Filmkritiken des FKC 2007
wenn nicht anders angegeben ist Dr. Norbert Fink
(NF) der Autor
WG = Prof. Walter Gasperi
Urs = Dr. Urs Vokinger
Weitere
Kritiken von Walter Gasperi finden sich
auch hier. (Kultur-Online
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max: *****, ## = Schlafkissen für besonders langweilige Filme
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Sie
sind ein schöner Mann (Je vous trouve très beau)
F
2005, 97 Min, Regie: Isabelle Mergault
Der Bauer Aymé ist nicht gerade ein Gefühlsmensch. Zumindest nach außen. Als
seine Frau an einem Arbeitsunfall stirbt, hält sich seine Trauer in Grenzen,
viel mehr stört ihn, dass ihm eine billige Arbeitskraft verloren ging. Auf
Anraten seiner Erbschaftsanwältin wendet er sich an ein Heiratsinstitut, welche
nur in Rumänien noch Chancen für ihn sieht. Er täuscht einen Besuch einer
deutschen Landwirtschaftsmesse vor und geht nach Bukarest auf Brautschau, doch
die meisten jungen Frauen wollen in die Disco, statt auf dem Hofe zu arbeiten.
Doch Elena ist anders und geht mit ihm mit, verschweigt ihm aber, dass sie eine
Tochter hat. Als sie sich schön macht, beschimpft er sie als Nutte, er will
keinen Sex mit ihr, doch langsam taut er etwas auf, bleibt jedoch in der
Übermittlung seiner Gefühle sehr hölzern. Erst als sie, wieder mit viel Geld
zurückgekehrt, das sie angeblich bei einer Pferdewette gewonnen hat, bemerkt,
dass es sein Geld war und er sie offenbar trotz den rauen Sprüche mag,
wendet sich das Blatt.
Amüsanter und unterhaltsamer feel-good-Film, der sich erfreulicherweise den
Klischees "alle Männer wollen nur das eine" und "Rumäninnen sind kleinkriminelle
Zigeunerinnen" enthält und statt dessen zeigt, wie schwer sich Männer im Äußern
der Gefühle tun können.
*** nette kleine
Kulturaustausch - Komödie zwischen Frankreich und Rumänien.
Sterben für Anfänger (Death at a funeral)
USA/GB/D 2007, Regie: Frank Oz, 91 Min
Vielmehr als reinen Klamauk ohne Tiefgang konnte ich in dem dümmlichen Plot
nicht erkennen: Bei einem Begräbnis wird zuerst eine falsche Leiche geliefert,
ein Sohn des Verstorbenen, ein bekannter Schriftsteller kommt erster Klasse
angeflogen, will sich aber nicht an den Kosten beteiligen, dann kommt eine
halluzinogene Droge in einem Valium-Fläschchen in Umlauf und ein Gast klettert
nackt auf das Dach, zu guter letzt taucht ein zwergwüchsiger Mann auf, der
behauptet der homosex. Freund des Verstorbenen gewesen zu sein und der die
illustre Runde mit Fotos darüber informieren will, wenn man ihm nicht ein
saftiges Schweigegeld bezahle. Also wird auch dieser mit der Droge abgefüllt,
fällt ins Koma und wird im Sarg auf dem Toten versteckt ...
Möglicherweise hat auch die deutsche Synchronisation diesem Werk den letzten
Reiz genommen...
# entbehrlicher Klamauk
Ein
fliehendes Pferd
Deutschland 2007 -
Regie: Rainer Kaufmann, mit Ulrich Noethen, Katja Riemann u.a., 97 Min
Verfilmung des Romans von Martin Walser, gedreht am Bodensee!
Die Geschichte ist im Prinzip einfach: zwei Pärchen treffen sich und beide
Männer begehren des anderen Weib, die Frauen wiederum sind dem Werben nicht ganz
abgeneigt.
