Solothurner Filmtage 2005:
24. - 30.1.05
Mehr Spielfilme und mehr Humor
von Dr. Urs Volkinger

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Eines hat sich in der diesjährigen Solothurner Filmtage gezeigt: die Schweizer Spielfilmemacher haben den Humor entdeckt. Waren früher die Filme eher den tragischen Themen gewidmet, so sind in diesem Jahr die Filme eher lustig und gut unterhaltsam. Dass auch diese Sparte des Films verschiedenes bieten kann haben die fünf Tage des Festivals gezeigt. Der geradlinige Spielfilm von Dani Levi ‚Alles Zucker’ zeigt uns eine gut Komödie auf den bewährten Fundamenten der Gegensätze und Missverständnisse, der Film von Clemens Klopfenstein, ‚Vogelpredigt oder Das Schreien der Mönche’, ist ein sehr eigenwilliger amüsanter Film, der vor allem von den beiden Protagonisten und der Eigenart des Deutschschweizerischen lebt und schlussendlich der mit schwarzem Humor durchtränkter Film von Niklaus Hilber , Chaos & Cadavers’.

Die Qualität der gesehnen Kurzspielfilme war dieses Jahr nicht berauschend. Es fehlte an Originalität, Dynamik, Experimentierfreudigkeit und vor allem an Idealismus. Einzig der Film La Fidanzata von Petera Bionda Volpe konnte mich überzeugen.

Die Trickfilme waren dieses Jahr etwas durchzogen. Beeindruckt hat mich vor allem der Trickfilm „L’Homme sans Ombre“ von Georges Schwizgebel, der wahrscheinlich ohne Hilfe eines Computers gedreht wurde. Es hat sich auch in dieser Ausgabe der Solothurner Filmtage gezeigt, dass der Computer in der Herstellung eines Trickfilmes an Wichtigkeit gewonnen hat. Dies führt natürlich dazu, dass die zeichnerische Handschrift des Machers verloren geht. Daher ist es nicht erstaunlich, dass die Trickfilme „Hang Over“ von Rolf Brönnimann und „A Strange Affair“ von Nadia Stohler von der Aufmachung her sich einander ähneln.

 

Bei der Verleihung des Schweizer Filmpreises 2005 wurden folgende Filme prämiert:

Bester Spielfilm

„Tout un hiver sans feu“ von Greg Zglinski

Bester Dokumentarfilm

„Accordion Tribe“ von Stefan Schwietert

Bester Kurzfilm

„Chyenne“ von Alexander Meier

Beste Hauptrolle

Roeland Wiesnekker im Film „Strähl“

Beste Nebenrolle

Johanna Bantzer im Film „Strähl“

Licht und Kamera.

Filip Zumbrunn im Film „Strähl“

Bester Animationsfilms

“Un’altra città” von Carlo Ippolito


 

Hier die Bewertung von Urs über die gesehenen Filme:

 

La Fidanzata, Kurzfilm von Petra Biondina Volpe

Lolo und sein geliebter Manuel wollen ihr einjähriges Jubiläum feiern. Doch bevor überhaupt die Feier in Lolos Wohnung starten kann, tauch seine Mutter auf. Sie weißt noch nichts von den Vorzügen im Liebesleben ihres  Sohnes. Auch kommt sie nicht auf die Schliche als Lolo ihr den Freund vorstellt, da der sich für den Anlass als Sophia Loren verkleidet hat und ihr als Manuela vorgestellt wird. Die Mutter scheint glücklich über die lang ersehnte Partnerschaft ihres Sohnes zu sein.  Sie erfährt die Wahrheit, als sie durch das Schlüsselloch dem stöhnenden Treiben des Paares zusieht.

Ein origineller Film von Petra Biondina, mit viel Spass. ***


 
Wackelkontakt, Kurzfilm von Ralph Etter

Sibylle und ihr Bruder leben bei ihrer Grossmutter, die durch ihr alter an Gedächtnisstörungen leidet (der Wackelkontakt). Sibylle ist auch bewusst, dass das Sozialamt über ihre Verhältnisse zu Hause bescheid weiss, und dass in Folge einer Verschlechterung, sie und ihr Bruder in ein Heim gesteckt werden. Mit allen Mitteln versucht Sibylle die eher missliche Situation zu Hause zu verstecken. Bei einem Besuch greifen Bürgermeister und die Leiterin des Sozialamtes ein.

