Bericht vom 12. Intern. Filmfestival
Innsbruck
Wettbewerb | Sonstige | Retrospektive Jean Rouch |
Pickpocket | 11´09"01 | Le reve plus fort que la mort |
Araïs al Teïn | A Peck on the cheek | |
Ninguna Parte | Intervention divine | |
Nishad* | Te Quedarás | |
Láutre monde* | Engel | |
Angel on the right* | A festa de Margarette | |
Ticket to Jerusalem |
So dürftig wie das Buffet auch die Filme ?
(zur Lösung)
1. Tag, Mittwoch Abend
Die feierliche Eröffnungszeremonie, wieder von Michael Bilic vom Salzburger
"das Kino" moderiert, wirkte lockerer, da nicht ein Langfilm, sondern mehrere
Kurzfilme, die symptomatisch für das Festival sein sollten, zwischen den
Eröffnungsworten angeboten wurden.
Es begann mit einer Episode aus dem "11.09.01"
(11 Regisseure haben zu diesem Thema 11 Kurzfilme von 11 Minuten erstellt, darunter Ken
Loach, der eine Verbindung zum 11.9.73, dem Putsch Salvador Allendes, herstellte) .
Der Beitrag aus Burkina Faso war witzig: Jugendliche glauben Osama Bin Laden entdeckt zu
haben und rechnen sich aus, was sie mit der von den USA ausgeschriebenen Summe von 25 Mio$
alles machen könnten.
Aus Kuba stammte "La Maldita Circunstancia", so sich ein Mann
plötzlich in einer überschwemmten Wohnung wieder findet, absurderweise ist nur er
betroffen und niemand kann ihm helfen, nur eine Notschlafstelle wird ihm angeboten...
Dem folgte aus dem Iran "The Cherries which were canned", eine Frau,
dessen Mann im iranisch-irakischen Krieg gefallen ist, sucht nach einem Foto, auf dem sie
gemeinsam abgebildet sind. Als ein neues Bild von sich machen lässt, ist beim Entwickeln
ihr Mann darauf... Handwerklich ein guter Film, was man von den meisten anderen des
Festivals nicht sagen kann, schlechte "Amateurvideoqualität" überwog!
Aus Indien kam "Small word & big person", in welchem der
Kameramann der Filme des legendären Aravindan (1935-1992) eine persönliche Sicht des
Meisters anbietet. Da jener bei uns unbekannt ist, erschien der Film unverständlich, was
durch den fehlerhaften Ton noch verstärkt wurde.
Letztlich hab es noch den "Horse´s Healer" aus Usbekistan, ein als
Stummfilm konzipiertes 20 min Werk über einen alten Pferdeheiler, der tatsächlich einem
todkranken Schimmel helfen kann und ihn in die Freiheit einer Wildpferdeherde entlassen
kann. Leider war der Film mit einer süßlichen Musik zugepflastert und auch der Einsatz
der Farbfilter zu plakativ. Letztes Jahr gewann ja ein Film aus Usbekistan,
"Fellini", mit einer Geschichte aus der Gegend des nun ausgetrockneten Ural-Sees
den ersten Preis.
Anschließend wurden die akkreditierten Gäste in das Nobelhotel THE PENZ eingeladen, welches sie auch ziemlich hungrig wieder verließen, von der Pracht und Vielfalt der einstigen Buffets konnte man nur noch träumen - ob es mit den Filmen auch so sein wird, da ja diesmal nur noch sehr wenige und sehr belanglose Filme aus dem einst doch manchmal revolutionär gesinnten Lateinamerika hier zu sehen sind ?
Empfang beim frz. Kulturinstitut in Innsbruck (1. und 2. Bild oben) |
Vorarlberger Filmfans beim Festivalplausch (oben rechts), Festivalleiter Helmut Groschup mit einem Gast aus Indien.(unten mitte) |
2. Tag, Donnerstag
Bollywood ante portas !