Helmut, ein Geschichte/Deutsch-Professor aus München hat am deutschen
Bodenseeufer ein Ferienhaus und verbringt dort mit seiner Gattin Sabine wie so
oft den Urlaub, er sollte geruhsam sein und Zeit zum Lesen haben. Doch dann
taucht beim Baden der alte Studienkollege Klaus, ein angeberischer, aber stets
aktiver Playboy in Begleitung der blutjungen Hel auf. Helmut ist über die
Begegnung genervt, doch lässt Klaus nicht locker. Immerhin gefällt ihm dessen
Begleiterin und auch seiner Frau scheint etwas Abwechslung gut zu tun. Es kommt
allerdings immer wieder zu Konflikten, denn Helmut will nicht an seine
Jugendzeit erinnert werden bzw. findet die Geschichten erlogen. Als beide beim
Partner des anderen schon nahe dran sind, kommt es während eines Sturmes mit dem
Segelboot auf dem Bodensee zur Tragödie.
*** Witzige und
unterhaltsame Verfilmung, gut gespielt und in unserer Nähe gefilmt.
Shoppen
Ralf Westhoff, D 2006, 95 Min
Neun weibliche und neun männliche Singles treffen sich zum "powerdating": sie
haben je 5 Min. Zeit sich gegenseitig Fragen zu stellen und danach zu
entscheiden, wem man die Telefonnummer gibt bzw. von wem man sie möchte. Rasant
geschnitten, weiß der Film um die Gefahr der "schwätzenden Köpfe" bei solch
dialoglastigen Themen und zeigt deshalb einige Vorgeschichten und natürlich auch
wie es nachher weiterging. So arbeitete ein "Controller" einen Fragebogen aus,
der die Frauen extrem nervte, ein anderer beschimpfte jede Autobesitzerin als
Umweltsünderin, einer ist einfach ein schmeichelnder Aufreißer, eine eine
extreme Veganerin, eine Jogalehrerin, kurzum sie alle sind "schwervermittelbar",
sexsüchtig und bindungsscheu, haben extreme Marotten, sind schlagfertig und sehr
originell. Wie im normalen Leben, finden sie sich manchmal, zerstreiten sich
gleich wieder. Die dahinter liegende Einstellung, wie beim Shopping einfach
schnell mal eine menschliche Beziehung zu konsumieren, wird äußerst witzig
entlarvt.
*** realistisch und witzig nimmt der
Debutfilm
die moderne "Kommunikationsstruktur" zwischen den
Geschlechtern auf die Schippe. Der Filmemacher hat diesen Debütfilm zusammen mit
einem anderen kleinen Produzenten selbst produziert. X-Film hat den Film für
Deutschland gekauft. (In Österreich im Verleih der Polyfilm)
Nach
der Hochzeit
Susanne Blier, DK/S 2006, 125 Min.
Jacob, einst kiffender Aussteiger, den es nach Indien verschlagen, leitet nun
ein Waisenhaus in Indien.
Bei Jorgen, einem reichen Gönner in seinem Heimatland, bittet er um eine
Unterstützung für sein Projekt. Aus den Slums von Kalcutta taucht er in die Welt
der Luxushotels und Superreichen, Jorgen lädt ihn zur Hochzeit seiner Tochter
Anne ein. Dort trifft Jacob auf seine ehemalige Freundin Helene - und erfährt
dass er der Vater von Anne ist.
Nun kommt es zu einer wahnsinnigen Achterbahn der Gefühle und Blier stopft in
den Film an Emotionen hinein, was nur möglich ist. Statt 1 Million $ will Jorgen
ihm gleich 12 Millionen geben, die Stiftung sollen Anne und er verwalten, doch
daran sind einige harte Bedingungen geknüpft, die Jacob nicht akzeptieren will,
bis er erfährt, das Jorgen nicht mehr lange leben wird...
***1/2 Trotz der Länge wird der Film nie
langweilig, der Culture-Clash zwischen Jacob und Jorgen ist nachvollziehbar
dargestellt; Susanne Blier verlässt dabei die Dogma-Regeln, nur der intensive
Einsatz von Handkameras erinnert noch etwas daran.
