Bericht vom Intern. Freiburger Filmfestival März 2005
Nobi und Urs berichten
Schwarze Schrift  = N.Fink
Blaue Schrift = Urs Vokinger Originaldokument als pdf

(Postkartenansicht der Altstadt von Fribourg)
 

www.fiff.ch

Nach langem, schneereichen Winter ließ sich die Sonne endlich wieder blicken und die Anfahrt war problemlos.
Nachdem das Corsokino in Fribourg offenbar abgebrannt ist, wurde etwas entfernt auch ein Mehrzweck-Kultursaal für die Aufführungen genutzt.
Das Festival stand unter dem Motto „das Unsichtbare filmen“, womit nicht nur Magie und Traum, sondern auch die sich versteckenden Straßenkinder von Rio gemeint sein konnten, aber auch Gott und der Teufel.  So war in der Retrospektive nicht nur eine restaurierte Kopie von Pasolinis Matthäus-Evangelium, sondern auch der Klassiker des novo cinema brasiliero von Glauber Rocha oder Japanische Samurai-Mythen zu sehen.

Die Seuche, amateurhaft gemachte Videofilme auf Kinogröße aufzublasen, grassiert weiter, und die technische Qualität der meisten gebeamten Videos oder manchen gefazter Filme war erbärmlich.
Letztlich wurde auch noch Werbung vor den Filmen eingeführt, die allerdings in Form von stummen Dias noch relativ dezent gestaltet wurde.
Einige Filme, die gelaufen wären, habe ich schon in Huelva gesehen z. B.  „El corazon de Jesus“ oder laufen sogar  diese Woche im FKC (Darwin´s Nightmare).

 

Die Filme, die wir dieses Jahr sahen, waren eher durchzogen. Der erste Tag am Festival war eine grosse Enttäuschung; die Filme erreichten die Qualität des letztjährigen Festivals überhaupt nicht (z.B. No tan nuestras und Shankhonad). Der zweite Tag war etwas besser, doch blieb die filmische Qualität deutlich unter dem, was der Zuschauer am Filmfestival von Fribourg erwarten darf. Einzig der Film aus China, Yi zhi huà naeniu, konnte mich nachhaltend beeindrucken.

Wie in Solothurn, scheint auch die Videokamera den Siegeszug bei den Filmen des Südens (das Aushängeschild des Fribourger Festivals) angetreten zu haben. Dass dabei das filmische Ergebnis manchmal sehr schlecht ausfallen kann, hat sich dieses Jahr besonders in Fribourg gezeigt. Einige der präsentierten Filme zeigten wenig Leistung und übertrafen kaum einen Amateurfilm (siehe z.B.: No tan nuestras).

Was mich dieses Jahr besonders gestört hatte, war die Werbung, die zwischen den Filmansagen und -vorführungen gezeigt wurden. Für den Zuschauer gab es kein entkommen. Ich kenne kein Festival, das zu solchen drastischen Werbemassamen greift! Einzigartig in Fribourg; ein Filmfestival, das alternativ zu den Grossen sein will, aber in Sachen Werbung zu krasseren Wegen greift als die Grossen selbst! Geschmacklos! Wäre die Reihenfolge Werbung, Ansage und Film gewesen, so hätte man noch ein Verständnis aufbringen können. Aber so wie die Werbung nun in Fribourg in die Filmvorführung eingebracht wurde, ist es einfach geschmacklos und zeugt von einer Inkompetenz und Sensibilitätsrosigkeit der Veranstalter, sowie eine Respektlosigkeit gegenüber dem Zuschauer!

 

Hier noch die Gewinner des Festivals

 

Der grosse Preis ‚Der goldene Blick’

La nuit de la vérité (Die Nacht der Wahrheit) Nacro Fanta Régina; Burkina Faso / Frankreich;

 

Spezieller Jurypreis offeriert bei SSA und Swissimage

L’enfant endormi (Das schlafende Kind), Kassari Yasmine; Belgien / Marokko;

 

Spezielle Erwähnung

Mu (Heiligtum), Ho Yuhang, Malaysia

 

Bester Film gewählt vom Publikums

Lakposhta ham parvaz mikonand (Auch Schildkröten können fliegen), Ghobadi Bahman; Irak / Iran

 

Preis der ökumenischen Jury

Yi zhi huà naeniu (Die schwarzweisse Milchkuh), Yang Jin, China

 