"A Peck on the cheek" von Mani Ratnam (IND/SRIL 2002)
war da völlig anders - Cinemascope, rasante Bilder, Rückblenden, und DTS-Sound. Es
beginnt mit einem Flüchtlingsdrama, Tamilen werden aus Südindien nach Sri Lanka
getrieben, eine Frau gebiert in einem Lager des Roten Kreuzes ein Mädchen, es wird ihr
genommen und zur Adoption frei gegeben; die Mutter landet in Sri Lanka und wird Guerillera
der Tamil Tigers.
Indra ist erfolgreicher Schriftsteller und hat eine Bollywood - Bilderbuchfamilie, er hat
einst die kleine Amudha adoptiert und eigens dazu heiraten "müssen", zwei
leibliche Kinder folgten. Als Amudha zu ihrem 9. Geburtstag eröffnet wird, sie sei nicht
die leibliche Tochter, sondern ein Adoptivkind, bricht die Krise aus.
Fortan versucht die Kleine zu flüchten und die wahre Mutter zu suchen; als die Eltern
ihrem Ansinnen nachgeben und mit ihr nach Sri Lanka fliegen, geraten sie dort in die
Kriegswirren. Nun fliegen die Soldaten wirbelnd durch die Luft, werden Flüchtlingskonvois
bombardiert (aber unsere Helden entkommen mit dem Taxi) und es kommt zu einem unsäglich
kitschigen Happyend. Immerhin gelang es dem Regisseur, in Sri Lanka sowohl die Sympathien
der Tamilen als auch der offiziellen Armee zu erlangen; er brauchte Beide, um den Film zu
verwirklichen.
Nicht nur, dass manche Szenen in anderen Teilen der Welt Lachsalven auslösen würde (etwa wenn frisch verheiratete voll bekleidet ins Bett gehen und Frauen mit langem Sari baden) , auch die bollywood typischen Tanzeinlagen sind mehr als gewöhnungsbedürftig, zwar sind die Damen alle durchaus märchenhaft schön, doch weder die Musik ist so zündend wie z.B. jene Lateinamerikas, noch die Hüftschwünge so sexy wie z.B. im Sambadrom von Rio. Klar, es gilt das Schamgefühl fremder Kulturen zu respektieren; auch werden die Bollywood Filme für den prüden islamischen Markt gemacht.
Ich bringe diese etwas "globalen" Vergleiche nun bewusst, war früher doch
das IFFI ein (Lateinamerika-)Festival und hat durch die Erweiterung auf angeblich alle
"unterrepräsentierte" Filmländer m.E. nicht an Qualität gewonnen; außerdem
ist Indien ja der größte Filmproduzent der Welt (zumindest in Titeln und Filmmetern) und
es scheint ja seine Gründe zu haben, warum der indische Film bei uns nicht ganz so
bekannt ist. Nun, gemeinsam mit jenem Land, das wähnt, das größte des Films zu sein,
scheint bei beiden nicht die Qualität, sondern die Macht des Marktes und der Glamour der
lokalen Stars einiges beizutragen.
Neben diesem Trigon-Film (!!!) sind bereits "Lagaan" und "Sometimes Happy,
Sometimes Sad" bereits überraschend erfolgreich auf dem österr. Filmmarkt.
Hoffentlich ist das eine Modeerscheinung, die bald wieder vorbei geht. Übrigens, normale
indische Filme dauern 4-5 Stunden, ein Dreistünder ist also in Bollywood ein
"Kurzfilm", allein schon diese Konfektionsgröße macht es schwer, sich auf
unserem Markt einzunischen.
** Handwerklich gut gemacht und optisch opulentes, hemmungslos kitschiges Melodram mit
einigen pädagogischen Ansätzen (es gibt Untergrund-Kriege, weil die Waffenhändler
aus der 1.Welt daran gut verdienen...) , mehr Märchen als Realität.
Neben diesen Filmen waren auch "Lagaan" und "Sometimes Happy,
Sometimes Sad" auf dem Programm; Filme für die man nicht ein Festival zu gehen
braucht, da sie schon im Verleih sind und in den "ausgewählten Theatern" zu
sehen sind.
Intervention Divine
(F, MA, D 2002) Elia Suleiman.
