Bericht vom 16. Internationalen Filmfestival Innsbruck
IFFI 6. -10.6.07
von Dr. Norbert Fink




Ausflug mit Cine Tirol in die Berge Tirols                                  Walter Gasperi und Kurt Hofmann im Gespräch mit einem Filmemacher


Ich sah in diesen Tagen folgende Filme in den unterschiedlichsten Kategorien:
 

ATOS DOS HOMENS -Das Tun der Menschen
Kiko Goifman, Brasil, D 2006, 75 Min FAZ

Unscharfes Amateurvideo.

Rio de Janeiro – die „cidade maravilhosa“ ist beim Blick von oben und von der Ferne in der Tat wunderschön, sei es beim Anflug, sei es vom Corcovado oder Pao Açucar, dass Rio im Innenleben der normalen Menschen auch seine Kehrseite hat, vor allem was die Kriminalität anbelangt, ist ebenfalls bekannt.

Die Baixada fluminense und Novo Iguaçu sind riesige Stadtteile, in denen 11 Mio. Menschen weitgehend in den  Favelas leben.

Der Doc versucht wertfrei aus der Sicht unterschiedlichster Menschen zu zeigen, wie (schwer) es sich da leben lässt. Auch werden keine Gewalttaten spektakulär gezeigt. Die Idee wäre an sich gut gewesen; doch auch wenn es klar ist, dass man in so gefährliche Gegenden nicht mit den besten Kameras gehen kann, ohne sein Leben zu riskieren, sollte ein Minimum an handwerklichem Können von einem Film auf einem Festival erwartet werden können. Außerdem fehlte jede Analytik und Dramaturgie. Nicht einmal der Widerspruch zwischen den Polizisten, die die Gangster bekämpfen (und oft auch ermorden) und jenen, die aus Armut, in diese Lage gedrängt werden, wird ordentlich herausgearbeitet. Am Schluss scheinen Namen auf, jene von den Todesschwadronen ermordeten Bewohner dieser Gegend.

### hochgradig ärgerlich. Zwar gut gemeint, vom Können her in jeder Hinsicht aber missraten und unter dem Niveau von guten Amateurvideos. So vertreibt man Latino-Fans aus dem Kino!



Habana - Arte nuevo de hacer ruinas - Die neue Kunst, Ruinen zu bauen

 

Havanna - Die neue Kunst Ruinen zu bauen

"Havanna - Die neue Kunst ..."

Deutschland 2006 - Regie: Florian Borchmeyer - Darsteller: (Mitw.) Antonio José Ponte, Nicanor del Campo - Fassung: span. O.m.d.U. - Länge: 85 min.

 

In stilvoll komponierten, mit dem Sound aus der Karibik der 50er Jahre unterlegten Bilder wird eine traurige Wahrheit gezeigt, vor der auch Kritiker Busch´s und Freunde Kubas die Augen nicht verschließen können: dass die wunderschöne Altststadt  von La Habana immer mehr zerfällt. Mehr noch: vielen Menschen bleibt nichts anderes übrig, als noch in einem verfallenen Haus oder Theater zu wohnen, ständig in der Gefahr, dass alles einstürzt, es hereinregnet, Wasserleitungen platzen, der Lift stecken bleibt oder gar die Kloleitung von jenen darüber leck wird.

An sich ohne Hass, aber doch mit permanent kritischem Unterton berichten die Bewohner von Ruinen von ihrem Leben darinnen, teils mit Melancholie, teils verwurzelt wie ein alter Baum. Mann`s „Tod in Venedig“ könnte genauso in Havanna spielen meint da jemand, unterlegt mit Mahlers Ersten: einerseits dekadent, andererseits morbid.

Dass der Film verschweigt, dass es durchaus Restaurierungsbemühungen gibt, macht ihn leider etwas politisch unkorrekt.

Rein filmisch aber – echtes 35mm – ist er im Gegensatz zum o.a. Film jedoch ein Genuss, ideologisch aber zu hinterfragen!


***1/2 Doku über fünf Kubaner, die in den Ruinen von Havanna leben. Beim Bayerischen Filmpreis als "Bester Dokumentarfilm" ausgezeichnet.