Bester Dokumentarfilm

Song Hwan, Dong-won Kim; Südkorea

und

Darwin’s Nightmare Sauper Hubert; Frankreich / Belgien / Österreich




No tan nuestras (nicht wirklich unsere Sache)
Arg 2005, Video, 73“, Raniro  Carlos Longo
Unscharfes Video; ein Veteran erzählt aus dem Falklandkrieg, er wurde als junger Soldat auf die Malvinas geschickt und schwer verwundet, jedoch von den Feinden (den Engländern) sehr human und medizinisch korrekt behandelt, in den ärgsten Schmerzen erhielt er sogar reichlich Morphium. Der an sich um Versöhnung bemühte Beitrag wurde ohne irgendeinen handwerklichen oder künstlerischen Ehrgeiz hergestellt: man lässt den ehemaligen Kriegsteilnehmer einfach erzählen, er raucht ständig und sein Handy klingelt sogar, offenbar war es dem Kameramann zu mühsam ein Stativ zu benutzen. Dazwischen einige Ausschnitte aus den Fernsehnachten aus dem Archiv über den Malvinas / Falkland – Krieg.

Wie es halt so ist, wenn Männer vom Krieg erzählen.
* zwar gut nachvollziehbare Erzählung, technisch dilletantisch.
 

Sergio Delgado erzählt von seinem Militärdienst während dem Falklandkrieg. Er war auf Falkland stationiert und erlebte die Zurückeroberung der Insel durch die Engländern als argentinischer Soldat. Er wurde bei diesem Krieg verletzt und von den Engländern bis Kriegsende ärztlich behandelt. So spricht er auch von ihnen mit einem sehr versöhnlichen Ton.

Der Film lebt von Erzähler Sergio, der zwischendurch nach Tapas und Bier hascht. Als Einlagen werden Amateuraufnahmen des Flaklandkrieges gezeigt. Ausser dem glücklichen Griff nach einem guten Erzähler, stellt das Werk weder eine dokumentarische noch eine filmische Leistung dar. #/*


 
26.04.86: Una primervera en la memoria
Kuba, Brasilien 2004, Ariane Mondo, DV Video, 23 Min
extrem unscharfes Video ab unzumutbarer DVD Kopie

Jugendliche aus Tschernobyl kommen nach Kuba zur Kur.

 technisch unzumutbar
# Die Idee wäre ja nicht so schlecht: Kuba leidet wohl am meisten am Zerfall der UdSSR, und nimmt immer noch die „Kinder von Tschernobyl“, inzwischen Jugendliche, einmal jährlich zur Erholung auf. Als Folge der Strahlung habe alle Mädchen Vollglatzen…



 

Shangkhonad

Bangladesh 2004, 35mm, mono, trigon-film
Abu Sayeed
In Form einer Fabel wird die Geschichte eines Namenlosen erzählt, der nach 27 Jahren in ein Dorf zurückkehrt, dort wurden seine Eltern ermordet. Doch er ist nicht gekommen, um zu rächen.

 

## An Langweile nicht mehr zu überbietender Film aus Bangladesh, der zwar einige, an die indischen Kunstfilme erinnernden schöne langsame Bilder aufweist, alles in allem aber dem normalen Zuschauer nicht zuzumuten ist.

Ärgerlich war bei dieser Aufführung eine nicht professionelle Projektionsqualität, es war die Linse verstaubt und das Bild beeinträchtigt; auch das Tonformat war nicht richtig eingestellt, vor allem bei mono-Filmen, die es offenbar in Bangladesch noch immer gibt, war das Kompanderpumpen ein Ärgernis.
 

Nach 27 Jahren Stadtleben kehrt Osman in sein Dorf zurück. Nach dem Tod seiner Eltern ist er in die Stadt gezogen. Nun möchte er in seinem Dorf bis zu Tod bleiben. Dies widerstrebt dem Dorfvorsteher, da dieser angst hat, dass alte Wunden wieder aufgerissen werden. Der Dorfvorsteher bangt daher um seine Wahl, die in Kürze statt finden wird. Osman wird am Ende des Films vom Dorvorsteher getötet.

Die Geschichte zieht sich in die Länge und die Filmsprache scheint anders als im Westen üblich zu sein. Des weiteren ist im Film sehr viel Mystik, was den Zugang zu diesem Film weiter erschwert. Haben die (oder einige)  Bollywood Filme eine Brücke zwischen Indien und dem Westen schlagen können, so ist es dem Film aus Bangladesh nicht geglückt. Teilweise fiel es den Zuschauern schwer, sich wach zu halten. #/*    


 

Mu – das Heiligtum

Malaysia 2004, FAZ, 80“, Ho Yuhang

Der junge Regisseur, der mit einer Amateurvideokamera den Alltag fernab jeder touristischen Attraktion „filmte“ zeigt drei Personen, erst langsam verweben sich die Geschichten.

