DRM und DAB -
eine Bilanz
von Dr. Norbert Fink
Stand 26.9.18
/Revision 3.1.23
DAB+ setzt sich in Europa langsam,
aber stetig durch. In Norwegen haben die öffentlich-rechtlichen Sender des DR im
Winter 2017 die UKW-Sender abgeschaltet und senden nur noch auf DAB+. Südtirol
beginnt mit der Ausdünnung des UKW-Netzes und baut weitere DAB+-Sender. In
Deutschland wird DAB+ massiv ausgebaut, in der Schweiz beginnt man auch in
Tunnels DAB-Sender einzubauen. Österreich, wenngleich ohne den ORF, hat sich nun
auch für den DAB-Ausbau entschieden, der bis Mitte 2020 zu 84% flächendeckend
sein soll.
Frankreich beginnt mit 51 Programmen in einigen Großstädten
(Paris, Lille...).
Russland hingegen setzt auf das DRM+ Verfahren im alten
OIRT-Ost-UKW- und dem weltweiten UKW-Band. Die im Westen üblichen
DAB-Frequenzen sind dort noch vom Fernsehen belegt, außerdem sind die
Reichweiten in den niedrigeren Frequenzen höher.
In den USA setzt man auf
HD-UKW, ein Hybridverfahren, wo auf derselben Frequenzen sowohl digital als auch
analog gesendet werden kann.
Immer beliebter werden Internetradios.
Würden jedoch alle, die jetzt UKW oder DAB hören auf Internetradio umstellen,
würde das Handynetz zusammenbrechen. Deshalb denkt man über was ganz neues nach;
Der BR testet ab 1.10. für die künftige G5-Handygeneration ein neues
Verfahren. BR startet am 1.10.18
5G Broadcasting-Test mit 100 kW vom Wendelstein. Das FeMBMS-Verfahren
gilt als designierter Nachfolger für heutige digital-terrestrische
Rundfunktechnologien wie DVB-T2 und DAB+, aber auch für die heutige Form von
Internetradio und Web-TV-Streaming. Vorteil ist die von Werbeindustrie und
Contentanbietern geforderte Möglichkeit, Werbung und Inhalte personalisiert
ausstrahlen zu können. Kaum ist was Neues eingeführt, plant man schon was
Anderes.
Empfangsgeräte dafür gibt es noch keine zu kaufen. Mit dem
Testbetrieb sollen die ersten Prototypen erpobt werden.
Mittelwelle: ist weitgehend obsolet
geworden, nachdem praktisch keine deutschen Sender mehr existieren.
Die
Langwelle hielt sich in Frankreich noch mit den megastarken
Sendern RTL (aus Lux) bis zum 2.1.23; Europe1 (Saarluis). France Inter (Allouis) und RMC (Marseille)
gaben schon früher aus Energiespargründen auf.
Auch die
Kurzwelle hat an Bedeutung komplett verloren, nachdem alle
großen Nachrichtensender (BBC, DW, ORF ROI, Vatikan) eingestellt wurden.
Der
ORF sendet allerdings morgens noch etwas auf 6155, allerdings wurde er bei
Ausbruch der Ukraine-Krieges im Feb. 22 wieder auf mehreren Frequenzen
hochgeschaltet!
Moosbrunn ist einer der letzten starken KW-Sender Europas und
wird u.a. an
den DARC (Deutscher Amateur Rundfunk Club) auf 6070
vermietet. Auch im DRM-Modus kann der
Sender gemietet werden.
https://de.wikipedia.org/wiki/Sender_Moosbrunn
Nur noch
eingefleischte Fans surfen durch die AM-Bänder.
DRM, die digitale Rettung
dieser Wellen ist in Europa trotz einiger Investitionen in die Sender, die oft
kurz danach abgerissen wurden (z.B. der mächtige DW-Sender in Sines, Portugal)
gescheitert.
In Indien u.a. Regionen wird aber noch auf diesen Modus gesetzt.
In der globalisierten Welt sind also technologische Änderungen auf der
Tagesordnung.
Stand 8.1.16
Mit der
Abschaltung der
Mittelwelle per 31.12.15 in D, B, NL sind auch
einige DRM-Sender abgeschaltet worden (z.B. RTL), sodass es für DRM bei uns
düster ausschaut. Indien hingegen baut voll auf den Ausbau von DRM um hohe
Reichweiten bei guter Qualität zu bekommen.
Auch über die Abschaltung der UKW wird schon nachgedacht. Dabei
gibt es einige Stimmen, die DRM+ auf UKW möchten, statt ein Umstieg auf DAB+.
Ob Henne oder Ei schuld waren? Zuwenig brauchbare Empfänger - oder zuwenig
Sender?
DRM -
ein Flop?
Stand 2014
Nachdem viele namhaften europäische Sender die Kurzwelle
eingestellt haben, ist auch deren Ausbau auf digitale Kurzwelle als gescheitert
anzusehen.