2 Tage Paris
Julie Delpi, D, F 2007, 96 min
Die Idee
ist an sich reizvoll: Marion, eine Französin, die in NY lebt und Jack, ein Ami
lassen in Paris ihre unterschiedlichen Kulturen aufeinander prallen. Obwohl sie
aus Venedig anreisen und bald weiterfliegen, sind sie eigentlich keine
Touristen, da Marion im Haus ihrer Eltern eine Wohnung hat. Jack ist hysterisch,
wenn im Bad die Wand etwas schimmelt und vor allem über die vielen Liebhaber vor
ihm entsetzt, dass sich aber die ganze moderne Kunst nur um Sex handelt, hätte
er trotz Freud nicht gedacht.
Ganz Paris scheint sich gegen ihn verschworen zu haben und er ist rasend vor
Eifersucht. Da schickt er schon mal seine Landsleute, um schneller an ein Taxi
zu kommen in die Irre (weil sie Bush gewählt haben…)
Es wird
pausenlos und schnell geredet, manches ist durchaus witzig, bleibt aber banal
und auf der Beziehungsebene der beiden Stadtneurotiker. Schade, dass die
(hoffentlich noch) real existierenden Unterschiede zwischen den
Hamburger-verzehrenden Amis und den Gourmets a lá Francaise nicht mehr
herausgearbeitet wurden und der Film sich eigentlich über die „unmoralischen“
Europäer lustig macht statt über die hysterischen Yankees, die überall Gefahr
wittern.
* viel zu geschwätzig
Dunkelblaufastschwarz - Azul oscuro, casi negro
E 2006, Cinemascope, 105 Min; Daniel Sánchez
Arévalo
Das Filmplakat wirbt mit dem Vergleich mit Almódovar. Die Figuren sind aber
weniger schrill und die Farben weniger knallig.
Es beginnt im Knast, um mit dem anderen Geschlecht in Kontakt zu kommen, melden
sich die wegen Drogen Schmuggel verurteilte Frau und ein Mann zu einem
Theaterworkshop. Eigentlich will sie nur schwanger werden, um in die viel
bequemere Mutter-Kind Abteilung verlegt zu werden .
Da es aber trotz viel Sex nicht klappt, bittet der Knacki seinen Bruder Jorge um
Hilfe, er soll sie schwängern. Dies gelingt zwar, doch bildet sich daraus
entgegen der ursprünglichen Vereinbarung doch eine tragfeste Beziehung mit Jorge
an.
Jorge
hat zuhause einen dementen Vater zu pflegen, für seinen Zustand fühlt er sich
irgendwie verantwortlich, denn als er ihn in seinen Streben nach Unabhängigkeit
anschrie, hatte er seinen Schlaganfall. Er versucht nach oben zu kommen, doch
trotz erfolgreichem Abendstudium und Nadelstreif gelingt ihm dies nie, er
verdingt sich als Hauswart auf der Stelle seines Vaters. Mit einem Nachbarjungen
fotografieren sie einen schwulen Masseur und erpressen die Kunden, sogar den
eigenen Vater. Jorge ist sich auch nicht ganz im Klaren, ob er schwul ist oder
nicht, und falls nicht, in welche Frau er verliebt ist.
Nur die latente Homosexualität ist eine Parallele zu Almódovar .
Die Handlung an sich ist OK, die Figuren bleiben aber sehr blass, dafür halten
mehrere Sexszenen das Publikum bei Laune.
