Através de janela | Tata Amaral | Brasil 99 |
Regisseurin Tata Amaral hat genau Hitchcocks Film (The Rear Window)
studiert. Sie versucht mit bloßen Andeutungen und dem (zu) massiven
Einsatz elektronischer Musik, Spannung zu erzeugen. Suspense also. Übertriebene
Mutterliebe macht eine ältere Frau blind zu sehen, daß mit ihrem
Sohn etwas nicht stimmt. Beim Frühstück schmiert sie dem Muttersöhnchen
gar noch das Brot, und bereitet ihm allabendlich ein Abendessen vor, frisch
gekocht, kein fast-food wohlgemerkt.
Derweil geschieht in einem leerstehenden alten Nachbarhaus ein Verbrechen;
jemanden wird entführt und schwer vereltzt. Die Mutter wird ungewollt
hineingezogen, ja sogar zur Mörderin.
In dem handwerklich zwar gut gemachten Film wird das Prinzip des Suspense überspannt. Er endet trotzdem offen; nach all den Andeutungen hätte man gerne mehr erfahren, was der arbeitslose junge Sohnemann gemacht hat, als Mutter besorgt auf ihn wartete.
Der Film ist ein Beweis, das nicht jeder von einer Frau gemachte
Film automatisch gut ist, wie es manche Kreise uns weis machen wollen.
** annehmbar
Keid ensa | Farida Benylazid | Marokko 99 |
Märchenhaft fotografiert, klassische arabische Ausstattung, der
Ton leider nur analog Mono. Schellacksound.
Eine etwas simple Geschichte: Keid, die Tochter eines reichen Kaufmanns
und der Sultan, ihr Nachbar, beobachten und necken sich, wer wohl der Listigere
sei. Er heiratet sie, doch steckt er sie in ein Verließ, solange,
bis sie zugibt, daß Männer listiger und intelligenter als die
Frauen seien, was sie standhaft verweigert. Inzwischen baut ihr Vater einen
geheimen Ausgang aus dem Verließ und sie entflieht regelmäßig,
eilt ihrem Sultan bei dessen Abenteuern voraus, erobert ihn unbekannter
Weise des öfteren, sei es als junge Sklavin oder Herrscherin matriarchalischer
Beduinen; sie hat drei Kinder von ihm. Als dieser größer sind,
wird das Geheinis gelüftet: jedes Kind hat noch ein Souvenir von seinem
Vater als Erinnerung, wo es gezeugt wurde; als der Sultan wieder einmal
eine weitere Frau heirateten möchte, geben sie sich zu erkennen; der
Sultan weiß nun, daß der Mann zwar der Stärkere, die Frau
aber die listigere ist.
Optisch ein Genuß: ****
Belo odelo | Lazar Ristovski | YU, GB 99 |
Serbien - Aus der Schule Emir Kusturicas
.
Der Regisseur ist auch Hauptdarsteller und spielte auch in "Underground"
mit. Ein Oberst erhält ein Telegramm, seine Mutter sei gestorben,
gemäß ihres letzten Willens soll er sie im weißen Anzug
zu Grabe tragen. Auf der Bahnfahrt treffen lauter bunte Vögel zusammen.
Ein Zuhälter mit 5 Damen und weitere skurille Typen, harmlos Besoffene
...Der General verliebt sich in die schöne blonde Russin, der besten
Hure, die sich stumm stellen muß. Der General beteuert ihr in 100
Sprachen seine Liebe und versucht mit ihr zu flüchten. Es kommt zum
Duell. Es fällt versehentlich die Schöne und der Zuhälter
ebenso. Zuhause angekommen, erfreut sich Mama jedoch bester Gesundheit!
Es war ein Trick von ihr, ihren Sohn wiederzusehen und von den Wirren des
Krieges für ein paar Augenblicke abzulenken.
Nun, ein mutiger Eröffnungsfilm zum Thema des Festivals - Gewalt
und Liebe. Ausgerechnet während des Balkankrieges wurde von Lazar
Ristovsky dieser Film über die Freuden der Liebe gedreht.
*** sehenswert
La historia de I y O | Valentina Leduc | Mexico 98 |
Der wunderbare Kurzfilm der Tochter des berühmten Paul Leduc. (Frieda
Kahlo...)
Ein Paar, dessen Erotik schon eingeschlafen oder noch nie richtig entflammt
ist, bekommt vom Nachbarn die Wohnungsschlüssel, mit der Bitte, ihnen
während ihrer Abwesenheit die Blumen zu gießen, überreicht.
Sie beobachten von dort aus ein Liebespaar und werden von diesem animiert
ebenfalls die Liebe etwas abwechslungsreicher zu gestalten und richtig
zu genießen. Auch die formale Gesatltung, insbesodere die Farben,
machen den Film zu einem kleinen Kunstwerk-
herausragend *****
El entusiasmo | Ricardo Larra | CL, E 98 |
Chile/ E / F / D: (TVE/arte/ZDF)
Arica im Norden Chiles: zwei Männer machen die klassische
Führung auf das Fort Arica, des einst von den Peruanern eingenommen
und von den Chilenen mit List (von hinten) rückerobert wurde. Der
eine stellt dem anderen eine Bekannte vor, es wird Liebe auf den ersten
Blick. Der eine ist ein kleiner Fernsehjournalisten, der andere sprudelt
vor Ideen, wie man den Norden Chiles, die Atacamawüste, die Salpeterminen-Geisterstädte
etc. touristisch vermarkten könnte. Mit viel Pathos für die in
Chile stets geschundene Arbeiterklasse (das Massaker von Arica, Pinochet-Ära...)