Vor rund 10 Jahren galt DRM als große Hoffnung, von der BBC über die Deutsche
Welle bis zum ORF /ROI wollten alle mitmachen, sogar kommerzielle Sender wie Radio
Luxemburg.
Dabei wurden viele Millionen in den Senderausbau gesteckt. Schuld daran ist die
Industrie, die DRM weder bewarb noch ausreichend preisgünstige Modelle
entwickelte und anbot. Ohne entsprechende neue Radios keine Hörer! Auch der ORF-Sender
Moosbrunn wurde digital aufgerüstet, vermietet diesen aber an religiöse
Anbieter. Ö1 kann immer noch analog auf KW auf 6155 in der Zeit von 7:00 bis 8:13
österr. Zeit bis in die Karibik empfangen werden!
Stand 2009
Was ist
DRM?
DRM - Digital Radio Mondiale ist die zukunftsweisende Technologie über Lang-
Kurz- und Mittelwelle, statt im AM-Verfahren von 1921 in einer überraschend guter
Qualität digital zu senden - ohne dabei die spezifischen
Verbreitungseigenschaften dieser Wellenbereiche - z.T. weltumspannend - zu
verlieren. Sogar STEREO über Kurz-, Mittel und Langwelle ist damit theoretisch möglich!
Recherchiert man ein wenig im Internet und hört sich so um, so ergibt sich
folgendes Bild:
- nach einigen Jahren (!) des Wartens gibt es die ersten
DRM-Radios
(z.B. Morphy
Richards) zu
erschwinglichen Preisen auf dem Markt
- einige Sender haben den DRM Testbetrieb wieder eingestellt (offenbar hatten
sie mangels an Geräten nur ein Handvoll Hörer), obwohl sie hohe
Investitionskosten für die Umstellung hatten.
- andererseits setzen einige nach wie vor auf DRM, etwa RTL, die Deutsche Welle
und einige ARD-Kurzwellensender (BR)
- das Gebastel an geeigneten Antennen geht weiter. Die eingebauten Antennen sind
unzureichend, altbewährte Tipps gelten noch immer. Neu im Rennen - abgestimmte
Loop-Antennen.
- der Reiz, die hohe Entfernung des Senders erahnen zu können und gerade noch
etwas zu hören fällt weg. Stattdessen gluckert es und kommt zu unschönen
Unterbrechern, wenn der Empfang zu schwach wird.
- DRM stört eher den analogen Empfang, da DRM z.T. breitbandiger (9-10 kHz statt 4,5-5) sendet, hören analoge AM-Empfänger nur ein störendes Rauschen, wenn auf DRM gesendet wird.
- mit DRM+ wäre eine Weiterentwicklung des UKW-Rundfunks möglich, ohne den
Frequenzbereich wechseln zu müssen (wie dies bei DAB der Fall ist) .
- für den Urlaub sind die DRM-Radios noch nicht ganz geeignet. Sie brauchen viel
Strom bzw. Batterien.
Aktuell strahlt eine Vielzahl von Sendern täglich weltweit Sendungen in DRM
aus: Liste der DRM Sender
Die Entwicklung von DRM 30 (bis 30 MHz) ist weitgehend abgeschlossen und
standardisiert. Die Standardisierung von DRM+ läuft zur Zeit noch.
Die Deutsche Welle sendet in Zusammenarbeit mit der BBC ihr digitales Zusatzangebot BBC & DW fast rund um die Uhr für Europa über Sendeanlagen in Skelton (GB) und Sines (Portugal) in DRM. Zudem sendet RTL Radio von Luxemburg aus über die Mittelwelle 1.440 kHz und Kurzwelle 6.095 kHz im DRM-Modus. Seit 2. Mai 2005 wird auch der KW-Sender Ismaning des Bayerischen Rundfunks auf 6.085 kHz digital betrieben. Zahlreiche internationale Stationen testen bzw. nutzen DRM. OldieStar Radio ist der erste deutsche Privatsender, der sein Programm auch im DRM Modus ausstrahlt. Seit 2005 wird das Programm in Berlin auf der Mittelwelle 1485 kHz und seit 1. August 2006 auf 1575 kHz über die Sendeanlagen in Burg (Sachsen-Anhalt) verbreitet. Radio HCJB ist neben den üblichen Ausstrahlungen in analoger Kurzwelle und WRN auch über einen kleinen Sender (4kW) aus Pifo/Ekuador regelmäßig in DRM in Deutsch hörbar.
Seit dem 26. Mai 2008 strahlt auch Radio Bulgarien sein Inlandsprogramm in bulgarisch europaweit in DRM aus.
Insgesamt konnte DRM allerdings bislang - wohl vor allem aufgrund der mangelhaften Empfängersituation - noch keine große Marktbedeutung erlangen.