### an Langeweile und Banalität kaum noch zu überbietendes amateurhaft gemachtes Video. Erhielt einen Preis!

 

Der Film zeigt das Leben dreier Menschen: einer jungen Frau (See) und eines jungen (Lai) und alten Mannes. In einer voyeuristischen Art, führt der Film den Zuschauer in das intime Leben der drei Protagonisten. Die zu Beginn drei lose Gestalten bekommen im Verlauf des Films Form und der Zuschauer entdeckt, was sie einander verbindet. Der Mann ist ein Verwandter des Lai, und Lai selbst ist der Geliebte der See. Nach einer Abtreibung der See verlässt Lai seine Geliebte. See stürzt sich (wahrscheinlich) von einer Autobahnbrücke in den Tod.

Im Film wird wenig bis fast nicht gesprochen. Auf begleitende Musik wurde absichtlich verzichtet. Der Film liefert eigentlich nur das Bildmaterial und die Geräuschkuliessen, alles andere wird dem Zuschauer überlassen. Der Film führt zwar den Zuschauer zu den wichtigen Punkten der Geschichte, es fehlt aber an einer kräftigen Bildsprache, die diese Punkte verbindet, sodass die 80 Minuten sehr, sehr, lang erscheinen. *   

 

Kurzum der erste Tag bot keinen einzigen sehenswerten Film !

 


 

2. Tag
Aus dem Iran gab es 2 Dokumentarvideos, das erste war eher Propaganda, das zweite jedoch erschütternd ehrlich.

 

DAF
unscharfes Video, 40“, Bahman Ghobadi
Ein Daf ist eine Art Tamborin, welches aus Fassbohlen, einer gegerbten Haut und vielen kleinen Klangringen besteht.
Der Doc zeigt ein Arbeitsprojekt mit jugendlichen Blinden im kurdischen Teil Irans, welche dort mitarbeiten.
Er würde sehr an Glaubwürdigkeit gewinnen, wenn die blinden Jugendlichen nicht so übertrieben schön bei der schmutzigen Arbeit angezogen gewesen wären, sie hatten nicht den kleinsten Fleck auf den weißen Seidenblusen beim Reinigen schmutziger Felle, Enthäuten und Gerben abbekommen. Lt. Katalog wird mit dem Daf zu Kindergeburtstagen ein Lobgesang auf Allah gespielt.
* handwerklich und fotographisch gut
 

Daf, Bahman Ghobadi, Iran/Irak

Dafs sind Trommeln, die im Iran und Irak hergestellt werden. Der Film dokumentiert die Herstellung solcher Trommeln in einer kurdischen Familie, wo alle, auch die zum Teil blinden Kindern, an der Produktion beteiligt sind. Nur durch den Beitrag jedes einzelnen kann die Familie überleben. Mit einfachsten Mitteln wird in dieser Familie einer der besten Dafs hergestellt (laut den Aussagen des Regisseurs).

Der Film ist interessant und gibt in einen Einblick in die, aus westlicher Sicht, prekären Verhältnisse der Familie. Doch scheint auch etwas Propaganda in diesem Film vorhanden zu sein. Die Herstellung solcher Trommeln ist eine recht schmutzige Arbeit, vor allem die Bearbeitung der Felle. Trotzdem blieben die Kleider stets sauber und immer gebügelt. Auch die Freundlichkeit unter den Mitgliedern der Grossfamilie schien mir doch etwas gespielt zu sein. Kurz, die Harmonie, die der Film ausstrahlen wollte, war etwas unglaubwürdig! **

 


EYZD – The Lovers: The victims (Sida, Aids)
befriedigend scharfes Video, Iran 2004, 37“.
Kamal Bahar und Mohammed Ehsani
Aids verbreitet sich auch im Iran rasant, mehr als 3x schneller als das Geburtenwachstum, die Dunkelziffer wird auf 18x gegenüber den offiziellen Zahlen von rund 25.000 geschätzt.
In Form von Interviews mit allen Kreisen der Gesellschaft, von Obdachlosen, Fixern, Prostituierten (letztere zwei Gruppen darf es ja eigentlich im Islam gar nicht geben), über die Mittelklasse bis zur Ärzten und Apothekern wird schonungslos die Realität der scheinheiligen und z.T. falschen offiziellen Information gegenüber gestellt. Auch wird offen diskutiert, ob Bordelle wieder erlaubt werden sollten. Aus falscher Scham traut sich kaum jemand in einer Apotheke Kondome zu kaufen, obwohl es sie an sich gibt.