** Knast- Beziehungs- Tragikomödie
Der letzte König von
Schottland – In den Fängen der Macht
USA, GB 2006,
Regie: Kevin MacDonald
Der schottische Jung-Mediziner Nicholas Garrigan beschließt im Jahr 1971 nach dem Examen seinem restriktiven Elternhaus zu entkommen und will in das erste Land, auf das er blind auf seinem Globus zielt, reisen. Er kommt daraufhin nach Uganda, wo er zunächst versucht, als Arzt der Landbevölkerung zu helfen. Als er zufällig Idi Amin Dada bei einem Verkehrsunfall hilft, wird er daraufhin von ihm zu seinem Leibarzt ernannt. Am Anfang begeistert von der charismatischen Persönlichkeit Amins wird er zu einem seiner engsten Vertrauten. Durch „kleine Geschenke“ wie Sportwagen und schöne Frauen wird er bei Laune gehalten und Teil der herrschenden Clique um Amin, die ihre Macht in exzessiven Partys und einem unglaublichen Luxus feiert und verliert dabei immer mehr den Kontakt zur Realität in Uganda. So verteidigt er Amin zunächst vehement gegen Vorwürfe ausländischer Kritiker.
Erst als er sich selber nicht nur am Tode des
Gesundheitsministers schuldig fühlt und in arge Schwierigkeiten gerät, weil er
eine von Amin´s Frauen schwängerte, und diese beim Versuch einer Abtreibung
verstümmelt wird, sieht er die Lage realistisch und will zurück, doch sein
britischer Pass wurde ihm genommen; nur wenn er Amin ermorde, werde ihm die
britische Botschaft helfen. Der plumpe Vergiftungsversuch schlägt fehl und nun
er wird selbst gefoltert, doch im Zuge der Flugzeugentführung von Entebbe
gelingt ihm die Flucht.
Der rasant gedrehte und mit mitreißender afrikanischer Musik untermalte Film
bestätigt in erster Linie die Vorurteile von uns Weissen gegen die schwarzen
Diktatoren und lässt dabei kein Klischee aus. Dabei wird allerdings außer Acht
gelassen, dass Idi Amin auch aus muslemischer Eifererei handelte und das nur zu
15% islamische Land islamisieren wollte. Allerdings wird im Film auch
angedeutet, dass der Westen anfangs Idi Amins Putsch gegen den „Linken“ Milton
Obote durchaus unterstützte.
Lt. Abspann wurden 300.000 Menschen (lt. Wikipedia 100-400.000) unter der
Gewaltherrschaft von Amin ermordet.
das
war der echte Idi Amin….
** 1/2 der spannend gemachte Film gibt wenig Auskunft über die psychologischen Hintergründe der Persönlichkeit Idi Amins und spart auch wichtige Aspekte wie koloniale Vorgeschichte, Religion, Beziehung zum Westen und zur Sowjetunion aus, so dass letztlich nur ein Abenteuerfilm um das Monster Idi Amin übrig bleibt.
Die Fälscher
Stefan Ruzowitzky, A 2006, 98 Min, 35mm , dolby digital
Josef Aichholzer produzierte diesen großen Film mit Karl Markovics an Hand wahrer Begebenheiten. Die Nazis installierten im KZ Sachsenhausen eine Fälscherwerkstatt, um im großen Stil englische Pfund und amerikanische Dollars zu fälschen. Salomon Sorowitsch ist in Berlin der Fälscherkönig, das Geld, das er für seinen luxuriösen Lebensstil benötigt, druckt er selbst, oder er verdient am Fälschen von Visas und Pässen.
Eines Tages wird er von einem Kriminalbeamten verhaftet, der später im KZ diese
Fälscherwerkstatt leiten soll. Einige Häftlinge, Druck- und Grafikexperten,
bekommen eine „luxuriöse“ Abteilung im KZ, dürfen sogar Tischtennis spielen und
bunte Abende veranstalten, bekommen ausreichend zu essen und dürfen in guten
Betten schlafen. Doch sie müssen Geld fälschen. Dank Sorowitsch wird das
englische Pfund so gut gefälscht, dass weder die Schweizer Banken, noch die Bank
of England die Blüten identifizieren können. Doch als es um den Dollar geht,
regt sich der Widerstand. Der Kommunist Burger will das Projekt sabotieren, doch
der Rest der Truppe will überleben. Nur dank der Verzögerung am Dollar-Projekt
sind vielleicht die Nazis nicht zu dem Geld gekommen, das sie für kriegswichtige
Waffenkäufe gebraucht hätten. Doch gerade diese Szenen des Widerstands, schrill
und laut dargestellt, sind wenig glaubwürdig: so werden Toiletten zerschlagen,
Betten umgekippt und wild unter den privilegierten Häftlingen geprügelt.