Der Film ist ein Erstlingswerk von Ralph Etter. Ich hatte etwas Mühe mit dem Film, weil die Geschichte mir eher verschwommen vorkam und beim Zusehen mir die Frage stellen musste, was der Film eigentlich sagen möchte. *


 

Hang Over (Kater), Kurz-Trickfilm von Rolf Brönnimann

Am Morgen nach einer lauten und  langen Partynacht möchte der Hund des Partyveranstalters auf sein Frühstück nicht verzichten. Als er seine Schale leer vorfindet, versucht er zuerst seinen Besitzer aufzuwecken. Der ist nicht richtig wach zukriegen und die Nachwehen des Festes, der Kater, machen ihn arg zu schaffen. Verzweifelt sucht der Hund nach Nahrung und findet dann endlich eine Dose Hundenahrung. Um an die Nahrung ranzukommen muss er einen Dosenöffner finden, der leider zuoberst, kaum erreichbar, auf einem Turm von ungewaschenem Geschirr liegt. Das Kater-Teufelchen, das inständig mit einem kleinen Hammer auf den Kopf des Hundebesitzers einschlägt, bemerkt die verzweifelte Situation des Hundes und beginnt mit ihm ein Hund-Katz-Spiel, welches für den Hund schlecht endet: Die Hundenahrung verschlingt am Ende das Kater-Teufelchen selbst.

Unterhaltsamer Trickfilm. Die Geschichte ist originell, allerdings fehlt in der zeichnerischen Ausführung die ‚Handschrift’ des Machers; die Generierung des Zeichentrickfilms via Computer drückt, nach meiner Meinung, zu stark durch. **  


  

Herr Würfel, Kurztrickfilm von Rafael Sommerhalder

Herr Würfel ist ein besonderer Mann. Nach einem grossen, von ihm verschuldeten Unfall in seiner Kindheit, ist er Vollweise geworden. Seitdem entscheidet bei ihm nicht mehr der Bauch sondern der Kopf. Weil Kopfentscheide etwas länger brauchen, da sämtliche Möglichkeiten in einem akribischen Überlegungsprozess durchdacht werden müssen, steht  Herr Würfel jeden Tag um vier Uhr morgens auf. Denn er muss sich entscheiden, was er anziehen und wie er Frühstücken soll, und ob ein Regenschirm gebraucht wird. Doch eines Tages, trotz Vorwarnungen des Bauches zu Hause zu bleiben, wird Herr Würfel von einem herunterstürzenden Piano um sein Leben bedroht. Inner einer Sekunde muss Herr Würfel sich entscheiden, ob er nach links oder nach rechts, nach vorn oder nach hinten ausweichen soll. Dieser Entscheidungsprozess dauert zu lange um von der Gefahr ausweichen zu können, so dass Herr Würfel vom Piano erschlagen wird.

Eine guter Trickfilm, der von der Schweizerischen Trickfilm Verband Prämiert wurde. ***


  

L’Homme sans Ombre, Kurztrickfilm von Georges Schwizgebel

Ein Mann tauscht seinen Schatten gegen Reichtum ein. Doch diesen Tausch bringt ihm nicht den Erwünschten Erfolg: Dem reichen aber schattenlosen  Mann wird mit Misstrauen begegnet. Der Magier, der ihm den Tausch ermöglicht hat, ist nicht bereit ihm seinen Schatten zurückzugeben, gibt ihm aber Siebenmeilenstiefel. Mit diesen Stiefeln reist er um die Welt, auf der Suche nach einem Ort der Annerkennung. Den findet er im Orient bei einer Schattentheatergruppe. Bei ihnen spielt er die kartonartigen Schattenfiguren, ohne dass er selbst einen Schatten auf die Leinwand wirft.

Der Film besticht, nebst der schönen Geschichte, an seiner Gestaltung. Er ist (wahrscheinlich) ohne Hilfe eines Computerprogramms gedreht worden. Erstaunlich gut sind die Perspektiven und die Drehungen der Blickwickeln herausgekommen. Daher **** für echte Arbeit und unverkennbare Handschrift des Machers.


 
Alles auf Zucker, Spielfilm von Dani Levi (35 mm Film)