Der Film wurde zum Filmfestival Havanna eingereicht und abgelehnt, danach versuchte das Goethe- Institut ihn in die  "Werkschau des deutschen Films" im Rahmen des Havanna Film Festivals „einzuschmuggeln“. Da JEDES Filmfestival autonom seine Filme aussucht, ist es absurd, hier von Zensur zu sprechen, wie es die rechte und bürgerliche Presse dabei tat. Es ist einzusehen, dass ein Zusammenhang zwischen dem im Spital mit dem Tode kämpfende Fidel Castro und den zerfallenden Häusern zu diesem Zeitpunkt unpassend erschien.


 

CUM MI-AM PETRECUT SFARSITUL LUMII
(Comment j’ai fêté la fin du monde/Wie ich das Ende der Welt erlebt habe)

«Comment jai fêté la fin du monde»«Comment jai fêté la fin du monde»«Comment jai fêté la fin du monde»

Catalin Mitulescu, Rumänien, 2006

 

Rumänien 1090 in den letzten Tagen der Ceausescu Diktatur, weil Eva und ihr Freund beim Küssen eine Büste des großen Führers in der Schule zerstören (also aus ganz anderen als politischen Motiven), werden die beiden jungen Verliebten vom Gymnasium verstoßen und in eine Berufsschule heruntergestuft. Dort lernt sie den Dissidentensohn Andrej kennen. Er flüchtet über die Donau in den Westen, sie entschliesst sich auf halbem Wege doch in ihrer Heimat zu bleiben. Aber ihr siebenjähriger Bruder Lalalilu plant ein Attentat auf den Conductator, doch die Geschichte kommt ihm zuvor.

*** Gute schauspielerische Leistungen (prämiert in Cannes 2006) aber eine etwas brave Handlung und das Happy-End mit dem Sturz des Diktators lassen aus diesem neuen Trigon Film eine nette Schülerkomödie werden. Nettes und heiteres Feelgood Kino.

 

Festivals: Cannes 06 (Prix meilleure actrice, Un Certain Regard), Berlinale 07


  

La Antena
Argentinien 2007
Regie: Esteban Sapir, 35 mm, s/w, 90 min, OF mit engl. UT Argentinien 2007

Esteban Sapir aus Argentinien erzählt eine utopische Geschichte über die Allmacht der Medien. Das Thema des Films ist, dass den Menschen ihre Stimme weggenommen wird. LA ANTENA ist der Utopie und der Ästhetik des Stummfilms verpflichtet, die sich nicht nur auf METROPOLIS von Fritz Lang, auf die Werke Friedrich Wilhelm Murnaus, Sergej Eisensteins und Dsiga Vertovs beziehen, sondern auch neue oder alte verlorene technische oder fantastische Kategorien der Inszenierung des Stummfilms gekonnt umsetzen.

 

Ein schwarzweisser Fantasy-Stummfilm aus dem Jahre 2007? Ein Experimentalfilm ? Ja, das ist „die Antenne“! Ein Medienmogul erfand eine riesige Antenne, um die Menschen seiner Stadt zu manipulieren, es war ihm nicht genug, mit einem Monopol-Fernsehsender und der dazu gehörenden Einheitsnahrung die Bürger zu beeinflussen, er raubte ihnen die Stimmen! Nur eine seiner Sängerinnen seiner Mitternachtsshow, ein Junge ohne Augen und ein Mädchen hatten noch eine Stimme. Ein Fernsehmechaniker wusste, wie die perfide Maschine funktionierte. Als der Medienmogul den Menschen nicht nur die Stimmen, sondern auch noch die Worte rauben wollte, setzen sie die alte Antenne wieder in Betrieb und stören das Werk des Bösewichts. Dessen Schergen schauen aber auch nicht tatenlos zu. Interessant auch, dass alte sowjetische Symbole (CCCP-Raumfahrt)eingesetzt werden.

*** Verspielter, ambitionierter, manchmal naiver, manchmal spannender Fantasy-Film mit vielen Zitaten aus der Stummfilmzeit und seinen drastischen Stilmitteln. Manchmal natürlich sehr einfache Kulissen, teilweise handwerklich sehr gut gemacht .