Aichholzer gab in der Diskussion zu, dass dies die „einzige Verdichtung“
gegenüber dem Buch „des Teufels Werkstatt“ von Adolf Burger sei. Der Film
wählte also nicht den Kommunisten Burger, sondern den Kriminellen Sorowitsch zum
Hauptprotagonisten. Nach dem Krieg verspielt Sorowitsch die auf die Seite
geschaffte Blüten im mondänen Spielcasino von Monte Carlo. Als ihm eine Frau am
Strand daraufhin ansprach viel Geld verloren zu haben, meinte er lakonisch, dann
machen wir eben Neues.
*** gut gemachter, aber manchmal zu hektisch
und actionreicher Film über einen jüdischen Geldfälscher, der im KZ
Sachsenhausen in großem Stil eine Gelddruckerei leiten soll. Gerade die Szenen
des Widerstands sind in ihrer Verdichtung übertrieben und in dieser Form wenig
glaubhaft.
(erhielt den Drehbuchpreis 2007 der Diagonale)
Mein Führer
Dany Levy, D 2007
Die Frage, ob man in Form einer Komödie die Gräuel des Nationalsozialismus
behandeln darf, ist längst schon müßig: sowohl Lubitsch (Sein oder Nichtsein),
als auch Chaplin (der große Diktator) und jüngst natürlich Begnini in „La Vita é
Bella“ haben brillant bewiesen, dass Spott und Satire eine scharfe Waffe sein
können und genauso berechtigt sind wie wissenschaftlich fundierte
Dokumentationen. Dennoch haben manche Schreiberlinge im deutschsprachigen
Blätterwald diese längst beantwortete Frage auf Grund dieses neuen Films neu
gestellt.
Ich dachte mir, kann ein von arte
produzierter Film, der in allen österr. Programmkinos läuft, denn wirklich so
schlecht sein, wie ihn manche machten ? Und siehe da, ich war positiv
überrascht:
Der Film ist durchgehend spannend, weil immer jemand Hitler umbringen will –
zuerst der jüdische Schauspieler Grünbaum, der als „Coach“ für die Neujahrsrede
1945 unersetzlich ist und deshalb aus dem KZ geholt wird, dann dessen Frau, die
es selber machen will als sich der Führer zu den Grünbaum´s ins Bett gesellt,
und dann seine Elite, die sich um ihn schart und jedes Wort abhört. Am Schluss
plant Goebbels ein Attentat auf den Führer, will es aber natürlich perfiderweise
Grünbaum in die Schuhe schieben.
Überraschend gut ist dabei der
Bildaufbau gelungen, der Witz des Filmes liegt weniger im Wort, denn im Bild:
die Bilder aus seinem Hauptquartier wirken einerseits architektonisch und
stilistisch glaubhaft, dann aber doch wieder witzig überzogen: der Globus als
Apotheke des ständig kränkelnden Führers, sein mit Wappen und Hakenkreuz
überzogenes Riesenbett, aus dem er im Nachthemd heraus kriecht, seine Badewanne,
in der er mit einem kleinen Kriegsschiff spielen kann und natürlich die
aufgebauten Kulissen, um den Wochenschau-Zusehern den Anblick des zerbombten
Berlin zu ersparen.
Letztlich endet der Film in einem Zitat Chaplins, der ja in der Schlussrede des
„großen Diktators“ Hinkel plötzlich eine rührende humanistische Rede halten
lässt – Levy lässt seinen an Heiserkeit erkrankten Führer durch Grünbaum doublen,
um nach scharfen Worten im Sinne Goebbels plötzlich mit der Wahrheit
herauszurücken.
*** Auch wenn Helge Schneider manchmal zu sehr übertreibt: durchaus unterhaltsame Komödie mit gelungen Bildern und Musikpassagen, die vor allem psychologische Aspekte – die Kindheit Hitlers – und das Misstrauen unter seinem Führungsstab hervorhebt.