. Sie bekommen einen Sohn und die Frau willigt erst spät der Heirat
ein. Als sie in einer Salitera, einer Geisterstadt unter den Klängen
der Internationale und unter bombastischem Feuerwerk einen "Event" inszenieren,
melden sich zwei Gringos, die Ihnen eine große Zukunft versprechen.
Sie sollen "Puerto Paz", ein Wohnungsparadies am Strand und doch am Rande
der Wüste für betuchte Investoren aus dem Boden stampfen. Anfangs
machen seine Frau und ihr Sohn mit Eifer mit, sie werden aber immer mehr
durch längere Abwesenheiten in des Vaters entfremdet. Eines Abends
vergeblich in einem Hoel in Santiago auf ihn wartend, geht sie fremd. Sie
beginnt als Stewardess bei Lan Chile zu arbeiten. Die Ehe geht in Brüche,
der Sohn zum Freund. Ab diesem Punkt verdunkelt sich die Geschichte: der
Junge wird vom Vater zu einer Silvesterfeier nach Santiago de Chile geschickt,
dort aber von zwei Männern und einen dubiosen Frau abgeholt, der Vater
ist wieder mal verhindert; sie hetzen durch das ganze Land, schließlich
kehrt er aber unbeschadet zur Mutter nach Arica zurück. (War es
eine Entführung?). Plötzlich taucht der Vater schwer verwundet
in Begleitung dieser bewaffneten Frau auf, der Freund soll die beiden illegal
ins benachbarte Peru über die Grenze bringen. Als er vor Schmerzen
nicht mehr kann, gibt sie ihm eine Morphiumspritze, er stirbt.
Der an sich sehr schön beginnende Film um eine Dreiecksbeziehung,
Kritik an den Lügen des Fernsehens, dem alternativen Tourismus, dem
Neoliberalismus in Chile etc. weist ab der Stelle einen Bruch auf, als
der Junge nach Santiago reist. Auch zwei haarsträubend falsche Details
ärgern: erstens hat die Salzwüste von Atacama derart spitze Kristalle
auf, daß es unmöglich ist darauf zu gehen, geschweige dort Rad
zu fahren; (ich war selbst schon dort) ; Morphium muß intravenös
gesetzt werden, nicht einfach i.m. Man merkt, wo die einzelnen Produzenten
ihren Senf dazugegeben haben. Die atemberaubende Landschaftskulisse Nordchiles
machen ihn aber trotz dieser Abstriche immerhin
*** sehenswert.
Un embrujo | Luis Carlos Carrrera | Mexico 98 |
An sich enthält der mexikanische Film alle Ingredienzien für großes Erzählkino: eine turbulente Geschichte, gute Ausstattung, passende Schauspieler, eine Portion Erotik und Spannung, soziale Konflikte und geschichtliche Fakten. Eliseo, Sohn eines Abkömmling des großen Emiliano Zapato ist ein Lausbub, der nicht gern zur Schule geht und dort auch nicht gut ist. Aus Strafe muß er bei der Frau Lehrerin allmorgendlich den Boden kehren. Er bekommt mit, wie Liebhaber, bei ihr aus- und eingehen. Als er eines Tages durchnäßt bei ihr eintritt, badet und trocknet sie ihn und nimmt den 13jährigen Jungen mit ins Bett. Auch die Mutter eines reichen Freundes mißbraucht den jungen Sohn zu sexuellen Spielchen, während sie ihrem gleichaltrigen Sohn Geld dafür gibt, ins Bordell zu gehen,um zu lernen, was es heißt ein Mann zu sein. Trotz allen Schwüren diese Geheimnisse zu bewahren, spricht es sich im Dorf herum, und bald wollen alle Jungen bei der Frau Professorin den Boden kehren.
Ein Zirkus kommt in der Städtchen Progreso, ein Trapez-Künstler verzaubert die blutjunge Schwester und entjungfert sie in akrobatischer Position. Ein anderer Artist treibt es mit der Frau Lehrerin, die hoffnungslos in den Mann vom Zirkzs verliebt ist, der ihr verspricht in Havanna mit ihr eine Bar aufzumachen. Er denkt natürlich nicht daran, sich an sie zu binden und sein freies Zirkusleben aufzugeben.
Der alte Zapato, einen Hafenarbeiter, wird Opfer eines Arbeitsunfalles (oder war es gewollt?) und für immer gelähmt.
Diese und noch weitere Vorfälle lassen die Bürger Progresos glauben, die Lehrerin sei eine Hexe, sie zieht vorübergehend weg, ebenso die als Hure verschrieene Tochter Zapatos. Als sie wieder zurückkehrt, schenkt sie dem gelähmten Zapato ein Radio, wird aber weiterhin von der Gemeinschaft ausgestoßen. Als er stirbt, betrügt die Gewerkschaft Elsieo, den leiblichen Sohn um die Erbschaft. Als er bei einer Wahlrede des Präsidenten Cardenas, dem Kandidaten der Sozialisten, ihm sein Leid klagt, bekommt er zwar recht, wird aber von den Gewerkschaftern verprügelt und von der Arbeit ausgeschlossen. Er flieht blutüberströmt zum Haus der Lehrerin, die ihm Erste Hilfe gewährt; mehr noch: die alte Leidenschaft glüht wieder auf. Während sich diese vereinigen, zündet die eifersüchtige Frau Eliseos ihr das Haus an.
Der 130-minütige Film wäre toll, ist aber zu lang geraten, weswegen er sich mit *** begnügen muß. Ich erfuhr von Frau Verna Teißl, daß sich auch einige Verleiher meiner Meinung angeschlossen hatten und dem Film verliehen hätten, wäre er gekürzt worden. Doch der Regisseur weigerte sich.
sehenswert ***