Besonders erschütternd die Tatsache, dass die Erkrankten nicht als Kranke, sondern als Kriminelle behandelt werden und 8000 solcher in einem für 1000 Menschen konzipierten Gefängnis gehalten werden, wo sich nun Aids, Hepatitis B und C munter vermischen. Denn man muss nach islamischem Recht eine kriminelle Tat gemacht haben, um Aids zu bekommen, sei es sich Drogen spritzen oder außerehelichen Verkehr gehabt zu haben oder gar schwul zu sein.

*** mutig und informativ
 

Was dem Film Daf fehlte, hatte hingegen der Film Eydz. Mit einer für uns zu bestaunender Ehrlichkeit zeigte der Film die Aids-Situation im Iran. Die Regisseuren scheuten sich von nichts. Interviewt wurden die Geistlichen wie auch die in den Strassen lebenden Menschen, die alltäglichen Bürgern, sowohl auch die Prostituierten. Das Ausleihen der Spritzen unter den Drogenabhängigen in den Gefängnissen und in den Strasse, und die unumgängliche Prostitution, die auch im Iran den Männer zur Verfügung steht, führte zu einer schnellen Ausbreitung des Aids-Virus. Hiess es früher, dass Aids kein Problem im Iran sei, so steht heute die Regierung vor einem schier unlösbaren Problem, das sie ohne die Enttabuisierung des geschlechtlichen Intimlebens und mit ihrer Verteufelung der Aidskranken kaum lösen kann. Volle Punktzahl für den mutigen Film! ****


Touki Bouki, Djibril Diop Mambety, Senegal 1973

http://www.trigon-film.ch/de/showfilm.php?filmid=177


Der Kuhhirt Mory und seine Freundin Anta wollen gemeinsam nach Paris reisen. Dazu fehlt ihnen das Geld um die Überfahrt zu bezahlen. Das finden bei einem  schwulen Freund von Mory, den sie bestehlen. Doch kurz vor der Abfahrt scheint Mory sich doch anders überlegt zu haben und verlässt das Schiff rennend.

Ein schöner Film im richtigen 70iger Jahren Style. Eingefügtre Szenen zeigen die alte und traditionelle Vergangenheit.



 

Yi zhi huà naeniu (Die schwarzweisse Milchkuh), Yang Jin, China

 

 

Jinsheng muss sein Studium in der Stadt abbrechen, da in seinem Dorf ein Lehrer gebraucht wird. Die Provinz seines Dorfes ist aber sehr arm und kann Jinsheng keinen Lohn bezahlen. Als Anerkennung seines tugendhaften Dienstes, leiht ihm der Verwalter der nahegelegenen Stadt eine schwarzweisse Milchkuh bis die finanzielle Situation der Provinz sich gebessert hat. Jinsheng kämpft um seine Schule. Er vermittelt nicht nur seinen Schülern eine bessere Bildung, die nach einer Prüfung der Verwaltung auch sehr gelobt wird, sondern kämpft auch um eine bessere Infrastruktur. Aus dem Geld, das er durch den Verkauf der Milch seiner Kuh erhält, kauft er Tische und Stühle für seine Schule. Doch für die dringend notwendigen Reparaturen des zerfallenden Schulhauses kann er das Geld weder auftreiben noch will die Verwaltung die notwendigen Mitteln bereitstellen. In einer regnerischen Nacht, fällt das Schulhaus in sich zusammen. Des weitern wird er von der Behörde informiert, dass das ganze Dorf wegen Erzabbau zügeln muss.

Der 23 jährige Filmregisseur, der erst im dritten Studienjahr ist, hat einen sehr eindrücklichen Film gedreht und dies nur in 18 Tagen und mit einem Budget von weniger als 1500 €. Der Film wirkt klar und aufgeräumt, und ist daher für den Zuschauer sehr leicht zugänglich. Der Film ist ein Spiel- sowie ein Dokumentarfilm. Der Zuschauer erfährt über die teilweise hoffnungslose Situation auf dem Lande. Interessant war auch die anschliessende Diskussion. Trotz Dolmetscher hatte ich das Gefühl, dass der Regisseur unsere Fragen nicht verstand, und wir, die Zuschauer, eben sowenig seine Antworten. Dies war wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass der Regisseur nicht die westlichen Vorstellungen über China kannte. Ein guter Debutfilm des jungen Regisseur! ***


  

Ugetsu Monogatari, Kenji Mizoguchi (Erzählungen unter dem Regenmond),
Japan (1953 in der Kategorie Retroperspektive)

http://www.celtoslavica.de/chiaroscuro/films/ugetsu/ugetsu.html
 

 

Ein schöner Schwarzweissfilm aus den 50er Jahren. Die Geschichte spielt im 17. Jh. Zwei Töpfer auf dem Land erleben, wie sie durch ihre Arbeit zu Geld kommen und dadurch ihre Träume verwirklichen können. Dabei zerstören sie ihre Familie: die Frau des einen Töpfers stirbt und die des anderen endet im Freudenhaus. Das Ende geht aber gut aus. Die Männer haben bei den Ausflüchten ihre Lehren gezogen und kommen in ihr Dorf zurück, wo sie wieder ihrer Arbeit nachgehen.