 

Trigon´s restauerierte Kurosawa-Klasiker:

TENGOKU TO JIGOKU
(High and Low/Zwischen Himmel und Hölle)

Japan 1963, Regie: Akira Kurosawa, 35 mm, s/w, Cinemascope; eine Farbsequenz,143 min, OF mit dt. und frz. UT

 

Ein 2 ½-Stunden –Krimi aus dem Jahre 1963, ein Film mit drei markanten Abschnitten, fasziniert noch heute, kein Wunder, denn er stammt vom Altmeister Kurosawa.
Der erste Abschnitt spielt in Gondos Villa, der Vorstand der Schuhfabrik National streitet sich, ob sie von der traditionellen Linie, teure Qualitätsschuhe herzustellen abweichen sollen und auch einen billigen, modischen Schuh herstellen sollen. Gondo setzt sein ganzes Vermögen aufs Spiel, in der die Aktienmehrheit erwirbt, es kommt zum Eklat unter den Geschäftsmännern. Kaum sind diese weg, klingelt das Telefon – ein Verbrecher erklärt ihm, seinen Sohn entführt zu haben und fordert 30 Mio Yen Lösegeld. Doch plötzlich taucht sein Sohn auf, aber jener seines Chaffeurs ist verschwunden, die Buben hatten auch beim Spielen die Kleidung gewechselt.

Anfangs weigert sich Gondo für seinen Chaffeur das Lösegeld zu zahlen, als aber die verzweifelte Stimme des Buben am Telefon hört, lässt er sich erweichen und bestellt bei der Bank das Geld, wie vom Entführer gefordert.

Der zweite Abschnitt ist die Vorerhebung der Polizei und die Übergabe des Geldes. Aus dem fahrenden Expresszug soll aus dem einzigen kippbaren Klofenster das Geld auf einer Brücke hinausgeworfen werden.

Der dritte Abschnitt zeigt die Ermittlungen der Polizei, die Fahndung und Ergreifung des Entführers. Aus der Tatsache, dass der Täter in die Wohnung einsehen konnte und den Eisenbahn-Geräuschen beim Telefonieren wird der Täterkreis immer weiter eingegrenzt. Nach der einzigen Farbszene – die Farbkapsel im Lösegeld hat beim Verbrennen rosaroten Rauch aufgehen lassen – wird ein junger Assistenzarzt verdächtigt, beschattet und festgenommen. Aber sein Motiv war äußerst dünn: Neid, dass er unten in einer im Winter kalten, im Sommer sehr heissen Spelunke wohnen muss, während der reiche Fabrikant oben auf dem Berg im provokanten, klimatisierten Luxus lebt. Er nahm sich Drogenkranke als Komplizen, die er mit einer Überdosis Heroin danach ins Jenseits beförderte. Erst als dies alles nachgewiesen wurde und es somit zu einer Verurteilung zur Todesstrafe reichte, griff die Polizei zu. Kurz vor seiner Hinrichtung will der Täter dann noch Gondo sprechen….

 

**** Der zwar lange, aber immer spannende Film, zeigt viele Schwachstellen der japanischen Gesellschaft auf: die Männer als Haye und Rivalen im Geschäftsleben, der Gegensatz von Arm und Reich, die Unterwelt von Drogen (und die da tanzen natürlich Twist, was damals in Vorarlberg verboten war) und eine Entführung aus sehr niedrigen Motiven.


 

NASCENTE
Brasilien 2005, Regie: Helvécio Marins Jr., 35 mm, Farbe, 16 min, Ohne Dialog


Die ersten Bild sind noch unscharf und vielleicht wurde das Boot hineinkopiert, bald bekommen wir aber ein gestochen scharfes 35mm Bild zu sehen, ein Mann mit Bart friedlich auf einem Boot den Fluss dahin gleitend, manchmal rudert er etwas.
Er opfert seinen Hut den Fluten und am Schluss vielleicht sich selbst – denn am Ende des Filmes ist das Boot wieder leer.
Kein Geschwätz, nur das Pflätschern des Wassers begleiten uns in diese schöne, kaum bewohnte Gegend Brasiliens.
Produziert wurde der Kurzfilm von der äußerst kreativen Teia-Schmiede, einem Künstlerkollektiv aus Belo Horizonte.**

