Bericht Solothurner Filmtage 2001
von Dr. Urs Vokinger

(Lektorin: Yi Wu)

Ambiente / Organisation
Die 36. Solothurner Filmtage fanden dieses Jahr vom Dienstag 23. Januar bis Sonntag 28. Januar statt. Wie üblich besuchte der FKC, vertreten durch unseren Obmann Norbert, Pauline vom Frauengetriebe und mich, die Filmtage vom Donnerstag bis Sonntag.

Dass nicht alles beim Alten geblieben ist, konnten wir schon bei der Ankunft am Festival erfahren. Die von der Festivaladministration gebuchte Unterkunft lag weit ausserhalb von Solothurn, etwa 10 km vom Zentrum Solothurns entfernt, in Bettlach bei Grenchen. Ein Shuttlebus ermöglichte ein Hin- und Herpendeln zwischen Bettlach und Solothurn im Stundentakt bis in die frühen Morgenstunden, vorausgesetzt, dass der Fahrer den richtigen Zeitplan erhalten hatte.

Mit einer besonderen Überraschung wartete das Festival am Sonntag auf, als wir die Hotelrechnungen bezahlen mussten. Statt den bisher üblichen 20SFr. pro Nacht, wurde uns der volle Preis der Übernachtungen verrechnet. Als wir uns dann bei der zuständigen Person des Festivals beschwerten, wurde uns die Hälfte der Hotelspesen zurück erstattet mit der Anmerkung, dass das Festival das Budget für die Unterkunftskosten drastisch gekürzt habe. Daher dürfen nicht mehr alle akkreditierten Personen auf eine Reduktion der Hotelspesen hoffen. Durch einen Administrationsfehler seien aber nicht alle betroffenen benachrichtigt worden.

Auch wurde gemunkelt, dass aus Platzgründen das Festival in eine grössere Stadt verlegt werden soll. In der Presse wurde der Name Luzern erwähnt. Ob es je einmal so weit kommen wird, ist fragwürdig, denn das schöne Städtchen Solothurn verleiht dem Festival einen besonderen Ambiance. Die Gerüchte sollten wahrscheinlich den Stadtpräsidenten auffordern, eine verbesserte Infrastruktur für das Festival bereitzustellen.

Auch im diesem Jahr gab es verschiede Sektionen am Festival: Fiktionen, Dokumentarfilme, Animationsfilme, Retrospektiven, Kurzfilme und Produktionen aus Filmschulen. Die Retrospektive wurde dieses Jahr Marcel Hoehn und seiner Produktionsfirma T&C Film gewidmet. Meinerseits widmete ich diese Jahr mehr Zeit für die Produktionen aus den Filmschulen, da wir für den Mai eine Auswahlschau der Solothurner Filmtage im Kino Madlen, Heerbrugg, planen.

KURZFILME

Bus-Stopp 99; Reto Caffi

Eine Gruppe von halbverschlafenen Personen wartet am Morgen um acht Uhr auf ihren Buss. Aber die rhythmischen Schläge von Meissel und Hammer von der nahe gelegenen Baustelle treibt sie zu einem spontanen Musizieren mit herumliegenden Gegenstände an. Die kalte eintönige Morgenstimmung wird mit vibrierenden Klängen, die stark an Sonne und Süden erinnern, erwärmt. Entsprechend ändert sich im Film auch die Farbabstimmung. Am Schluss gibt sogar noch der Kartenautomat seine Tickets rhythmisch aus...
Origineller Kurzfilm, passend für die momentane Jahreszeit. (****)

 

KURZFILME AUS FFILMSCHULEN

Broke; Benjamin Kempf; Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich

Broke ist ein fünfminütiger Film und zeigt die Reaktion eines älteren und eines jüngeren Brokers nach einem Börsencrash. Das ganze spielt auf einer Toilette. Der jüngere will sich nach dem Crash mit einem Revolver das Leben nehmen, hat aber keinen Mut dazu. Dem älteren hingegen ist der durch den Crash verursachte Verlust egal. Mit seiner aggressiven Art feuert er den jüngeren zu seinem Selbstmord an. Schliesslich erschiesst der jüngere Broker den älteren.

Ein gut gedrehter Kurzfilm, der von der schnellen Handlung und vom zynischen Gespräch lebt. (****)

The Flood; Simon Piniel; Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich

Ein Animationsfilm, wo ein Bösewicht unter der Erde mit seiner Maschine die Natur auf der Erdoberfläche zerstören will. Doch die Natur ist stark genug, sich zu wehren. Mit einem flutartigen Regenerguss vernichtet sie den Bösewicht und seine Maschine. Interessant in der Machart. (***)

Ely & Nepokum; Rafael Sommerhalder; Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich

Ely & Nepokum ist ebenfalls ein Animationsfilm. Der Junge Ely und sein Kater Nepokum haben die Freude am Spielen und an der Natur noch nicht verloren. Sie leben mitten in der Natur. Doch durch den Bau einer Strasse wird ihr harmonisches und geregeltes Leben gestört. Autofahrer mahnen die beiden an die scheinbare Gefährlichkeit ihrer Spiele und verderben ihnen somit den Spass. Doch die zuvor gefürchtete Schlange stellt ihnen wieder ihre alte Freude am Spielen und Natur her. Sehr einfach aber nett gedreht. (***)

Schneetreiben; Nicole Wangler; Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich

Ein sehr subtiler und stimmungshafter Film, der den Schnee in seinen differenzierten Eigenschaften zeigt: Schnee als schönes Naturereignis, Schnee als drohende Gefahr in den Bergen, Schnee als neutralen Forschungsgegenstand. (***)

Supernova; Bettina Oberli; Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich

Just am gleichen Tag, wo eine Supernova irgendwo im Universum stattfinden soll, heiratet Eva. Der Astrophysiker Klaus möchte die Supernova von seiner kleinen Sternwarte aus beobachten. Zufällig lernen sich die beiden an Evas Hochzeitstag kennen. Eva denkt nur noch an Klaus und an die Supernova, und Klaus denkt nur noch an Eva. Eva lässt die Hochzeit platzen und verbringt die Zeit der Supernova mit Klaus.

DOKUMENTARFILME

Do it; Marcel Zwingli, Sabine Gisiger

Der Film dokumentiert die Jugend von Daniele von Arb in den 70er Jahren. Mit sechzehn gründete er mit seinen Freunden in Zürich die revolutionäre Zelle. Während des Bestehens dieser Zelle war es ihm möglich, Kontakte zu allen weiteren revolutionären Zellen Europas zu knüpfen. Trotz dieser Kontakte hatte seine Zelle kaum einen Einfluss auf das politische Geschehen Europas. Die spektakulärste internationale (Un-)Tat war eine Lieferung von Sprengstoff nach Italien. Der amerikanische Geheimdienst CIA, der dieser Zelle den Codename 'Annebäbi' gab, hat wohl die Bedeutung der Zürcher Zelle überschätzt.

Daniele, der lachend über seine Vergangenheit schwatzt, verleiht dem Film eine besondere Frische. Hingegen fand ich, dass der Film etwas zu lang geraten war. (***).

Beginning Anew; Thomas Lüchinger

Der Dokumentarfilm zeigte die Reise durch China des französisch-vietnamesischen Zenmeister Thich Nhat Hanh und der buddhistischen Nonne Chan Khong. Auf die Einladung der Buddhisten Association of China besuchten sie zusammen mit einer Delegation von 182 Personen aus 16 Nationen, die wiederaufgebauten chinesischen Zenklöster. Die Reise fand kurz nach der Bombardierung der chinesischen Botschaft in Belgrad statt (Frühling 1999). Die antiwestliche Stimmung in China liess befürchten, dass es zu Anschläge auf die westliche Delegation kommen könnte.

Der Film dokumentiert das Zusammentreffen verschiedener Kulturkreise und gibt einen Einblick in die Klöster Chinas. Der Film wurde wahrscheinlich mit einer Videokamera gedreht und dann auf 35mm Film kopiert. Daraus lässt sich die schlechte Farbqualität des Films erklären. Der Dokumentarfilm ist etwas zu lange geraten, und es fehlt an einem Kommentatorstimme, die nützliche Hintergrundinformation liefert und den Zuschauer durch den Film führt. (**)

LANGSPIELFILME

Birthday; Stefan Jäger

Vier Freunde (zwei Frauen und zwei Männer), die sich nach Jahren an ihren 30. Geburtstagen wieder treffen. Geschwätziger Film von pubertierenden 30-jährigen. (hablan mucho, # 1 Ruhekissen)

Azurro; Denis Rabaglia

Azurro war eine Überraschung! Der 75-jährige Giuseppe reisste mit seiner blinden 7-jährigen Enkelin Carla in die Schweiz, um seinen ehemaligen Arbeitgeber um Hilfe zu bitten. Giuseppe brauchte Geld, um seiner Enkelin eine Operation zu zahlen, die ihr das Augenlicht wieder zurück gibt. Leider ist der Arbeitgeber in Konkurs geraten. Zufällig traf er in der Schweiz seinen ehemaligen Arbeitskollegen, mit dem er das Zimmer geteilt hatte. Der nun sehr wohlhabende Arbeitskollege kann ihm das nötige Geld für die Operation zur Verfügung stellen.

Ein sehr schöner und sanfter Film. Aus meiner Sicht ist die damalige Ausländerproblermatik etwas verschönert dargestellt. Eine tiefere Auseinandersetzung hätte wahrscheinlich den Fluss des Filmes gestört. Auch die typischen schweizerischen Vorstellungen über Italienern (halten zusammen, helfen einander, Mafia) sind im Film erkennbar eingeflochten. (****)

DANKSAGUNG
Vielen Dank an Yi für die Verbesserungsvorschläge.


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