Ein guter Film. Dass die Botschaft des Films ‚Schuster bleib bei deinen Leisten’ ist, ist verzeihbar, da der Film in den 50er Jahre gedreht wurde und da damals andere Moralvorstellungen vorherrschten. Äusserst erstaunlich waren die aktiven, selbstsicheren, bestimmenden und extrovertierten weiblichen Hauptfiguren. Kennt man doch die japanischen Frauen als stille und nachsichtige, dem Mann untergebene Frau (dies war sicher noch so in den 50er Jahren), so zeigt der Film eine sehr ungewohnte Seite der japanischen Frau. ***



 

 

Famila Rodante

Arg 2004, 35mm, Dolby stereo, 103”

Pablo Trapero, der uns hier vor Jahren schon mit “mundo grua” faszinierte, zeigt hier ein heiteres Familien – Road Movie. Am 84. Geburtstag von Oma Emilia bekommt sie in Buenos Aires den Anruf als Trauzeugin im 1400 km entfernten Misiones (Provinz an der Nordgrenze zu Brasilien) bei der Hochzeit einer Nichte zugegen zu sein und die ganze Familie über 4 Generation möge mitkommen. Verkehrsmittel ist ein 20 Jahre alter selbst gebastelter Chevrolet – Campingwagen, der 20 Liter bei 80 km/h frisst. Pannen und längere Reparaturen sind da natürlich selbstverständlich, die jungen Cousins schmusen gleich kräftig und auch der Schwager macht sich an die falsche Schwägerin ran, eine muss zum Zahnarzt und der dicke Papa, als Fahrer schon ausreichend genervt, streitet mit dem Freund seiner Tochter, der ihnen mit dem Motorrad nachfährt.
Ständige Mautstationen, korrupte Polizeikontrollen, leere Tankstellen, schmutzige Hotels und ein in der Hitze des Vehikels kochendes Latino-Herz sorgen für gute und ziemlich harmlose Unterhaltung. Gute Stereoeffekte und argentinische Musik, nicht nur, aber auch Tango Nuevo, und echtes Celluloid sorgen auch für einen echten Kinogenuss.

*** unterhaltsames Kino aus Argentinien –pura vida !

http://www.familiarodantefilm.com.ar/


 

O diabo a quarto (den Teufel mal 4, 4 for none)
Alice de Andrade, Brasil 2004, 35mm, dolby digital;108”

Ein typisch brasilianischer Film, der vom steifen Nordeuropäer schwer zu verstehen ist, weil selbst die armen Straßenkinder und professionellen Liebesdienerin vor Lebensfreude quietschen…

Rita, eine 18jg Hausangestellte im Haushalt einer reichen Carioca verliebt sich einen Gymnasiasten, dessen Vater wahlwerbender Politiker ist. Doch der liebt nicht nur ab und zu einen Joint, sondern die professionellen Dienstleistungen der Garotas von Tim, der die Modelle per Katalog und Internet zahlungskräftigen Kunden anbietet.
Um an ihn heranzukommen, will die noch jungfräuliche Rita die beste Hure werden und bewirbt sich bei der Agentur „Mystery“ von Tim. Als ein Schiff eine Ladung voller Haschkonserven verliert, werden auch die Straßenkinder hellhörig. Nach einer Schiesserei mit der Polizei fahren sie in der Berge von Minas Gerais und Rita setzt sich autostoppend von den der Männern, ihrem Geliebten, ihrem Zuhälter und einem Straßenjungen ab.

Die äußerst turbulente Story an der Copacabana zeigt einerseits das gefährliche und chaotische Leben der von Kriminalität lebenden Straßenkinder mit dokumentarischer Genauigkeit, andererseits das scheinbar leichte und fröhliche Sein der professionellen Mädchen und lässt bewusst die Figuren klischeehaft erscheinen, in der Summe ergibt sich so ein recht komplexer bis verwirrender Handlungsstrang, der sowohl aus einem Pornoheft als auch aus einer soziologischen Abhandlung stammen könnte.
*** das Leben an der Copacabana zwischen Orgasmus und Tod.
P.S. Alice de Andrade ist die Tochter des berühmten Schriftstellers Mario de Andrade ("Macunaima") und lebt mit einer Tochter in der Schweiz.