Die in Jerusalem bzw.in den besetzten Palistänsergebieten (Ramallah) spielende Geschichte
ist durchaus innovativ und zeigt den Kleinkrieg zwischen den Nachbarn, die sich
gegenseitig den Müll abladen, sich die Zufahrtswege verparken bzw. zerstören; aber es
geht immer wieder um kleine surrealistische Bilder, die anarchistische Gedanken wahr
werden lassen - ein Mann wirft einen Marillenkern aus dem Auto und bringt den israelischen
Panzer zur Explosion, ein Luftballon mit dem Konterfei von Arafat passiert den Checkpoint,
Schwerkranke stehen auf der Intensivstation selber auf, um - wie die Ärzte und Schwestern
-eine Rauchpause einzulegen, und letztlich trotzt der Gedanke auf Freiheit Palästinas
sogar den Soldaten auf einem Schießplatz, die auf Abbilder palästin. Frauen knallen -
als eine solche wirklich auftaucht, ist sie unbesiegbar...
*** Einigermassen innovatives Stimmungsbild eine palästinensischen Liebespaares in
Jerusalem, einerseits recht keusch und züchtig, andererseits mit surrealen Bildeinfällen
3. Tag, Freitag
Ninguna Parte, Luis Sepúlveda, I/AR/E 2002
Endlich gab einen politischen Film aus Lateinamerika, wenn auch von der italienischen
RAI produziert. Gedreht wurde er im Norden Argentiniens (bei Salta), gemeint ist die Zeit
der chilenischen oder argentinischen Militärdiktatur mit ihren tausendfachen
Menschenrechtsverletzungen.
Fünf Männer, ein homosexueller Koch, ein Student, ein Lektor, ein ehem. Eisenbahner
und ein Friseur werden von den Militärs verhaftet und mit einem Sonderzug in eine Wüste
in den tiefsten Anden, nach "Nirgendwo" gebracht, die Militärlastwagen ziehen
wieder ab und einige lokale Bewacher haben sich um die Gefangenen zu kümmern. Was
dramatisch beginnt, kippt nun in einen Stil über, der an Begninis "La vida e
bella" erinnert. Mit Witz und Intelligenz gelingt es den vier übrig gebliebenen
(einer wurde bei einem Fluchtversuch erschossen) die dümmlichen Militärs zu unterhalten;
Star ist dabei der Koch, der aus den genau gleich schäbigen Ingredienzien statt eines
ungeniessbaren Breis, eine französisch benannte Delikatesse herzaubert und sie auch noch
elegant serviert. Er bringt dem Militärkoch die haute cousine bei und schmeichelt ihm
ständig. Indes bleiben zu Hause Versuche, über die Justiz oder Kirche etwas über die
Verschwundenen zu erfahren, erfolglos; hingegen gelingt es den regionalen Guerilleros, den
Ort der Gefangenen ausfindig zu machen und ihre Befreiung vorzubereiten; die gelingt
wiederum über ein alkoholisches Festmahl, wo mit angeblich aus Kartoffeln selbst
gebranntem Wodka die ganze Wachmannschaft narkotisiert wird.
Bekannte Stars wie Harvey Keitel, Angela Molina, Jorge Perugorria spielen mit; der
Streifen ist recht unterhaltsam und manchmal spannend; er hinterläßt jedoch einen
zwiespältigen Eindruck und regt zu einer kontroversen Diskussion an: verharmlost der Film
nicht den Schecken der faschistischen Diktaturen ? Kann man wirklich mit Witz, erotischen
Lagerfeuergeschichten und etwas Schnaps dem Schecken entkommen ? Werden da nicht die
wahren Opfer verhöhnt ?
Oder ist es eine beissende Satire auf die Dummheit der Militärs, der Hoffnung macht ?
*** sehenswert, aber zwiespältig
Nun wären zwei weitere Filme auf dem Programm gestanden, wenn ich nicht gebeten worden
wäre, auch am Rahmenprogramm teilzunehmen. Cine Tirol führte uns die Bergwelt ob des
Seefelder Plateaus, mit einem vom Traktor gezogenen Züglein fuhren wir die Begwege hinauf
auf eine Hütte, wo wir mit Wahnsinns-Portionen Schnitzel und Kaiserschmarren verwöhnt
wurden. Danke nochmals!