http://www.zucker-derfilm.de

Die Brüder Zuckmeier sind seit Jahrzehnten verkracht. Jakob, Jaeckie wie ihn andere nennen, ist ein berühmter Billardspieler und Lebemann und lebt im ehemaligen Ostteil, sein Bruder Samuel, der etwas strenggläubige Jude, im Westteil Deutschlands. Die beiden Brüder wurden damals beim Mauerbau auseinandergerissen. Beide haben heute eine Familie und beide stehen bis zum Kopf in Schulden. Doch da stirbt ihre Mutter und die beiden erhoffen sich eine grosse Erbschaft, das lang ersehnte Geld zur Tilgung der Schulden. Die Mutter stellt aber in ihrem Testament eine Bedingung: Die beiden Söhne müssen sich versöhnen und sieben Tage nach jüdischem Gebrauch zusammen Totenwache abhalten; sonst fällt die Erbschaft an die Glaubensgemeinschaft. Nach einer turbulenten Woche scheinen sich die Brüder im Spital doch noch zu versöhnen. Nach einem Herzinfarkt und Kreislaufzusammenbruch scheint es die einzige Lösung zu sein, um das Geld zu bekommen und um die Gesundheit wahren zu können. Leider stellt sich dann heraus, dass Mutters Kontostand eine runde Null aufweisst. Optimistisch meint der Rabiner, der die Familie während diesen schweren Tage begleitet hat, das ihre Mutter wenigstens keine Schulden hinterlassen hatte.

Ein gelungener Film von David Levi. Der Film wird mit viel Witz und Humor begleitet. Auch sind die schauspielerischen Leistungen zu Loben, besonders die vom Hauptdarsteller des Jakobs.
Ein toller Spielfilm der Sparte Unterhaltung (sei hier nicht abwertend gemeint!) ***


  

Ricordare Anna (Sich an Anna Erinnern); Spielfilm von Walo Deuber (35 mm Film)

Als der Vater von der verstorbenen Anna wegen Restrukturierung im Betrieb entlassen wird, geht er auf die Wahrheitssuche über den Tod seiner Tochter. Bei dieser Suche erscheint einige Male die verstobene selbst und hilft ihrem Vater wegweisend.

Die Wahrheitssuche beginnt Mitte der achtziger Jahre bei den Krallen in Zürich. In dieser Zeit schliesst seine Tochter als beste Diplomandin in Romanik ab und bekommt von der Hochschule das Angebot eine Doktorarbeit zu schreiben. Zur Entrüstung des gutbürgerlichen Vaters (Matthias Gnädinger) lehnt sie das Angebot ab und schliesst sich an den Ideen der damaligen Bewegung an, reisst von zu Hause aus und unterrichten, nach antiautoritären Prinzipien, Kinder an einer Schule in Sizilien. Dort lernt sie ihren Freund und späteren Mann, Salvo, kennen. Was Anna erst später erfährt ist, dass Salvo ein Fixer und an Aids erkrankt ist. Nach der Geburt ihrer Zwillinge erkrankt auch Anna an Aids. Die Krankheit zerrt nicht nur sie ins Grab, sondern auch ihre Zwillinge. Annas Vater ist zu dieser Zeit nicht fähig mit einer solchen Situation umzugehen, die an seinen Grundstrukturen vom gut bürgerlichen Leben rüttelt. Nach dem Tod Annas verstöss er seinen Schwiegersohn. Auf der Wahrheitssuche, die ihn auch nach Sizilien führt, muss er verstehen lernen, dass für den Tod der Tochter kein schuldiger gefunden werden kann, dass eigentlich Anna ihr Leben in vollen Zügen genossen hatte, und dass Zufälle und Umstände, die in dieser verrückten Zeit eingebettet waren, zum Auslöschen von Annas Leben und ihrer Familie geführt hat.

Ein sehr einfühlsamer Film, der die Tragik dieser Familiengeschichte gut und am Ende doch etwas zu schnulzig wiedergibt. ***


  

Lücken im Gesetz; Spielfilm von Christof Schertenleib (Video)

Ein schweizer Wildwestfilm! Der junge, aufbrausende Krattinger baut im Kanton Fribourg Hanf an. Da sich jedes Jahr die Anbaufläche erhöht, schreitet die Justiz des Kantons ein um Krattinger einen Riegel zu schieben. Krattinger wehrt sich und sein Anwaltsbüro übergibt den Fall der frisch diplomierten und ehrgeizigen Lisa Zürcher. Lisa merkt sehr schnell, das in der fribouger Justiz für diesen Fall die Korruption stark mitspielt, und dass die Gesetze für den Hanfanbau sehr unklar sind. Nach harten Auseinandersetzungen mit der fribourger Justiz und dem unermüdlichen Einsatz von Lisa, wird Krattinger von allen Anschuldigungen vom Bundesgericht freigesprochen.