Dunia
Ägypten 2005; Regie und Buch: Jocelyne Saab; 112min;
arabische OmU.
Die schöne Dunia meldet sich in Kairo zu einem Tanzwettbewerb an, sie möchte wie ihre verstorbene Mutter eine berühmte Bauchtänzerin werden. Sie studiert an der Uni arabische Literatur und möchte hier die Sinnlichkeit erforschen, wie sie in „Geschichten aus 1001 Nacht“ und im Sufismus Tradition haben. Ihr Thema für die Doktorarbeit ist „Liebe in der arabischen Literatur“. Doch Fundamentalisten verlangen die Schließung jenes Verlages, welcher dieses „schmutzige und gottlose“ Buch noch heute herausgibt. Ihr Professor, der Schriftsteller Beshir, verteidigt öffentlich die Pressefreiheit, wird überfallen und verliert dabei das Augenlicht.
Doch Dunia kann sich der Sinnlichkeit und Erotik, der Suche nach der Liebe, nur im Kopfe widmen, unten bleibt sie kalt, weil sie als Kind beschnitten wurde. Selbst als sie heiratet, spielt sie zwar mit ihrem Gatten, lässt ihn aber selbst in der Hochzeitnacht „im eigenen Safte schmoren“ und verweigert sich im sexuell weiterhin.
Das sehr ernste Thema der weiblichen
Genitalverstümmelung, in Afrika ein weit verbreitetes Problem, wird leider
dramaturgisch von der aus dem Libanon stammenden Regisseurin völlig unzureichend
angegangen. So erschöpft sich der Film in permanenter Tanzdarstellung Dunias,
ohne dass der Zuschauer eine Entwicklung erkennen kann, weder im Tanze noch in
der Beziehung zu ihrem Freund und späteren Mann. Auch Beshir, der nach dem
Überfall eine Blindenschulung über sich ergehen lassen muss, weist keine Narben
im Gesicht auf. Auch erfährt man keine zusammenhängenden Zitate aus den
berühmten „Geschichten aus 1001 Nacht“, auch hier geht der Film nicht in die
Tiefe.
Einzige spannende und berührende Szene bleibt die Beschneidung eines jungen
Nachbarmädchens, die sie nicht verhindern kann. Selbst die Bauchtanz-Musik
erschien mir zu techno-artig, um diesem an sich klassischen Thema zu
entsprechen; letztlich war auch die Kamera und Farbgestaltung mangelhaft,
ausgefressene weiße Stellen und flauer Kontrast und Farbtiefe wirkten
dilletantisch. Insgesamt ein enttäuschender neuer trigon-Film im Verleih des
kleinen cinematograph Filmverleihes.
Der Film sollte ursprünglich der ägyptischen Zensur zum Opfer fallen. Doch dank
internationalen Protesten gab Präsident Hosni Mubarak persönlich den Film frei.
Das Werk löste bei seiner Premiere am internationalen Filmfestival Kairo heftige
Kontroversen aus.
* Was offenbar auf dem islamischen Markt gewagt
sein mag, wirkt für aufgeklärte westliche Zuseher fast infantil und bekräftigt
eher Vorurteile, als sie zu entkräften.
Babel
USA/Mex 2006. Alejandro Gonzáles Iñarritu ("Amores
perros") neuester Film "Babel" ist ein Lehrstück für Bildsprache und genialen
Schnitt. 3 Geschichten aus Marokko, Tokio und Mexiko laufen scheinbar parallel,
erst allmählich fließen sie ineinander und zeigen die Verknüpfung eines
Ereignisses in einer globalen Welt. Man könnte natürlich auch "Chaostheorie"
sagen, wonach ein Schuss in der Wüste eine Katastrophe an der
amerikanisch-mexikanischen Schandmauer auslöst und Auswirkungen auf Japan hat.
Trotz seiner 140 Min, ist er durchgehend spannend.