 
ACIDENTE (Zufall)
Brasilien 2006, Regie: Cao Guimarães und Pablo Lobato, Beta SP, Farbe, 72 min, Ohne Dialog


Das Video ist unbestritten bemüht, ästhetisch komponierte Bilder zu entwerfen. Wir sehen 20 Alltagssituationen und Landschaften aus dem brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais mit Originalton, ohne weiteren Dialog oder Kommentar. Ärgerlicherweise wurde es in 16:9 statt 3:4 projeziert und dadurch die Ästhetik verfälscht. *

 


OPTIMISTI  (The Optimists)
Serbien/Spanien/Schweiz 2006
Regie: Goran Paskaljevic, 35 mm, Farbe, 95 min, OF mit engl. UT


Nachdem mir dieser Regisseur schon zuvor in Innsbruck mit „Bure Burata“(Das Pulverfass) und „A Midwinter Nights Dream“ positiv aufgefallen war, wollte ich auch den letzten Teil seiner Serben-Trilogie sehen, die wieder handwerklich perfekt gemacht und voller schwarzem Humor ist. Es sind 5 Episoden über Menschen, die sich schwer tun, die Wahrheit von ihren Vorstellungen zu unterscheiden.
Ihnen gemein ist nur der Hauptdarsteller Lazar Ristovski.

1 – wir sehen von Fluten zerstörte Häuser, die Menschen wurden in eine Halle evakuiert. Ein Hypnotiseur taucht auf und demonstriert sein Können an einer Frau, die sich nachher sichtlich wohler fühlt. Danach versucht er mit der Cue-Methode der Autosuggestion allen Optimismus einzureden. Als plötzlich eine Jacke fehlt, wird er verhaftet und beschuldigt, die Situation der Massensuggestion ausgenutzt zu haben.

2- am eindringlichsten ist wohl jene Episode, als die hübsche Tochter eines Stahlarbeiters vom Chef des Vaters vergewaltigt wird, sich allerdings durch einen Biss in die Zunge des Täters wehren kann. Zuerst will ihr Vater sich mit dem Gewehr rächen. Letztlich bleibt Vater und Tochter nichts anderes übrig, als sich beim Täter zu entschuldigen, um nicht den Job zu verlieren.

3-in einem Spielcasino verspielt ein junger Mann das Geld, das er für die Beerdigung seines Vaters verwenden sollte, während eine alte Frau im Rollstuhl ständig gewinnt. Er will ihr System kennen lernen oder zumindest ihr Geld in einer Stiftung verwalten, doch auch hier kommt der Tod dem Wunsche zuvor.

4 – Ein Schlachthofbesitzer hat seinen Sohn so erzogen, dass dieser schon im Knabenalter wie bessessen Tiere tötet. Als der Schaden in der Nachbarschaft zu groß wird, sperrt sein Vater ihn ein und bittet einen auf Herzinfarkte spezialisierten Notfallarzt um Hilfe. Als dieser mit ihm aus seinem Verlies mit Videospielen ins Grüne spazieren geht, eskaliert die Situation.
5 – Jemand hat Blinden und anderen unheilbar kranken viel Geld abgeknüpft um zu einer vermeintlichen Wunderquelle zu fahren. Auf dem Weg mit dem Bus dorthin taucht die vermeintliche Polizei auf und verhaftet den Reiseleiter mit dem Geld, die Geprellten fahren weiter und suchen nach der Quelle. In einem schmutzigen Baggerloch wähnen sie die Rettung gefunden zu haben.

 

**** herausragend, Offenbar braucht es eine makabre Portion Optimismus, um in Serbien eine Zukunft zu erblicken.



LA FINE DEL MARE
Deutschland/Italien/Frankreich 2007
Regie: Nora Hoppe, 35 mm, Farbe, 108 min, OF mit dt. UT

Das Leben eines Zigarettenschmugglers verändert sich über Nacht, als er eine ungewöhnlich dimensionierte Fracht übernimmt. Es ist eine gekidnappte Frau, die Farbe in sein einsames Leben, ihn jedoch zugleich in Gefahr bringt. Todor, ein serbischer Schmuggler im italienischen Triest, verdient sein Leben mit dem Schmuggel von gefälschten Zigaretten. Er segelt hinaus bei Nacht und Nebel, um illegale Ladungen entgegen zu nehmen. Er muss die Frau verstecken, nachdem sie den Schlepper ermordeten, in einem Blindeninstitut, das bald abgerissen wird. Er besorgt ihr einen Pass und bietet ihr an, bei ihm zu bleiben und woanders ein neues Leben zu beginnen. Doch das organisierte Verbrechen rächt sich…

