Soy Cuba | Mikhail Kalatozov | CU/UdSSR 64 |
Kuba 1964. Vom Regisseur "wenn die Kraniche ziehen". Klassiker des politischen Films. Erste Szene: Flug über Kuba. Die Zuckerfelder und Palmen erscheinen weiß, das Wasser schwarz und der Himmel dunkel. Aufnahmen aus der Vogel- und Frosch-Perspektive. Der 140 minütige Film wird nie langweilig, außerdem wird sehr wenig gesprochen. Montage und Filmsprache, die klassischen Mitteln der sowjetischen Filmkunst dominieren, dazu eine äußerst kreative Kamera.
Kuba, schon von Kolumbus entdeckt und als schönste Insel bezeichnet, spricht zu den Zuschauern, erzählt von seinem Zucker, seinen Menschen, seiner Geschichte.
Havanna vor 1959. Schon eine moderne Großstadt, Wolkenkratzer,
Hotels mit Swimmingpool und Klimaanlagen, schöne Frauen: Mißwahl,
Modenschau. Drei Yankees in einer Bar. Zwei Draufgänger und ein Schüchterner,
der liebe Limonade als Rum trinkt. Während zwei sich die hübschesten
Chicas auslosen, nimmt der Dritte nur einmal eine Prostituierte. Er möchte
nicht in sein Luxushotel fahren, sondern zu ihr, um zusehen, wie sie lebt.
Sie landen beim Aussteigen aus dem Taxi in einer Pfütze und gehen
durch ein Slum. Am Morgen – ein Spießrutenlauf durch hungernde, bettelnde
Kinder und verelendete Menschen.
Ein alter Cortador (Zuckerrohrschneider) und seine Familie schneiden
das Caña, den Zucker. Hoch zu Roß kommt sein Boß, teilt
ihm mit, er könne eine kleine Pause einlegen, er habe alles an die
United Fruit Company verkauft, auch sein Haus. Er schickt seine Kinder
mit dem letzten Geld ins Dorf, wo sie damit Cola trinken und die Musikbox
füttern. Mittlerweile zündet er die Felder und seine Hütte
an.
Junge Rebellen setzen die Leinwand eines Autokinos in Brand. Die Wochenschau berichtete vom Empfang des Diktators Battista in den USA; die USA werde aus Solidarität mit Kuba die Truppenpräsenz erhöhen.
Besoffene US-Marines in Havanna grölen "USA-the most glorious country in the world" und belästigen eine junge Frau. Ein junger Kubaner kommt ihr selbstlos zur Hilfe.
Studenten, darunter jener edle Jüngling, dementieren die Falschmeldung,
Fidel Castro sei gefallen. Polizisten erschießen Studenten die anderslautende
Flugblätter drucken und verbreiten.
Teile einer Studentenbewegung erwägen die Ermordung des gehaßten
Diktators, "doch das System wird ihn durch genau denselben Typ ersetzen!".
Ein Student klettert mit dem Zielferrohr auf ein hohes Hotel und hat den
Dikator im Visir. Er küßt seine Kinder und ißt Spiegeleier
– da kann der junge Revolutionär nicht abdrücken. Er besinnt
sich der Parole, nicht Menschen zu ermorden, sondern das System zu ändern.
Rebellen des M26 in der Sierra Maestra. Eine versprengter hungriger
Barbudo kommt zu einem armen Bauen, der ihm etwas Gemüse zu essen
gibt. Er lehnt ihn aber ab, weil er ein Gewehr hat, er wolle nur in Frieden
leben. Er weist ihn wieder weg, seine Frau steckt ihm noch insgeheim einige
Bananen zu, war sie doch beeindruckt, daß er Schulbildung für
alle und eine medizinische Grundversorgung versprach. Und die Kinder sollten
Schuhe bekommen.
Kurz danach greifen Bomber die Rebellen an und zerstören auch
das Anwesen des Bauern, sie können sich hinter einem Wasserfall in
einer Höhle retten.
Auch der einfache Bauer hat nun begriffen, um was es geht und daß
die Barbudos um Fidel und Ché um eine gerechte Sache kämpfen.
Er schließt sich den Rebellen an und sagt zu jenem, den er verköstigte,
"jetzt brauche ich ein Gewehr!" – "das mußt Du Dir erst im Kampf
verdienen!" ist die Antwort.
Sie stoßen auf RADIO REBELDE, dem Geheimsender der Revolutionäre
in der Sierra Maestra im Osten Kubas, der die Ziele der Revolution erläutert:
volle Unabhängigkeit von den USA und Souverinät des Landes.
¡Libertad o muerte!.
Der Rest ist Geschichte (Fidel und Ché eroberten am 1.1.1959
Havanna und Battista mußte fliehen – erst 1964 – nach der gescheiterten
Invasion von US-Exilkubanern in der Schweinebucht (Playa Girón)
bietet die UdSSR "brüderliche Hilfe" an – auch Atomraketen. Kubakrise.
Erst 1964 entscheidet sich Kuba für den sozialistischen Weg, nachdem
zuvor Fidel Castro der "orthodoxen" Partei angehörte und v.a. Ché
Guevara einen Dritten Weg zwischen den Blöcken gehen wollte.
Übrigens, der Film enthält ein einziges kommunistisches Symbol,
keine Internationale ertönt – nur die Bayonesa – die Nationalhymne
Kubas,
Die hervorragend restaurierte SW-Kopie läßt diesen filmhistorischen
Meilenstein in altem Glanz erstrahlen und die heißen Rhythmen der
damaligen Zeit. Ein wahrer Genuß – ganz ohne schwätzende Köpfe
und ohne Parolen – trotzdem werden alle Ziele der Revolution eindeutig
filmsprachlich beschrieben.
Ein Meisterwerk *****