Zwei arabische Buben und Schafhüter bekommen vom Vater ein Gewehr (das von einem
japanischen Jäger stammt), um Schakale zu schießen, das Gewehr soll angeblich 3
km weit treffen. Um dies auszuprobieren, zielen sie auf Autos und treffen
tatsächlich einen Bus. In dem Bus sitzen amerikanische Touristen und eine Frau
wird von dieser Kugel lebensgefährlich verletzt, ihre beiden Kinder sind in den
USA und werden von einer illegal arbeitenden Mexikanerin behütet, diese reist
jedoch gegen den Willen der verreisten Eltern mit den Kindern über die Grenze
nach Mexiko, um an der Hochzeit ihres Sohnes teilzunehmen. Bei der Rückkehr in
die USA - der Fahrer des Wagens ist nach der Hochzeitsfeier schon betrunken -
kommt es zu beinahe zu einer Katastrophe und sie wird verhaftet und abgeschoben,
die Kinder halb verdurstet in der Wüste gefunden.
In Japan dreht sich die Szenerie um eine pubertierende Gehörlose, die sich
schwer tut einen Freund zu finden und immer offener versucht, Männer zu
verführen. Der Ton ist weg, wenn die subjektive Kamera die Welt aus ihrem Blick
sieht. Die Polizei untersucht, ob ihr Vater tatsächlich diese Waffe in Marokko
verschenkt oder verkauft hat, aus der Geschichte ist eine weltweite Affäre
geworden, die USA verdächtigen islamische Terrorosten, die marokkanische Polizei
geht entsprechend brutal vor und das Opfer muss wegen der politischen
Verstrickungen sehr lange auf effiziente Hilfe warten.
Die Behörden der USA kommen in diesem Film
relativ schlecht weg, für einen amerikanischen Film hat er kein richtiges
Happyend (kommen doch auch Kinder um, für europäische Betrachter hingegen schon
(das amerikanische Opfer überlebt). ****
Fredi M. Murer, CH 2005, 120 Min
Vitus ist ein Wunderknabe,der mit vier schon Klavierkonzerte spielt und mit 12 eigentlich zur Matura antreten könnte, die Lehrer nervt er, weil er besser rechnen kann als sie. Sein Vater ist Geschäftsführer eines Hörgerätekonzerns, seine Mutter will ihn ganz besonders fördern und übertreibt es dabei gewaltig. Nur sein Großvater lässt ihn ein normaler Bub sein. Da er gerne Pilot geworden wäre, will er Vitus für die Fliegerei begeistern und bastelt mit ihm ein Fluggerät. Eines Nachts, bei Blitz und Donner, stürzt Vitus sich wie Ikarus vom Balkon und landet bewusstlos auf der Straße. Im Spital erklärt man den geschockten Eltern, ihr Vitus sei ganz normal. Was - nur normal ? Jedenfalls scheint er alle Überbegabungen vergessen zu haben, kann wieder in die normale Schule und verliert sogar im Schach gegen den Opa. Doch insgeheim spekuliert er mit Aktien, mietet sich eine teure Wohnung an und übt fortan in dieser Wohnung insgeheim Klavier, ohne von der Mutter Vorschriften und Lehrer vorgesetzt zu bekommen. Er erlöst Opa aus der Armut, sodass er sich einen echten Flugsimulator kaufen kann. Letzlich rettet er auf logische Weise auch noch Papa, als dessen Firma´s Aktien bergab gehen. Aber von der Mutter lässt er sich nicht mehr bevormunden!
Ein grandioser Bruno Ganz als Grossvater und herrliche klassische Musik lassen keine Minute Langeweile aufkommen. Einzig die „norddeutsche“ Synchronisation störte gewaltig. Manchmal ist die Handlung zwar etwas märchenhaft konstruiert, trotzdem ist der Film absolut sehenswert *** (es müsste aber eine schwyzerdütsche OF auch geben!)
P.S:
Fredi M.
Murer ist bei uns durch "Höhenfeuer" bekannt geworden.
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