So blieb dann etwas Zeit auch einen Film der Retrospektive anzusehen, die Jean Rouch
gewidmet war, bei dem o.a. Ausflug erwies er sich als geselliger alter Mann, der sogar die
Internationale anstimmte, alle sangen mit, nur der kubanische Vertreter nicht (!)...
La rêve plus fort que la mort
war ein schwer verständliches ethnographisches Werk aus Niger, nicht nur, dass die
westliche und afrikanische Kultur zusammenprallen, auch die alten Griechen und ihr
klassisches Theater wurde integriert... Jedenfalls gut fotografiert !
Ich kenne mich da zu
wenig aus, um einen Kommentar abgeben zu können.
Den Abschluss bildeten nun zwei kubanische Kurzfilme (mit westlicher Hilfe gedreht), Te Quederás zeigte das Leben in Havanna, die Macht der Liftfrau, das Schlangestehen und die Informationen über Radio Reloj, wo jede Minute die Zeit angesagt und Nachrichten verlesen werden.
Der in deutsch gedrehte Film "Engel" zeigte eine schöne Frau und ihre mysteriösen Beziehungen, sie verführt einen Jungen und stürzt mit ihm in den Tod...
A festa de Margarette, Renato Falco, BRAS/USA 2002
war von der Idee her vielversprechend: ein Stummfilm in schwarzweiss, nicht einmal mit
Zwischentiteln, aber mit zeitgen. brasilianischer Musik im dolby Sound untermalt. Eine
riesige Familie lebt in einer Hütte abseits der Stadt. Als der Ernährer seinen Job in
der "Autofabrik" verliert, bekommt er eine riesige Abfertigung, die er gleich in
schicke Kleider, Taxifahrten und teuren Restaurants umsetzt; auch ein Fest für alle zu
Hause ist natürlich geplant, trotz des plötzlichen und scheinbar nicht versiegenden
Reichtums wird er unmissverständlich mit den Problemen des Landes konfrontiert, von
Strassenkindern bis zu korrupten Polizisten....
*** sehenswert und witzig, leider wird der Film gegen Ende eher wirr als analytisch
Kurzum ein netter Tag, aber ohne wirklichen sensationellen filmischen Höhepunkt...
4. Tag - Samstag
L´Afrance (Alain Gomis, F 2001)
Der handwerklich miserable Streifen (der gute Mann soll Licht messen und scharf
stellen lernen!) und teils mit Amateurvideo gedrehte Film behandelte das Thema, dass
trotz aller Vorsätze viele Studenten aus Afrika nach dem Studium in Europa nicht mehr
nach Hause zurück kehren wollen; wenn sie es in den Ferien versuchen, fühlen sie sich
schon als fremde Ausländer im eigenen Land, der Luxus des Westens geht in ab, das Essen
im Busch schmeckt ihnen nicht mehr etc. und oft haben sie auch eine Freundin im Westen,
obwohl zu Hause eine junge Frau hoffnungsvoll auf den Jungakademiker wartet; außerdem
würde das Land dringend intellektuellen Nachwuchs benötigen..
El Hadj studiert in Paris und wird, obwohl seine Aufenthaltsbewilligung erst vor 6 Tagen abgelaufen ist, recht unsanft verhaftet und interniert. Er kommt zwar vorübergehend wieder frei und überlegt auch eine Heirat mit einer Französin als einzige Rettung aus dem Dilemma; um zu illegalen Papieren zu kommen, arbeitet er auf dem Bau, eine Arbeit die er nicht gewöhnt ist; doch die Konflikte eskalieren eher.
Leider kann man den Film auch als Beweis dafür herholen, am besten keine Ausländer mehr herein zu lassen, da es sich ja alle nur hier bequem machen werden und nie mehr zurückkehren wollen..
0 Punkte, da die +2 Punkte für das Thema durch die -2 Punkte für handwerklichen Dilletantismus aufgewogen wurden.
Araïs Al-Teïin (Poupées d´argile)
Nouri Bouizid, Tunesien, F, MA 2002
Der einzige wirklich gute Film und mit Abstand der beste, den ich gesehen hatte, war dieser tunesische Film über Kindersklaven, ein Thema, das ja auch bei uns durch "die Schwabenkinder" wieder ins Bewußtsein gerückt ist.