 

Rita möchte Paulo Roberto als ihren geliebten haben. Paulo, der Archetyp des Playboys aus einer hohen sozialen Schicht, will von Rita nichts wissen, da er nur erfahrene Frauen liebt. Aus diesem Grund verwandelt sich die hübsche Rita, in eine unwiderstehliche Prostituierte, der auch Paulo nicht widerstehen kann.

Allen Frauen, die hier diese Zeilen gelesen haben, möchte ich darauf aufmerksam machen, dass die Geschichte aus dem Kopf einer Frau entsprungen ist, der Alice de Andrade, und nicht etwa einem Mann!

Der Film hat zwei Seiten. Die eine ist die Lebensfreude, die der Film ausstrahlt. Ist der Film wirklich ein Abbild des brasilianischen Lebens, so müssen wir Europäer dem brasilianischen  Volk für den Ungang der Sexualität gratulieren: Genuss und Freude an der Sexualität und die expressive und weibliche Verführung scheinen hier eine Selbstverständlichkeit zu sein. Besonders letzteres wird von den Frauen (in diesem Film Rita) mit Enthusiasmus ausgelebt. Laut den Aussagen der Filmregisseurin, repräsentiert der Film tatsachlich einer Realität in Brasilien.

Die Kehrseite der Medaille ist Oberflächlichkeit in diesem Film. Ein Nachgeschmack einer Bravo-Zeitschrift-Story belieb mir nach der Aufführung hängen (Bravo ist eine Pop- und ‚Erotik’ -Zeitschrift für die pubertierende Jugend in der Schweiz). Die Filmregisseurin meinte, dass ihre Geschichte im Film eine gewisse Komplexität aufweise, die ich allerdings nicht finden konnte. Eine Auseinadersetzung mit den sozialen und tieferen menschlichen Gegebenheiten im Land gab es nicht. Besonders abstossend fand ich, dass nachdem ein Polizist ein Strassenkind grundlos erschossen hatte, der Film mit gleicher (schönen) Freizügigkeit und Fröhlichkeit weiterfuhr. Die Ermordung des Kindes stand gar nicht zur Debatte. Ein Film, der die Tragik zu einer Komödie verkommen lässt. Filmisches Handwerk: ***, Inhalt/Story: 0 



3. Tag – Sonntag 13.3.05

 

Ronda nocturna
FAZ, Argentinien/ F 2004, Edgardo Cozarinsky

Im Prinzip ging es hier das gleiche Thema, das Leben auf der Straße und Prostitution in Buenos Aires. Doch während in Brasilien die echten und durchaus selbstsicheren Frauen um die Kundschaft kämpfen, so sind es hier in BsAs die Schwulen und die Transvestiten. Victor, ein inzwischen erwachsen gewordenes Straßenkind hat einen Diplomaten als Stammkunden, der ihn beschützt, doch zu Allerheiligen scheinen die Toten zurückzukommen.

Als erste magische Szene sehen wir ein Liebespaar sich küssen, doch die Frau wirft den Liebhaber vor einen Bus. Nun trifft Victor einen alten Bekannten in einem Taxi, der ihm alle Transvestiten zeigt, als sie in ein Stundenhotel gehen will sein Freund ihn plötzlich ersticken, war es nur ein Traum ? Letztlich taucht eine Frau auf, die behauptet von ihm schwanger geworden zu sein und das Kind selbst abgetrieben haben, wobei sie gestorben sein. Die Untoten haben alle eine Narbe am Hals ….
** recht spannend


 

Deus e o diabo na terra do sol

(Black god, white devil) BR 1964, sw, 125”, Rocher Glauba

 

Der Klassiker des novo cinema brasiliero aus dem Jahre 1964 verstört noch heute den Zuseher.

Manuel hat eine Vision, der Sertao (die karge Wüste im Innern Cearas) würde fruchtbar und er könne selbst etwas Land erwerben und ein paar Kühe züchten. Als auf dem Viehmarkt das Traum sich blutig zerschlägt, pilgert er mit Frau und Kind auf einen Berg, wo der Prediger Sebastiao und eine Schar seiner Gläubiger verkünden, der Sertao würde zum See und das Meer trocken. Doch zuvor muss die Seele mit dem Blut der Unschuldigen gereinigt werden. Manuel opfert seinen einzigen Sohn und schmiert dessen Blut seiner Frau Rosa ins Gesicht, diese ermordet daraufhin Sebastiao.

