies nur in liegender Stellung machen können. Ihre Frauen sind
draußen, zerkleinern die groben Steine und füllen sie in Säcke ab. (Kommentar
der Ehefrau: bist du müde? - ja ich bin hundskaputt und möchte mich hinlegen
- dabei hast du eh den ganzen Tag gelegen!), dennoch das Pärchen ist seit 20
Jahren glücklich verheiratet. Mit einer Hochzeit vor einem Denkmal eines
einstigen Helden der Arbeit endet dieses Bild.
“Geister“: In Indonesien holen Arbeiter aus einem lebenden Vulkan Schwefel, der
noch flüssige Schwefel wird in Röhren abgeleitet und etwas abgekühlt, abgekratzt
und in Körben zwischen 70 und 115 kg pro Mann (!) einen steilen, steinigen Weg
zuerst bis zum Kraterrand hinauf, dann hinunter transportiert. Schwefelige
Nebelschwaden überall, ein falscher Tritt und man landet in der Lava. Auf dem
Weg erzählen sich die Männer, wie die Frauen im Bordell so sind, oder verkaufen
einige bizarre Formen an Touristinnen, die sie abfotografieren.
“Löwen“: auf einem Schlachthof in Nigeria muss es grauenhaft stinken. Auf dem
ungereinigten Boden werden die Tiere gefesselt, dann wird ihnen die Kehle
durchschnitten, das Blut spritzt heraus. Manche Tiere, etwa Schafe, werden
geröstet, wobei sie in Erdlöcher mit brennenden Autoreifen gehalten werden,
danach werden sie abgewaschen und die Ware verkauft bzw. der Lohn für das
Schlachten kassiert.
“Brüder“: riesige Frachtschiffe werden in Pakistan mit Schweißbrenner und Ketten
zerlegt, wegen der herab fallenden Teile eine gefährliche Arbeit, doch es bleibt
Zeit zum Gebet nach Mekka.
“Zukunft“: immer besser (im Vergleich zu früher) geht es den Stahlkochern in den
chinesischen Stahlwerken, die Arbeit am Hochofen war ja immer schon spektakulär
hart. Doch inzwischen braucht man nicht nur Kraft, man soll auch mitdenken.
Epilog zu Schluss: aus so einem Stahlkoloss wurde in Duisburg ein bunt
beleuchteter Freizeitpark gemacht, wo sich Pubertierende küssen.
Der Film ist recht anspruchsvoll fotografiert und enthält sich jedes weiteren
belehrenden Kommentars, die Musik von John Zorn ist dezent unterlegt.
Es sollte dies ein Pflichtfilm für all jene besonders „Emanzipierten“ sein, die
noch immer meinen Hausarbeit etc. sei das Schlimmste, aber auch so manche
frustrierte Bürohengste werden sich nachher wieder relativ glücklich schätzen !
**** Grandioser Zusammenschnitt über die Welt der meist
noch immer (männlichen) Schwerarbeit, der dabei aber auch witzige und
menschliche Aspekte nicht ausklammert.
Kritiken des Jahres 2005
Kritiken des Jahres 2004
Kritiken des Jahres 2003