Omrane kommt mit einem ärmlichen Gefährt in die Dörfer und "kauft" den
Eltern die Kinder ab; diese vertrauen ihnen, die bestmögliche Arbeit zu finden und bald
von den Kindern finanzielle Unterstützung gegen ihre Armut zu bekommen. Nur eine Mutter
klagt an, von ihrer Tochter nie mehr etwas gehört zu haben... Er führt die Mädchen, zum
Teil noch verspielte Kinder, nach Tunis, wo sie in reichen Familien als "Mädchen
für alles" eingesetzt werden.
Die kleine Feddha flüchtet von ihrem Arbeitsplatz und stößt auf die schöne Rebeh, in
die Omrane verliebt ist. Doch dieser sperrt sie in der völlig verdreckten Wohnung ein,
während er sich allabendlich besäuft. Feddha und Rebeh versuchen mehrfach zu flüchten
bzw. andere Arbeit zu suchen, z.T. im Rotlichtmileau..., und immer wieder kreuzen sich
ihre Wege.
Der auf echtem 35mm Film gedrehte und meisterhaft fotografierte Film war der einzige,
dem ich nun **** verleihe! Botschaft, Aussage und Umsetzung werden kongenial erzählt...
(PS.: auch alle Jurys waren dieser Meinung!) s.Preise.
11´09"01 - September 11
11 RegisseurInnen aus 11 Ländern hatten de Aufgabe, einen Film von 11 Minuten, 11
Sekunden und 1 Kader zu drehen, das Thema im weitesten Sinne war der 11.11.01 der Tag des
Angriffes auf die Twin Towers in NY. Der Film wurde 2002 in Venedig vorgestellt und
kontroversiell diskutiert.
In der Tat sind die einzelnen Beiträge höchst unterschiedlich; mir gefiel jener von
Claude Lelouch aus Frankreich am besten, wo eine gerhörlose Frau böses ahnt und das Ende
ihrer Liebesaffäre zu einem Gehörlosenguide befürchtet; sie merkt nicht, was passiert,
doch er kehrt staubbedeckt zurück - als Überlebender.
Der wichtigste Beitrag war sicher jener von Ken Loach, der daran erinnert, dass ebenfalls
an einem 11.9. im Auftrag des CIA der demokratisch gewählte Präsident Chiles, Salvador
Allende geputscht wurde und mind. 17.000 Menschen in Chile gefoltert und ermordet wurden,
überhaupt sind seit dem 2 Weltkrieg bereits 4 Mio. aufgrund der Politik der USA ums Leben
gekommen:Vietnam, Osttimor, Chile, Salvador, Kongo usw.
Sehr experimentell (weitgehend Schwarzfilm mit Tonkollage) war der Beitrag Mexikos, und
originell auch jener von Idrissa Ouedaogo aus Burkina Faso, der schon zu Eröffnung
gezeigt wurde.
*** In der Summe recht interessant und vielseitig, teilweise auch US-kritisch.
Am heutigen Tag der Sonnwende - die Berge rund um Innsbruck waren von Sonnwendfeuern
erleuchtet, gab es eine Filmparty am Baggersee, die sehr unterhaltsam war.
5. Tag, Sonntag Morgen:
Ticket to Jerusalem
Rashid Masharawi, Palästina 2002
Der in arte schon gezeigte (!) Film war der einzige, dem man verzeihen konnte, dass er mit
einer kleinen handlichen Videokamera gedreht wurde und somit nur von begrenzter
Filmqualität war, immerhin der Ton war digital.
Jaber betreibt in den von Israel besetzten Gebieten ein Wanderkino. In einem schon
betagten Jeep transportiert er den schweren 35mm Projektor von Ort zu Ort, um Groß und
Klein mit den Filmen zu erfreuen, immer wieder neue Sperren und Checkpoints der Israelis
machen jede Aufführung zum Lotteriespiel, und wenn das alles klappte, gibt es auch Strom
oder werden die Gäste aus Angst vor Bombenangriffen in die Bunker getrieben ? Er läßt
sich von einer Lehrerin überreden, auch in Jerusalem eine Aufführung zu machen, was ein
äußerst riskantes Unterfangen wird, weil die jüdischen Siedler immer aggressiver jeden
Platz und jedes Haus beanspruchen.