DAB / DAB+ /DMR
Stand 2014
Langsam aber sicher kommt auch in Deutschland das Digitalradio in Fahrt. Immer mehr exclusiv-Programme werden über immer mehr Senderstandorte ausgestrahlt. Bei uns sind seit Dez 2012 auch über den Sender Pfänder alle öffentlich-rechtlichen und privaten Bayrischen und SWR-Programme in DAB+ zu empfangen, die Schweizer Sender ja schon seit langem.
DAB selbst war im ersten Anlauf 1995 in Deutschland und Belgien ja ein ziemlicher Flopp. Dann kam die Umstellung von normalen DAB auf DAB+, was neue Geräte bedingte. Die 2012 gestartete neue DAB+ Offensive ist ja erfolgreicher und die Industrie liefert nun viele Geräte in allen Preisklassen. Nur im Autoradio-Bereich könnte die Auswahl besser sein, v.a. gehört DAB+ noch immer nicht zur normalen Autoradioausstattung (nur in England!).
Frankreich will bald DMR einführen, das auch die Übertragung von Standbildern (z.B. für Stauumfahrungspläne) ermöglichen soll, weitgehend aber DAB+ ähnelt.
Stand 2009
ORF stellt DAB - Testbetriebe ein
DRS startet in Graubünden DAB+
Während der ORF seine beiden - völlig im Verborgenen - durchgeführten
DAB-Testsender in Wien in Innsbruck wieder abschaltete, weil keiner das wusste,
niemand bewarb und auch die Geschäfte keine DAB Radios in Österreich anboten, versiebenfachte
sich in der Schweiz der Verkauf der DAB Radios. Einzige Verunsicherung: DAB+
Während DAB nach einem mp3-ähnlichen Komprimierungsverfahren arbeitet, das nun
auch schon in die Jahre gekommen ist, arbeitet DAB+ nach dem noch effektiveren
AAC - Verfahren. Beide Entwicklungen des Fraunhofer Instituts revolutionieren
die digitalen Audio-Medien.
Klar; wenn ARD- und ORF auf DAB dasselbe wie auf UKW anbieten und das nicht
einmal in besserer Qualität, warum soll man sich dann ein teures neues DAB Radio
anschaffen?
Die Schweizer haben dies gleich erkannt und mit Radio Swiss Classic, Radio Swiss
Jazz, Virus, Swiss Pop, Musigwälle und DRS 4 mindestens vier (z.T. sogar 6 !)
Programme MEHR als auf UKW angeboten und das in sehr guter Qualität. Darum
funktioniert dort, wie auch in England, DAB. Außerdem sieht man in Display, was
gerade gespielt wird.
Um in der Schweiz auch den privaten Lokalradios den Einstieg in die DAB Technologie zu
ermöglichen, sollte das zweite DAB-Paket, das ab heuer angeboten werden soll,
im noch besseren DAB+ Verfahren abgestrahlt werden, was allerdings nicht alle
"alten" DAB-Radios empfangen können, nur einige wenige lassen sich in der
Firmware updaten.
Zur Erinnerung: bis 6.1.1998 gab es in der Schweiz den "Schweizer
Telefonrundspruch" (Drahtfunkdienst) , der kabelgebunden über Langwelle mit 9 kHz Bandbreite
wahlweise zum Telefon zu hören war - in vielen Hotels gab es die "Biennophone"
Radios mit 6 Programmen, darunter auch Jazz und Klassik. Nachdem der Drahtfunk
dem ADSL-Internet weichen musste, gibt es diese zusätzlichen Radioprogramme nun
auf DAB und Internet in der Schweiz. Zuvor Strahlte die Schweiz sie über
ADR- Astra Digital Radio aus.
Der ORF liebäugelte einige Zeit mit DRM+ für UKW, was in begrenztem Ausmaß einen
Parallelbetrieb von analog und digital auf gleichen Bändern ermöglicht hätte.
DAB+ setzt sich aber langsam, aber sicher europaweit durch.
Konkurrenz: Webradio
Größte Konkurrenz sind die Webradios, die zu tausenden im Internet zu hören
sind - Breitband und flatrate vorausgesetzt.
Mit der immer besseren Durchdringung mit erschwinglichem Breitband-Internet,
werden die an die terrestrische Sender gebundenen neuen Digitalverfahren (es
gäbe außer DAB und DRM noch einige mehr) immer mehr durch das kostgünstige
Internetverfahren konkurrenziert.
Krisensicher - also auch in Katastrophen- und Kriegszeiten sind aber nur die
Kurzwellen! Webradio im Auto ist seit der IFA 2013 auch ein Thema,
zumindest möchten manche Firmen auch im Auto immer online sein, was zusätzliche
Kosten mit Daten-SIM-Karten verursacht und die mobilen Telefonanbieter erfreut.
Da schon DAB+ im Autoradio gerne zu Aussetzern führt, dürfte das mit dem mobilen
Internet noch viel schlimmer sein, wird aus diversen Foren berichtet.
Norbert Fink Mail an: nobi(ät)fkc.at
last update 3.1.2023