 

Gut gemachte, in desaturierten, kühlen Farben, leider etwas konstruierte Geschichte um eine Flüchtlingsfrau, die Triest strandet. Sowohl ihr Auftauchen – in einem Leichensack und Kiste, mehr tot als lebendig. ihr spektaktuläres Aufwachen und vor allem die Ermordung ihres Schleppers sind nicht ganz glaubwürdig. Viele politische Hintergrundinfos kommen extrem verdichtet als Stimme aus dem Radio.

*** Ein Film, der eine melancholische, traurige Stimmung hinterlässt und nichts an Dramatik vermissen lässt. Dennoch etwas konstruiert.


 


ZAPISKI PUTEVOGO OBKHODCHIKA
(Notes by a Trackman) Erinnerungen eines Streckenwärters
Kasachstan 2006
Regie: Zhanabek Zhetiruov, 35 mm, s/w in sepia, mono, 64 min, OF mit engl. UT

Die Fähigkeit von Blinden, die alles spüren, am bewährten Konflikt Moderne gegen Tradition auf die Probe stellen: Der blinde Großvater „hört“ alle unmerklichen Veränderungen an den Schienen, geht die Gleise ab und berät den Bahnvorsteher. Seine Arbeit soll von einem Computer geleistet werden. Zhanabek Zhetiruov macht aus diesem Konflikt einen spannenden, zeitlosen Film. Es geht vor allem um die Frage, wie die junge Generation solche Auseinandersetzungen angeht. In sepiafarbenen Tönen gehalten, entsteht so etwas wie ein Kazakh-Film-Modell, das sich von der filmischen Qualität alter Mikhailkov-Filme klar unterscheidet.


In sepia-getöntem Schwarzweiss und mit einer alter 35mm-Kamera aus dem 2. Weltkrieg um 10€ drehte Zhetiruov diesen Film. Er war als 26“ Kurzfilm gedacht, doch legte er noch etwas Geld aus eigener Tasche dazu und kaufte statt dessen SW-Film.
Erinnerungen an seine Jugendzeit, wo er in der nähe der kasachstanischen Eisenbahn lebte, inspirierten ihn zu diesem wunderschön altmodischen Film, der vor allem Eisenbahnfans in Verzücken ersetzt. Ein alter Mann kann Unregelmäßigkeiten am Geleise mit de Gehör besser beurteilen, als ein neuer Messwagen mit Computerunterstützung. Daneben läuft das Leben ab wie immer, die Kinder gehen zur Schule und die Frauen sind eiferfsüchtig, wenn die Männer nicht gliehc nach der Arbeit brav nach Hause  kommen.
*** netter Eisenbahnfilm -  Erhielt eine lobende Erwähnung !


 

KHADAK
Belgien/Deutschland/Niederlande 2006
Regie: Peter Brosens, Jessica Woodworth, 35 mm, Farbe, 104 min, OF mit engl. UT

Der Film erzählt die Geschichte von Bagi, einem 17-jährigen Hirtenjungen, der mit seiner Familie in der mongolischen Steppe lebt. Er sieht sich mit seinem Schicksal, Schamane zu werden, konfrontiert – ein Schicksal, das er nicht akzeptieren will. Als eine Viehseuche das Land überfällt, werden zwangsweise alle Herden in Quarantäne gebracht. Die Nomaden werden gewaltsam in Bergarbeiterstädte umgesiedelt. Bagi entdeckt, dass die Seuche nichts als eine Lüge war, um das Nomadentum auszurotten. Mit Hilfe der schönen jungen Kohlediebin Zolzaya gelingt es ihm, eine Revolution heraufzubeschwören.