Pannen an Auto und Projektor tun noch das ihre dazu, doch Jaber läßt sich nicht
abbringen.
Ein wunderbarer Film über einen Idealisten für den Film, der sehr viele Informationen
und spontane Bilder über das Leben in den Palästinenserlagern vermittelt.
*** tolles Thema und informativer Background, aber nur in Videoqualität
Nach diesem Film entschloss ich mich zur Heimreise, um so mehr ich einen Mitfahrer
gefunden habe....
Samstags hat sich die Jury (Andrea
Maria Dusl – A, Karl Saurer – CH, Idrissou Mora Kpai – BENIN, Eduardo del
Llano Rodriguez - KUBA, Paulo Roberto de Carvalho – BRA) nach
ausgiebig-kritischem Film-Marathon, für den Gewinner des Internationalen
Wettbewerbes – und damit des Filmpreises des Landes Tirol (5.000 Euro) -
entschieden, und zwar für
ARAÏS AL-TEÏN
("Poupées d’Argile/Puppen aus Ton", Regie: Nouri Bouzid, Tunesien/Frankreich/Marokko 2002). Die Begründung des Jurypräsidenten Karl Saurer: Eine besondere Erwähnung der Jury fand zudem
FARISHTAY
KIFTI
ROST ("Angel on the
Right", Regie: Djamshed Usmonov,
Frankreich/Italien/Schweiz/Tadschikistan 2002). Mit den Worten der Jury: "Mit erzählerischer Wucht, cinematographisch
konzise und eindrucksvoll inszenierte Djamshed Usmonov eine Geschichte aus
seinem tadschikischen Heimatdorf. Die differenzierte Zeichnung komplexer
Charaktere wird von einem hervorragenden Ensemble an Schauspielern und
Laiendarstellern präzise und nuanciert umgesetzt." ARAÏS AL-TEÏN wusste zu überzeugen – auch die Publikumsjury
(Preis des Stadtmagistrats Innsbruck mit 1.000 Euro) favorisierte den Film,
vor L’AUTRE MONDE (2.) und ANGEL ON THE RIGHT (3.). ... alle für einen! Festivalleiter Helmut Groschup zeigt sich über den Erfolg von ARAÏS
AL-TEÏN begeistert: "Man stelle sich diesen Film als ,LA STRADA´ in Tunesien
vor – junge tunesische Schauspieler auf den Spuren von Anthony
Quinn/Zampano." Begeistert ist er auch über das Publikum: Das Innsbrucker
LeoKino scheint aus allen Nähten zu platzen, ist "zu klein" – mit einem
neuen Zuschauerrekord ist zu rechnen! |
|
Innsbruck, 21.6.03 |
somit waren sich sowohl die
professionelle Jury als auch die Publikumsjury mit mir einig -
ARAÏS AL-TEÏN
ist der beste Film des Festivals !
Auflösung
Leider war das Omen wahr - seit vielen Jahren gehe ich nun schon auf das Innsbrucker
Festival und lobte es stets als eines der Besten - doch diesmal war das Niveau der Filme
so schlecht wie noch nie - nur ein wirklich hervorrragender Film !
Natürlich müssen wir allen danken, die überhaupt noch einen Empfang finanzieren,
aber lieber ein wenig schickes Lokal, dafür etwas mehr zum Essen... (und
meine Kritik am Buffet war ja nur ironisch gemeint, schließlich hat Helmut immer
was Feines zum Essen organisiert ...).
Und ganz wenig aus Lateinamerika, bzw. das nicht einmal brandneu.. dafür Bollywood ! Wer
ausgezogen ist wie ich, um den Kitsch aus Hollywood zu bekämpfen, der ist verstört - der
Bollywood ist Hollywood zum Quadrat, noch kitschiger, noch prüder, noch kommerzieller !