Alpinale 2012 Nenzing
das regionale Kurzfilmfestival


Noch nie erreichte Ernsthaftigkeit


Es war mir leider nicht vergönnt, die gesamte Alpinale besuchen zu können, umso mehr  freute ich mich auf die beste Auswahl, nämlich den Siegerabend.
Großes Glück hatten die engagierten Veranstalter heuer mit dem Wetter: alle Aufführungen konnten Open-Air stattfinden und waren bestens besucht.
 

Wie ich schon auf der Diagonale Graz feststellen konnte, ist heuer die Thematik von Menschen mit Behinderungen, Krankheiten, Alter etc. ein unverkennbarer Trend.
So auch bei der Alpinale. Diese etwas schwierigen Themen trugen ganz wesentlich dazu bei, dass die Alpinale heuer ein außerordentliches Niveau erreichte.
Sechs goldene Einhörner wurden in den Kategorien „Publikumspreis“, „Bester Kurzfilm Animation“, „Bester Kurzfilm Hochschule“, „Bester Kurzfilm International“, „Preis der Jury“ und „Bester Kinderfilm“ vergeben, zudem wurde die beste Einreichung aus dem Ländle (v-shorts) ausgezeichnet. Eine internationale Fachjury (António Costa Valente, Franka Giesemann, Jasmin Rischar, Jenny Bräuer und Susan Gordanshekan) stellte bei der Preisverleihung am Samstag Abend die Siegerfilme vor.

Filmbilder finden sich hier.
 

vorarlberg shorts: The Dust And The Living One,
 Österreich 2011, 03:01 Min.
Regie: Janine Barbisch, Noemi Preiswerk
Was wäre, wenn Eva im Paradies nicht in den Apfel gebissen hätte, nicht Adam verführt hätte? Wahrscheinlich gäbe es uns dann gar nicht!
*** Handwerklich erstaunlich gut gemachte, geistreiche Animation!

Lobende Erwähnung (International): Sunny Boy
Regie: Janne Gull, England 2010, 11:00 Min., engl.OF
Danny leidet an einer seltenen Hautkrankheit, er bekommt schon bei der geringsten Dosis Licht einen Sonnenbrand. Sein Vater ist übermäßig besorgt und Danny will aber auch mal normal Fußball spielen können - *** ein schwieriger Grat zwischen Selbstbestimmung und Realität der Behinderung.

Bester Kurzfilm International: Mon Amoureux
Regie: Daniel Metge, Frankreich 2011, 22:40 Min.
Der sensibelste Beitrag dreht sich um das Recht, auch von Menschen mit geistigen Behinderungen, auf Sex. Ihnen einen Präservativ in die Hand zu drücken und dessen Anwendung in wenigen Sätzen zu erklären, reicht leider nicht aus. Bei ihnen erst recht, ist das erste Mal eine besonders schwierig zu bewältigende Sache. Sie sind es gewohnt, sich verbotenerweise in der Toilette des Behindertenheimes zu berühren.
**** ein berührendes Filmerlebnis!

Bester Kurzfilm Hochschule: Hatch (gemeint: die Babyklappe)
Regie: Christoph Kuschnig, Österreich 2012, 18:46 Min.
In der ersten Szene sehen wir, wie ein junger Mann einen Ladendiebstahl begeht und knapp den Verfolgern entgeht. Er stahl Babywindeln! Die illegalen Einwanderer in Österreich sehen keine Chance, mit dem Baby zu überleben und auf sein Betreiben hin, bringen sie es in ein Kloster, das eine "Babyklappe" eingerichtet hat. Dort beobachtet ein Mann  das Geschehen und raubt das Kind wieder. Er lebt in einer homosexuellen Partnerschaft und darf kein Kind adoptieren. Sein Partner, der zwar den Kinderwunsch mit ihm teilt, überzeugt ihn, das Baby wieder zurückzubringen. Der Nachspann belehrt uns, dass dies Fiktion sei, eine echte Babyklappe lässt sich nicht wieder öffnen.
**** zwei brisante Themen werden hier spannend ineinander verwoben.

Bester Kurzfilm Animation: Edmond Was A Donkey
Regie: Franck Dion, Frankreich 2012, 15:00 Min., fr.OF mit eUT. (arte-Co-Produktion)
Ein kleinwüchsiger Ausssenseiter wird gehänselt, in dem ihm Eselsohren aufgesetzt werden, doch er findet Gefallen daran und fühlt sich wirklich wie ein Esel, als er ihm Zoo mit einem Esel schläft, wird er in die Psychiatrie eingeliefert...
**** herausragende Animation zum Thema Intoleranz und Ausgrenzung.

Preis der Jury: Guang
Regie: Quek Shio Chuan, Malaysia 2011, 16:00 Min.
Guang ist Asperger-Autist, sucht verzweifelt nach einem Glas, das im Klang die Note B6 wiedergibt, alle seine Versuche, sich bei einer Firma zu bewerben, scheitern, sein Bruder kann ihn kaum noch ernähren und reagiert verärgert.
**** einfühlsam erleben wir die eigenartige Welt eines Autisten in Malaysia, seine Tiefen und seine Glücksmomente.
 

Publikumspreis: Mädchenabend (arte-Co-Produktion)
Deutschland 2011, 16:43 Min., Regie: Timo Becker
Wir befinden uns in einem strengen deutschen Seniorenheim. Zwei Frauen büxen aus, einmal noch möchten sie etwas Erotisches erleben und gehen in einen Männer-Strip. Es wird ihr letzter gemeinsamer Abend werden.
**** auch hier geht es um das Thema Selbstbestimmung vs. noch so gut gemeinte Bevormundung.


Manuela Mylonas brachte eindeutig mehr Profil und Professionalität in die Alpinale.
Vor den Filmen gab es kurze Statements "wie ich als Kind Kino erlebte"- hier Michael Wieser, der den Kinderfilm in die Alpinale brachte.

der beflaggte Ramschwagsaal in Nenzing.


Norbert Fink  (nobi-ät-fkc-punkt-at), Dornbirn, 11.8.12