70 mm - Kino - das Königsformat des Films
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GB/USA 1970; Regie und Buch: James Clavell; nach dem Roman von J.B. Pick; Kamera: Norman Warwick, John Wilcox; Schnitt: John Bloom; Musik: John Barry; DarstellerInnen: Michael Caine (The Captain), Omar Sharif (Vogel), Florinda Bolkan (Erica), Nigel Davenport (Gruber), Per Oscarsson (Pater Sebastian), Arthur O´Connell (Hoffman), Madeleine Hinde (Inge), u.v.a.m., 125 Min+ Pause |
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Europa im Jahr 1641: Der Lehrer Vogel hat sich vor den Kriegsgreueln in ein abgelegenes Tal geflüchtet, das wie durch ein Wunder bisher vom Dreißigjährigen Krieg verschont geblieben ist, doch dringt eine Söldnertruppe ein und droht die friedliche Gemeinschaft auszuplündern. Vogel kann zwar zuerst den Söldnerhauptmann auf seine Seite ziehen und das Dorf samt Bewohnern vor der Zerstörung retten. Doch die neuen Herren lassen keinen Zweifel, wer das Sagen hat. Nichts und niemand ist mehr sicher. Die Überwinterung wird zur Zerreißprobe zwischen den Mächtigen des Dorfes und der Truppe. |
Das Leokino Innsbruck, Österreichs einziges Kino, das noch 70mm Filme aller Tonformate (6 Kanal-Magnetton und dts) spielen kann, präsentierte rund 40 Jahre nach den
Dreharbeiten im Gschnitztal in Tirol erstmals den Film in dem Format, in dem er
gedreht wurde. (TODD-AO 65 / 70mm-Kopie). Dabei war das Leokino am Donnerstag
Abend ausverkauft und am Sonntag Mittag gut besucht. Späte Ehre also.
Damals lief der Film in Deutschland und Österreich nur als 35mm Reduktionskopie.
In Düsseldorf galt er als einer der größten Flops der Filmgeschichte und wurde
bereits nach 3 Tagen abgesetzt, bzw. auf private Kosten eines Rechtsanwaltes,
dem er sehr gut gefiel in ein Vorortkino verbannt. Es gab damals für Firmen
Abschreibungsmöglichkeiten für Filmbeteiligungen und so ist aus heutiger Sicht
die Steuerabschreibung wohl das Hauptmotiv für den Film gewesen. Auch ein
Verriss der Multimedia, der katholischen Filmkritik dürfte dazu beigetragen
haben. Da keine heißen Sexszenen zu einer ablehnenden Haltung der KFK beitrugen,
konnte man sie auch nicht als Werbung ummünzen. Dennoch wurde mit berühmten
Schauspielern und teuerer Technik nicht gegeizt.
Omar Sharif, der personifizierte „Doktor Schiwago“ (1965) floppte
ebenfalls bei vielen weiteren Filmen, Michael Cane ware damals noch jung
und unbekannt, John Barry wurde berühmt durch seine Filmmusik bei James
Bond-Filmen, eine Melodie aus diesem Film setzte er später bei „der mit dem Wolf
tanzt“ nochmals ein und James Clavell, Drehbuchautor des
Horror-Klassikers „die Fliege“, berühmt vor allem durch „gesprengte Ketten“ und
„Shogun“,
führte hier Buch, Riege und Produktion. Die bei 70mm-Filmen übliche Pause
enthält die Schlussmusik der 35mm-Fassung. Auch bei der Postproduktion wurde
eigentümlich gespart, so sind Titel und Vorspann nur blow-up und deutlich
unschärfer, doch dann kommt mit den bis heute unerreicht scharfen 70mm-Bildern
doch der gewünschte Aha-Effekt. Auch dürfte er ursprünglich als 3-Stunden-Film
geplant gewesen sein, einige hektische Schnitte weisen darauf hin, dass aus viel
Material ausgewählt werden konnte.
Die letzte noch existierende 70mm Kopie wurde in England gefunden und musste
händisch übersetzt und mit einem getrennten Beamer untertitelt werden, eine
Technik, die das Leokino schon letztes Jahr bei „Lawrence of Arabia“ einsetzte.
Leider leidet sie nach 40 Jahren an Ausbleichung, ist inzwischen
Magenta-stichig, weil die Grüntone sich langsam aber sicher zersetzen.
Nun so schlecht ist der Film wirklich nicht. Er wurde 1969 in den
Ortschaften Trins und Gschnitz gedreht. Moderne Häuser wurden mit Tarnnetzen des
Bundeheeres versteckt, die Dorfbewohner stellten die Komparserie. Eine so
unberührte Natur, ein kleines Paradies, gibt es auch dort heute nicht mehr. Die
sogar eingeweihte Kirche wurde dann von der Gemeinde Trins doch nicht gekauft
und wieder abgerissen.
Der Film passte freilich nicht in die Zeit, wo Hippiekultur (Woodstock) und
Jugendrevolte („if“) in waren. Er ist ein religionskritischer Antikriegsfilm.