Lücken im Gesetz ist ein sehr lebhafter und lustiger Film. Die Hauptdarsteller, die ruhige und gescheite Lisa und der starke und aufbrausende Krattinger, bilden die Kontraste und Gegenpole in diesem Film. Beide spielen ihre Rollen oskarverdächtig! 
Nur schade, dass dieser Film auf Video gedreht wurde. Neben der gut und unterhaltsam inszenierten Geschichte zeigt der Film auch die schöne Stadt Fribourg und das satte Grün der Landschaft. ***


  

Chaos & Cadavers, Spielfilm von Niklaus Hilber (35 mm Film)

http://www.chaosandcadavers.com

Rabenschwarzer, britischer Humor made by Switzerland (der Film wurde vom Schweizerregisseur in England gedreht)!

Unglaublich. Der naive und umständliche Eduard verbringt mit der Heiratsschwindlerin Samantha die Flitterwochen auf einem Schloss und zwar just zu dieser Zeit, als der nationale Verband der Totengräber, Bestatter und Einbalsamierer ihre jährliche Tagung haben.  Eduard ist ein Mann mit krankhafter Angst vom Tod. Als er von der Konferenz erfährt möchte, er das Schloss verlassen, aber seine Frau fordert ihn zum Bleiben auf.

Bei der Konferenz werden nicht nur Erfahrungen mit einem Unterton von Humor ausgetauscht, sondern auch die neusten Errungenschaften an Geräten und Methoden der Leichenkonservierung und –bestattung gezeigt und vorgeführt. Dass dabei der uns so bekannte Respekt vor den Toten den Mitgliedern dieses Verbandes durch ihre Berufausübung abhanden gekommen ist, dürfte wohl klar sein.  Als noch der Präsident des Verbandes seinen Rücktritt aus Altersgründen ankündigt, kommt die Geschichte dieses Films erst recht ins Rollen. Dabei schreckt ein Totengräber nicht vor unorthodoxen Methoden ab um sich den leeren Pärsidentenstuhl zu erobern. Der schusslige Eduard verwickelt sich dabei, ohne es zu wollen, in die Geschehnisse dieser Konferenz.

Der Film ist rabenschwarz, makaber, schief, schrill, skurril und humorvoll. Niklaus Hilber hat einen Film gedreht, der noch britischer als der britischer Humor ist. Ein Seiltanz zwischen dem Horror-, Kriminal- und Humorfilm und dem Geschmacklosen. Eine Anlehnung an Rocky Horror Picture Show schimmert hingegen etwas durch.
Trotzdem volle Sternezahl, da er des weiteren auf 35mm gedreht wurde.****


   

Vogelpredigt oder Das Schreien der Mönche, Spielfilm von Clemens Klopfenstein (Video, blowup 35mm Film)

http://www.dievogelpredigt.com/

Ein typischer Klopfensteinfilm, der wahrscheinlich nur in der deutschen Schweiz verstanden wird und daher nur in dieser Region gezeigt werden kann. Denn der Film lebt vor allem durch die Sprache und durch die beiden Deutschweizer ‚Schauspieler’ Polo Hofer und Max Rüdlinger.

Max möchte eine Fortsetzung des vor einigen Jahren gedrehten Films „Das Schweigen der Männer“ drehen. Dazu suchen Max und Polo den Filmregisseur Klopfenstein in Italien auf, der in einem abgelegenen Ort in einem heruntergekommen Haus lebt. Max erzählt dem Klopfenstein seine Vision für den neuen Film, der durch ganz Afrika führen soll, und  in dem er sich, Max, in eine Afrikanerin verknallen darf, ganz nach dem Motto Sex and Crime. Klopfenstein hält nichts davon. Ihm laufen solche Filme zuwider. Hingegen schlägt er Probeaufnahmen für einen franziskanischen Film vor, für den er schon seit längerer Zeit ein Drehbuch geschrieben und bis jetzt die finanziellen Mittel zur Verwirklichung nicht gefunden hat. Die beiden stimmen zu. Doch bei den Probeaufnahmen wird Klopfenstein von einem Wolf angegriffen und bleibt unauffindbar.

Der Film ist unterhaltsam humorvoll und ist der Kategorie eines Dogmafilms: mit Videocamera gedreht, mit vielen Improvisationen und Verzicht auf grosse Kulissen. Hingegen hat es Klopfenstein nicht geschafft, den Film so zu drehen, dass er auch ausserhalb der deutschen Schweiz verstanden werden kann.
Die Nachbarn im Norden finden den Film wahrscheinlich langweilig, da sie die typisch deutschweizerischen Feinheiten im Film nicht erkennen werden, und des weiteren eine Übersetzung ins Hochdeutsche überhaupt nicht machbar ist. *** in der deutschen Schweiz, # ausserhalb dieser Region.