Inzwischen wird Antonio das Mortes um viel Geld vom Klerus und den Großgrundbesitzern angeheuert, um Sebastiao zu töten. Als er auf dem Berg eintrifft, metzelt er bis auf vier alle Gläubigen nieder und sieht, das Sebastiao schon tot ist. Nun treffen Manuel und Rosa auf einen General und das Morden geht weiter, wieder überleben sie, nun taucht aber eine Banditenbande auf, dessen Anführer Corisco den Sertao in Brand stecken will.

 

Kraftvoll und unfassbar, sowie von den volkstümlichen und barocken Vorstellungen einer mythischen und gewaltvollen Religion geprägt, zeigt hier Rocha auf, dass der Kampf zwischen Gott und dem Satan ein nie endender ist und dass von den falschen Propheten keine Erlösung zu erwarten ist. „Weder Gott noch dem Teufel gehört das Land, es gehört dem Menschen“ heißt es folglich im Abgesang.


 

Sehenswert war auf jeden Fall auch die neu restaurierte Kopie von Pasolinis Matthäus-Evangelium (Il vangelo secondo Matteo; der FKC zeigte diesen Film vor 2 Jahren in der Karwoche). Was cineastisch auffällt, war nicht nur eine wunderschöne Musik und eine am Anfang faszinierende Landschaft, sondern auch, dass es keine Geiselung Christi zu sehen gibt, keine laszive Maria Magdalena, dass die Vertreibung der Händler aus dem Tempel höchstens leichter Vandalismus war und zur Kreuzigung verurteilt und das Kreuz tragend, bricht er schon nach wenigen Schritten zusammen und es wird ihm von einem Apostel abgenommen abgenommen. Auch die Debatte um die islamischen Frauen mit Kopftuch erübrigt sich hier, denn nicht nur alle Frauen, auch Jesus trägt manchmal eines…

Pasolinis Bibelverfilmung wurde 1964 von der katholischen wie auch marxistischen Kritik stürmisch gefeiert und gilt auch heute noch mit Abstand als die beste Bibelverfilmung. Sie diente somit auch den Befreiungstheologen Südamerikas als Brückenschlag zwischen Katholizimus und Christentum.

Jedenfalls ist sie auch für einen nicht gerade streng gläubigen Zuseher durchaus kurzweilig.

mehr ... (FKC Fundgrube)
 


Zum Abschluss gab es noch

Mei Li De Xi Yi Ji – die wunderbare Waschmaschine

Video, 113“, James Lee, Malaysia 2004

Teoh ist ein introvertierter, einsamer junger Mann, mit dessen Arbeitsleistung sein Chef nicht ganz zufrieden ist. Er kauft sich eine gebrauchte Waschmaschine, die nicht immer funktioniert. Plötzlich ist eine junge Frau in seiner Wohnung, die wäscht, putzt und kocht. Sie redet nichts, arbeitet aber brav, sie scheint sich so ziemlich alles gefallen zu lassen, aber Sex nicht zu mögen. Manchmal passieren mit ihr seltsame Dinge und es gibt sogar Tote. Auch beim Vater von Teoh, der dieselbe Waschmaschine hat, taucht sie auf. Die Töchter machen sich Sorgen und der ständig rauchende Papa bekommt einen Herzinfarkt. Als sie gestochen wird, verliert sie ein eigenartiges Blut und verschwindet spurlos. Ob sie von einem anderen Planeten oder einer anderen Zeitdimension kommt?
** im Prinzip origineller Film, fast ohne Worte und Musik, doch sehr langsam.

Und tatsächlich gab es um 22 Uhr noch klammheimlich und ohne Ankündigung ein Fest im Zelt - mit Buffet !!!  Voilá !


Und die Sieger waren:

Die grossen Gewinnerinnen sind Frauen, und Afrika
 

Der Regard d’Or der 19. Ausgabe des Freiburger Internationalen Filmfestivals geht einstimmig an Fanta Régina Nacro (Frankreich/Burkina Faso) und ihren Film «La Nuit de la Vérité». Für die Internationale Jury unter dem Vorsitz des tunesischen Produzenten Hassen Daldoul ist dieses Werk «ein einzigartiger Film, der sich der klassischen Form der Tragödie bedient, um das Unaussprechliche eines Massakers begreifbar zu machen». Der Preis ist mitCHF 30'000.- dotiert.

Der Spezialpreis der Internationalen Jury geht an «L’enfant endormi» der belgischmarokkanischen Regisseurin Yasmine Kassari, welche «in Schönheit, Würde und Feinfühligkeit die Suche zweier junger Frauen nach Freiheit innerhalb und trotz ihrer Isolation» darstellt. Die Regisseurin Yasmin Kassari wurde für dieses Werk ebenfalls mit dem Preis der FIPRESCI-Jury ausgezeichnet (Fédération internationale de la presse cinematographique) und erhielt eine Spezial-Nennung der Jury FICC (Fédération internationale des ciné-clubs).