Es geht dabei um den 30-Jährigen Krieg, wo die Katholische Liga die
Protestantische Union bekämpfte, Seuchen und Pest die The Captain deklariert
sich als klarer Atheist, der als Söldner mit seiner Truppe kämpft, raubt,
vergewaltigt und brandschatzt. Er trifft in den idyllischen Tal auf Vogel (Omar
Sharif), einem Lehrer der hierher geflüchtet ist und gewinnt dessen Vertrauen.
Im Tal gibt es zwei Widersacher: den zynischen Ortspfarrer, der des Captains
Freundin foltern und auf dem Scheiterhaufen verbrennen lassen wird und selbst in
diesem Feuer umkommen wird sowie Gruber, der Sprecher des Dorfes, das sich gegen
jede Fremdherrschaft wehrt. Es gelingt Vogel, ein Agreement zu finden, welches
das Dorf zu verschont, wenn die Truppe dort überwintern darf, natürlich begehren
die Söldner auch Frauen, die sich z.T. freiwillig hergeben. Als es doch zu einem
feindlichen Angriff kommt, vernichten sie die Eindringliche, im nächsten
Frühling ziehen sie wieder ab und der Captain setzt den Pazifisten Vogel als
Oberkommandanten ein, der dann weitere Verrats- und Racheaktionen nicht
verhindern kann. In der Schlussszene, als der Captain nach einer verlorenen
Schlacht in Deutschland geschwächt zurückkehrt und einen Hinterhalt gelockt
wird, wird ihm vorenthalten, dass seine Freundin inzwischen vom Pfarrer ermordet
wurde und Vogels Geliebte, die er nicht mehr erkennen kann, als Ersatz in der
Todesstunde gereicht.
Ich denke niemand hat es bereut, diesen Film in 70mm sich angeschaut zu haben.
Das Leokino plant noch heuer „Spartakus“ und „Uzala, der Kirgise“ (UdSSR /
Kurosawa/Sovcolor) in den originalen 70mm-Fassungen zu zeigen.
Lawrence von Arabien in 70mm Film im Leokino Innsbruck
Bericht vom FKC-Newsletter 20.10.2008Ich habe mir die Mühe gemacht, eigens für dieses Ereignis
nach Innsbruck zu fahren. Das Leokino ist derzeit das einzige(!) Kino
Österreichs, welches tatsächlich noch 70 mm Filme zeigen kann und sogar jene
restaurierten Kopien, die inzwischen statt mit dem 6-Kanal Magnetton mit einem
Digitalton ausgestattet sind. Die Umrüstung habe, so Zingl, trotz
selbstausbeuterischem Eigeneinsatz noch 15000€ gekostet.
Auch die Untertitel wurden selbst gemacht. Ein Beamer strahlte sie auf einen
Papierstreifen, der auf der Brüstung unterhalb der Leinwand angebracht war.
Eindrucksvoll ist schon die Ouvertüre: Es wird dunkel im Saal, doch der Vorhang
wird angestrahlt und es ertönt in brillantem Stereoton die Ouvertüre zum Film.
Ebenso nach der Pause des insgesamt über 3 1/2 Stunden langen Films.
Klar, dass es sich um einen unzensurierten "Directors Cut" von David Lean
handelt, er hat die Restaurierung selbst geleitet. Das Negativ ist inzwischen
fast 50 Jahre alt, doch nur an wenigen Stellen gab es kleinere Probleme,
allerdings ist die Kopie etwas zu hart geraten, dunkle Stellen sind etwas zu
dunkel, dafür gerieten die wahnsinnigen Wüstenaufnahmen noch brillanter. 70mm -
das ist ein so scharfes Bild, dass man jedes Detail gestochen scharf erkennen
kann. Bis heute ist diese Qualität in Punkto Auflösung unerreicht. Um wieviel
besser wäre sie, wenn man sie mit dem heutigen, noch besseren Filmmaterial
aufnehmen würde?
Der Film selbst wirkt natürlich aus heuter Sicht etwas pathetisch und der
Begriff der "Ehre" wird stark strapaziert. In der ersten Szene stirbt Lawrence
bei einem Motorradunfall, es folgt sein Begräbnis, der Reporter fragt nach
seinem wahren Leben, und so rollt sich die Geschichte auf. Der unkonventionelle
Liet. Lawrence ist in einer Doppelrolle, einerseits loyaler Soldat der Majestät,
andererseits darum bemüht die in sich zerstrittenen Stämme der Wüste zu einem
Volk zu vereinen: den Arabern. An sich verabscheut er als gebildeter Humanist
jedes Blutvergiessen, andererseits lässt sich das im Krieg nicht vermeiden und
nachdem er selbst von den Türken gefoltert wurde, geht er auch nicht gerade
zimperlich gegen sie vor, als er deren Bahnlinen sprengt und Damaskus erobert.
Das Leokino wird versuchen, weitere 70mm zu bekommen. So gab es auch von der
DEFA der DDR 5 Filme in 70mm, darunter "Goya".
weitere Links zum Thema 70mm
TODD-AO -
Festival Karlsruhe
weltweite 70mm - Termine