Es beginnt mit einer Rückblende auf das Leben von Bagi´s Eltern: er war Postflieger und stürzte einmal ab. Dies wäre nicht passiert, so wird suggeriert, wenn er sein Schicksal akzeptiert hätte.
Bagi leidet an Epilepsie, seine Eltern, die in einer Yurte wohnen holen eine Schamanin, die ihn „behandelt“, „geheilt“ wäre er offenbar dann, wenn er selber zum Schamanen würde.
Doch plötzlich taucht das Militär auf, behauptet es gäbe eine gefährliche Tierseuche, und zwingt die Menschen in die Stadt zu ziehen und in einer Kohlenmine zu arbeiten. Als er auf eine rebellische Kohlendiebin stößt, ändert sich sein Leben und die beiden entfachen eine Rebellion für die Freiheit, denn das mit der Seuche war eine Lüge, um das Volk zu unterdücken.
Der wunderschön, aber plakativ gedrehte Film verliert durch sein esoterisches Geschwätz viel an Glaubwürdigkeit und die Aussage für die Freiheit und Unabhängigkeit geht dabei ziemlich (blaue Bänder) unter.

# esoterischer Schmarren, schön fotografiert!

 


VAVERAGROGH (Documentarist)
Armenien 2003
Regie: Harutyun Khachatryan, echtes 35 mm, s/w teilweise sepia, mono, 62 min, OF mit engl. UT

Ein Dokumentarfilmer reflektiert nicht nur seine eigene Arbeit, sondern auch die schwierige Situation seines Landes nach dem Zerfall der UdSSR. Er zeigt fröhliche und traurige Alltagssituationen, wie das Duschen mit der Gießkanne, eine Geburt, aber auch das Leben der Flüchtlinge und politischen Gefangenen, der Film benutzt wenig Worte, nur im Interview mit einem Strassenkind und dem Boss eines Gefängnisses, wird gesprochen. Gerade durch den sparsamen Gebrauch von Worten wirken diese viel kräftiger.
*** herausragend einfach gemachter, aber dennoch berührender Dokumenatrfilm über Armenien 2003.


 

BE WITH ME
Singapur 2005
Regie: Eric Khoo, 35 mm (HD-FAZ), Farbe, 93 min, OF mit dt. UT


 

Ähnlich auch dieser Film, der mit wenigen Worten auskommt. Als roter Faden zieht sich das Leben einer Frau, die zuerst taub, später auch noch blind wurde, trotzdem aber Englisch als Fremdsprache lernte und selber Lehrerin für Blinde und Taubblinde wurde.
Zuvor gibt es drei Menschen, die menschliche Kontakte suchen, darin aber enttäuscht werden:
ein Sicherheitsbeamter, der eine Managerin begehrt; als er ihr einen Liebesbrief zustellen möchte, stürzt gerade eine Selbstmörderin auf ihn und tötet ihn, da er recht dick war, überlebte sie aber.
Diese Selbstmörderin hatte eine kurze lesbische Episode, doch ging sie zu Ende. Ein alter Mann kann den Tod seiner Frau nicht überwinden und kocht deshalb für die Taubblinde, ihr Sohn bringt ihr das Essen. Als dieser wegen des o.a. Suizids einen Einsatz hat, stellt er ihr selbst sein leckeres Essen zu, und die beiden kommen sich näher.
In detailgetreuen Bildern von Alltagssituation, und auch vom Kochen und Essen, vom SMS-Schreiben und e-mailen wird die Sehnsucht des Menschen nach Nähe präzise beschrieben.
**** herausragend und berührend.


 

und so entschieden die Jurys:

 

Die Preisträger des 16. IFFI stehen fest. Die Begründungen der einzelnen Jurys lauten, wie folgt:

 

Filmpreis des Landes Tirol/Internationaler Wettbewerb (5000 €):

 

„Die Wettbewerbsfilme des 16. Internationalen Film Festivals Innsbruck konfrontieren den Zuschauer mit dem Problem des sozialen und kulturellen Überlebens und dem Kampf um persönliche Identität und Freiheit in einer sich ständig verändernden Welt.

Die Wahl der Internationalen Jury fällt auf einen Film von kinematografischer Eigenständigkeit, mit prägnanten Charakteren und Dialogen von hintergründiger, erzählerischer Leichtigkeit.

 

Der Preisträger der Internationalen Jury ist JUJU FACTORY (Demokrat. Rep. Kongo, 2006) von Balufu Bakupa Kanyinda.