Ebenfalls einstimmig geht eine Spezial-Nennung der Internationalen Jury an den malaiischen Film «Mu» und dessen Regisseur Ho Yuhang «weil sich die Jury bewusst ist, mit welchem Risiko und Anspruch der Film sich entwickelt, um das Mysterium der Intimität einzufangen».

Sowohl der Preis der ökumenischen Jury wie der Preis der Jury FICC gehen an «Yi Zhi Hua Naeniu» («Die schwarzweisse Milchkuh») des jungen chinesischen Regisseurs Yang Jin. Der Preis E-CHANGER der Jugendjury und der Publikumspreis gehen an «Lakposhta ham parvaz mikonand» («Turtles can fly») des iranisch/irakischen Regisseurs Bahman Ghobadi. Die Jugendjury vergibt zudem eine Spezial-Nennung an «Saratan» des kirgisischen Regisseurs Ernest Abdyjaparov.

Auch die Jury FICC vergibt eine Spezial-Nennung und zwar an «This Charming Girl» des Südkoreaners Lee Yoon-ki für einen der herausstechendsten Beiträge des Wettbewerbsprogramms.

Der Preis für den besten Dokumentarfilm geht ex-aequo an zwei Produktionen. Die eine ist «Song Hwan» des Südkoreaners Kim Dong-won, die zweite «Darwin’s Nightmare», eine französisch-österreichisch-belgische Produktion. Die Jury, präsidiert von Raphaëlle Aellig, würdigt beide Produktionen für «die Umsetzung und die Tiefe des Engagements der Autoren. Einerseits beleuchten sie eine politische Situation, andererseits tauchen sie uns – dank einer starken Einbindung der Hauptpersonen – ins Herz der menschlichen Existenz.»

Wegen des Brandes, dem anfangs Januar die beiden Kinosäle des Kinos Corso zum Opfer fielen, fanden rund 40 Vorstellungen weniger statt als ursprünglich geplant. Trotzdem wurden 25'000 Eintritte verzeichnet. Die Kinosäle im Zentrum von Fribourg und Bulle verzeichneten Rekord- Frequenzen. Auch das Nouveau Monde fand sein Publikum.Auf grosses Echo stiess die Retrospektive «Palästina/Israel im schweizerischen Gedächtnis». Zwölf der achtzehn Regisseure dieser Retrospektive waren in Fribourg anwesend und diskutierten auf Einladung von Alain Bottarelli, dem Verantwortlichen dieser Retrospektive, im Rahmen eines Seminars über ihre Werke und die heutige Situation im Nahen Osten. Die zweite Retrospektive «Das Unsichtbare filmen» liess Kultfilme aus den letzten fünf Jahrzehnten und von allen Kontinenten entdecken, oder lud zu einem Wieder-Sehen ein. Hier fand auch eine letzte Hommage an den kürzlich verstorbenen Hussein Shariffe statt.

Eine musikalische Schlussnote setzt die Festivalorganisation als Dank an sein treues Publikum am kommenden Montag, 14. März, mit einer Gratisvorstellung im REX1. Gezeigt wird «Mahaleo» von Cesar Paes und Raymond Rajaonarivelo (Frankreich/Madagaskar) «L’enfant endormi» ist einer der Filme, welche unter dem Label Filme des Südens in den nächsten Wochen in der ganzen Schweiz in die Kinos kommt. Trigon-Film erwarb ebenfalls die Vorführrechte für «El corazon de Jesus» von Marcos Loayza (Bolivien), «Shangkhonad» von Abu Sayeed (Bangladesh) und «Touki Bouki» von Djibril Diop Mambety /Senegal). Die Festivalleitung dankt allen eidgenössischen, kantonalen und lokalen Stellen für ihre Unterstützung. Ebenso geht der Dank an die Partner La Loterie Romande, die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA, das Bundesamt für Kultur BAK und Coriolis. Ein weiterer Dank geht an die Medienpartner La Liberté, Radio RSR La Première, das Fernsehen TSR und l’Illustré.

Ein ganz spezieller Dank geht an all jene, welche in irgendeiner Weise zum Gelingen dieser Festivalwoche beigetragen haben, insbesondere all die jungen Helferinnen und Helfer. Das nächste , das 20. Freiburger Internationale Filmfestival findet vom 12. – 19. März 2006 statt.

im Detail hier:

http://www.fiff.ch/pdf/palmares_general05.pdf


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