  

Tout un hiver sans feu (Ein ganzer Winter ohne Feuer), Spielfilm von Greg Zglinski
(35 mm Film)

Der Bauer Jean und seine Frau Laure haben ihr Kind Marie beim Stallbrand verloren. Laure macht sich Vorwürfe, und ihre Schuldgefühle bringen sie an den Rand des Wahnsinns. Jean bringt Laure zur Behandlung ins Spital. Währendessen verkauft er sein Gut und nimmt eine Arbeit in einer Eisengiesserei an. Dort lernt er die Kosovoalbanerin Labinota kennen. Auch sie hat schreckliches im Krieg durchmachen müssen, und seit Kriegsende wartet sie auf die Rückkehr ihres verschollenen Mannes. Labinota hilft Jean seine Trauer über die verlorne Tochter zu überwinden und wieder die Freuden des Lebens zu geniessen. Auch Laure findet die Kraft zum Leben wieder, so dass ein Zusammenleben mit ihrem Mann wieder wahrscheinlich erscheint.

Ein durchwegs schöner Film auf gutem Filmmaterial. Die Geschichte entwickelt sich perfekt gradlinig ohne all zu grosser Zwischenfälle. Was ich persönlich an diesem Film vermisst habe sind Ecken und Kanten. Ein zu perfektes Werk in der Aufmachung! **


  

Accordion Tribe (Der Akkordeonklan), Dokumentarfilm von Stefan Schwietert
(Video, blowup 35mm Film)

Vier Akkordeonspieler und eine Akkordeonspielerin sind auf einer Konzerttour durch Europa. Die höchst eigenwilligen Akkordeonspieler stammen aus verschiedenen Ländern, und zusammen haben sie ein Musikprogramm vorbereitet, das ein Streifzug durch ihre verschiedenen Kulturen darbietet. Der Film zeigt die Musiker auf der Tour und geht ihren Wurzeln nach. Der Zuschauer erhält einen Einblick in ihr alltägliches Leben, über ihre Gedanken und ihr Verhältnis zur Musik.

Wer das Akkordeon nicht mag, sollte sich diesen Film nicht ansehen, denn ein grösserer Teil ist seiner Musik gewidmet. Einzig den Teil mit Maria, der Akkordeonspielerin aus Finnland, habe ich gut und anspruchsvoll gefunden. Auch der quirlige und blinde Akkordeonspieler aus Österreich hat dem Film etwas mehr Farbe gegeben. **


  

KussKuss, Langspielfilm von Sören Senn (35mm Film)

http://www.kusskuss-derfilm.de/

Die in einem Spital als Ärztin arbeitende Katja hätte beinahe die schwarz arbeitende  Algerierin Saida, in die Fänge der Polizei getrieben. Die junge Saida floh nach der Ermordung ihres Vaters aus ihrem Land. Deutschland ist eigentlich nur ihr Zwischenhalt um nach Schweden zu ihrem Cousin reisen zu können. Dafür braucht sie einen europäischen Pass, den ihr ein Schlepper versprochen hatte, wenn sie in einem Spital Deutschlands für eine gewisse Zeit als Raumpflegerin arbeitet.

Katja nimmt sich ihrer an und gibt ihr eine Unterkunft zu Hause. Aus Schuldgefühl, dass sie Saida fast der Polizei verpetzt hatte, versucht sie mit allen Mitteln ihr den europäischen Pass zu besorgen. Dabei schreckt sie nicht von einer Scheinheirat zwischen ihrem Freund Hendrik und der Saida ab. Was Katja nicht weiss, ist dass Saida und Hendrik schon vor der geplanten Scheinheirat ein Liebespaar geworden sind. Zwar sträubt sich Hendrik gegen diese Liebesbeziehung, aber er kann der Ausstrahlung Saidas nicht wiederstehen. Da die Papiere für die Heirat auf dem Amt vorerst nachgeprüft werden müssen, was eine längere Zeit beanspruchen wird, entscheidet sich Katja den Pass auf andere Wege zu bekommen, was ihr auch gelingt. Sie erfährt auch über die Liebschaft zwischen ihrem Freund Hendrik und der Saida. Erschüttert über diese Tatsache will sie Saida so schnell wie möglich nach Schweden schicken, Saida besteht aber darauf, dass Hendrik mit ihr mitkommt. Hendrik ist zwischen den beiden Frauen hin und hergerissen und geht am Ende leer aus.

Einer der interessantesten Beziehungsgeschichte an den Solothurner Filmtagen ohne in eine tiefe Melancholie zu verfallen. Erstaunlich ist, dass der Film der erste Langspielfilm von Sören Senn ist. Tolle Leistung! ***



vergleiche auch den Bericht von Walter Gasperi im "kultur-online"!
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