 

Lobende Erwähnung:

Herausheben möchte die Jury den Spielfilm ZAPISKI PUTEVOGO OBKHODCHIKA (Notes By A Trackman; Kasachstan 2006), der von großer dokumentarischer Intensität und sensibler, emotionaler Inszenierung lebt. Die Jury wünscht dem Regisseur Zhanabek Zhetiruov, dass er zukünftig neben seinen Dokumentarfilmen weitere Spielfilme realisieren kann.“

 

Die Internationale Jury: Marieanne Bergmann/D, Vittorio Curzel/I, Evelyn Vargas-Knaebel/CH/Philippinen

 

 

Publikumspreis (Sponsor: Stadtmarketing Innsbruck, 1000 €):

 

Das Publikum wählte aus den sieben, für den Internationalen Wettbewerb vorgeschlagenen Filmen seinen ganz persönlichen Favoriten. Bei reger Teilnahme kristallisierte sich alsbald ein Beitrag heraus, der schlussendlich alle anderen Bewerber weit hinter sich ließ: CUM MI-AM PETRECUT SFARSITUL LUMII (Comment j’ai fêté la fin du monde; Rumänien 2006) von Catalin Mitulescu.

 

 

Prix de l’Institut Français d’Innsbruck/SchülerInnenjury (1000 €):

 

„Der Filmtitel enthält den Namen einer großen afrikanischen Stadt. Die Handlung des Films selbst spielt sich hauptsächlich im Innenhof eines Hauses ab. Damit werden bereits zwei Wirkungsebenen angerissen. Erstere steht für die globale Sicht, Letztere für lokale Alltagsprobleme.

 

In diesem Hof findet eine Gerichtsverhandlung statt. Auf der Anklagebank sitzen die Weltbank und der Internationale Währungsfonds. Afrika klagt an. Aber: Während der Verhandlung läuft das alltägliche Leben munter weiter. Die Kamera macht dies sichtbar. Fast beiläufig pendelt sie zwischen Spielerischem und Dokumentarischem, fängt Stimmungen ein, die die Situation widerspiegeln. Die Liebe zum Detail überzeugt, wirkt sehr authentisch. Das spricht Jugendliche an. Weltpolitik trifft auf Alltagsleben. Viele kleine Parallelgeschichten prägen die Filmhandlung:

Die Sängerin - Mama Afrika verkörpernd - ist Ausdruck von Gefühl und afrikanischer Kultur, der Mann, der kein Wort spricht, könnte für das Nicht-gehört-Werden eines Kontinents stehen, das durch die Verhandlung laufende Kind versinnbildlicht die Leichtigkeit afrikanischen Seins.

Besonders zu erwähnen sind auch die schauspielerischen Leistungen.

Dem Regisseur gelingt es, den Zuschauer in die Rolle des Geschworenen zu versetzen, und der Film trägt damit zu einem besseren Verständnis für Afrika bei.

 

Die SchülerInnenjury vergibt den Preis des französischen Kulturinstituts an den Regisseur Abderrahmane Sissako für seinen Film BAMAKO (F/Mali/USA 2006).“

 

 

ray-Filmmagazin-Dokumentarfilmpreis (1000 €):

 

„Der erstmals vergebene ray-Filmmagazin-Dokumentarfilmpreis ergeht an einen Film, der der filmischen Thematisierung von Migration eine neue Facette abringt. Nicht etwa um Aufbruch geht es hier vorderhand, sondern um Rückkehr, die, so zeigt uns dieser Film, nicht immer auch Heimkehr bedeutet. – Mit großem Einfühlungsvermögen porträtiert die Regisseurin Re-Migranten, deren Leben vornehmlich von Entfremdung bestimmt ist, und versteht es eindrucksvoll, in sparsamen Bildern ein Gefühl von dem gesellschaftlichen Vakuum zu vermitteln, in dem sie ihren Alltag verbringen.

 

Der ray-Filmmagazin-Dokumentarfilmpreis geht an AM RAND DER STÄDTE der deutsch-türkischen Filmemacherin Aysun Bademsoy (D 2006).“

 

Die Dok-Film-Jury: Martin Abram/I, Lukas Maurer/A, Wolfgang Steininger/A


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