Dieses Jahr wurden Filme aus Indien, speziell zum Thema der Teilung Bengalens, gezeigt. Die Retrospektive war dem arabischen Kino gewidmet. Leider konnten Urs und Norbert keinen der seltenen indischen Filme sehen, wohl aber zwei bemerkenswerte Klassiker aus Marokko und Tunesien.
Generell kann gesagt werden, daß diesmal die Auswahl von Filmen aus Lateinamerika schwach war. Publikumsliebling war der brasilianische Beitrag "Saudade do Futuro", den wir ebenfalls nicht sichten konnten. Er wurde mir von einem Kritiker zwar als heiter, aber redundant beschrieben.
Um die Nachfrage des Publikums nach Filmen aus Südamerika zu befriedigen wurden sogar Filme gezeigt die wir im FKC schon gezeigt hatten: "Madagascar" aus Kuba und "por si no te vuelvo a ver" aus Mexiko.
Der beste Film des Festivals, war der argentinische Film. Er erhielt auch den 2. Preis
Mundo Grua (Welt der Kräne).
Argentinien 1999, schwarzweiß, 90 Min, dolby digital
Rulo ist ein etwas beleibter Mann um die 50 und lebt in Buenos Aires.
Er bewirbt sich als Kranführer auf einer der höchsten Baustellen
der Hauptstadt. In mehr als 100 Meter Höhe soll er auf dem Baukran
sitzen. Er freut sich schon auf diesen Job in schwindligerr Höhe,
muß aber noch psychologische und medizinische Tests über sich
ergehen lassen. Der Arzt meint, mit seinem dicken Bauch sei er nicht geeignet,
er müsse zuerst 20 Kilo abnehmen. Diese schlechte Nachricht erfährt
er allerdings erst, als er eigentlich seine Schicht antreten möchte
und sieht, daß ein Jüngerer auf seinem Arbeitsplatz sitzt. Mittlerweile
hat er sich auch in der Nähe jener Baustelle sich mit einer Frau angefreundet,
die einen Kiosk führt. Er erzählt ihr, daß er in einer
erfolgreichen Popgruppe den Elektrobass spielte. Das war freilich schon
20 Jahren her und damals war er noch rank und schlank.
Sein Sohn freilich ist ziemlich arbeitsscheu und versucht ebenfalls als Rockmusiker in die Fußstapfen seines Vaters zu treten, freilich erfolglos. Nachdem nicht beide ihre Freundinnen mit in die gemeinsame kleine Wohnung nehmen können, zieht der Sohn zur Großmutter und läßt sich von ihr bemuttern.
Rulo bekommt von einem Freund einen Job im Süden, 1200 Kilometer entfernt, vermittelt.
Seiner neuen Beziehung tut das gar nicht gut. Rulo schlägt sich dorthin durch und endet in einem desolaten Massenquartier, indem es nicht einmal fließendes Wasser gibt. Auf einer weit entfernten Baustelle in der Wüste soll er einen Bagger bedienen und einen Kanal ausheben. Weder die Versorgung mit Nahrung noch mit Wasser funktionieren. Als die ausgebeuteten Arbeiter auch nicht den versprochenen Lohn bekommen geben sie auf. Rulo fährt autostoppend nach Hause.
Der in hartem, grobkörnigen Schwarzweiß gedrehte Film könnte fast ein Dogma-Werk sein.
Handkamera, hautnahe Konflikte und eine bedrückende Echtheit sind
seine Stärken. Dabei kommt der Humor durchaus nicht zu kurz. Er zeigt
nicht nur die Probleme eines Äteren auf dem harten Arbeitsmarkt, sondern
auch die aktuelle Situation in Argentinien unter dem asozialen Turbo-Kapitalismus
des Präsidenten Menem. ****
Dieser Film ist zum hundertsten Geburtstag von Jorge Luis Borges gewidmet. Der Argentinier Jorge Luis Borges ist einer der bedeutendsten Schriftsteller im spanischen Sprachraum. Infolge einer Erbkrankheit drohte sein mit fortschreitendem Alter sein Augenlicht zu schwinden. Das Wort 'Noche' (Nacht) im Filmtitel ist eine Anspielung auf seine Blindheit. Der Film zeigt Borges Arbeit in einer Mischung von Dokumentar- und Spielsequenzen. Er zeigt in mystischer Form die Welt des Schriftstellers: unendliche Brunnen der seltsamen Bibliothek von Babel, zahlreiche Gänge, Kreise, Spiegel, Treppen und Sechsecke. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft scheinen zusammenzuschmelzen. Es werden Zitate, Texte und Gedichte vorgelesen. Archivaufnahmen aus dem Leben des Schriftsteller ergänzen das Ganze.
Ein schöner und unterhaltsamer Film, produziet von der Universidad
de Cine in Buenos Aires ("Moebius") teilweise mit Computer generiertenSzenen,
leider aber Videotransfer (FAZ) .
Urs:****Vier FKC-Sterne.
Nobi :**(*)
Ein inhaltlich sehr interessanter und für den Westen leicht verständlicher Film, der die gesellschaftlichen und politischen Umstände in Tunesien Anfang der fünfziger Jahren zeigt. **** Vier FKC-Sterne.
Weshma
(Hamid Benani, Marokko, 1970)
Weshma ist der zweite arabischer Film, den wir gesehen haben. Er war
nicht so leicht verständlich wie Sejnàne. Massaoud, ein verspielter
und sensibler Junge, wächst unter seinem strengen Adoptivvater auf.
Die wirklichkeitsfremde islamische Erziehung lässt ihm keine Möglichkeit
sich frei zu entfalten. Als Arbeitsuchender schließt er sich einer
Bande jugendlicher Krimineller an. Er ist aber nicht fähig sich in
diese Bande voll zu integrieren, denn ihm ist stets bewusst was gut und
schlecht ist. Schließlich findet er als Hirte eine Arbeit. Er erschießt
den Besitzer der Herde bei einer Auseinandersetzung ungewollt, raubt etwas
Geld und flüchtet. Der Schwarzweiss-Film wurde 1970 gedreht. Er besticht
mit seiner langsamen Erzählweise und in langen und kontemplativen
Einstellungen. Er scheint auch vpom italienischen Neorealismus beeinflußt.
*** Drei FKC-Sterne.
Pinochet bereut bis heute nichts, und behauptet einer Verschwörung des KGB zuvor gekommen zu sein....
Erst in der jüngsten Zeit wurden einige der 230 Gräber geöffnet und die Reste exhumiert. Bei allen wurden schwerste Verletzungen, welche auf brutale Folter zurückzuführen waren festgestellt. Bei manchen Opfern waren sogar an den Knochen noch Verbrennungsspuren nachgewiesen sie wurden buchstäblich bei lebendigen Leib geröstet...
Einige Opfer konnten identifiziert und den Angehörigen übergeben werden. Eine Anthropologin leitet heute das Team zur Identifzierung der Opfer und Ermittlung der Todesursache.
Zum gleichen Zeitpunkt als in Fribourg dieser Film lief, forderten in Santiago de Chile 50.000 Demonstranten eine Verurteilung Pinochet, der von England auf Grund eines Gefälligkeitsgutachtens aus Gesundheitsgründen freigelassen wurde, in Chile angekommen aber sofort aus dem Rollstuhl stieg
und spazieren ging...
Auch hier gilt es wachsam zu bleiben und eine Wiederholung der Geschichte
mit allen Mitteln zu verhindern.
Urs schrieb dazu:
Mit Patio 29 griff Esteban Larrain ein sehr aktuelles Thema auf: Die
Aufarbeitung der Pinochet Area Chiles. Patio 29 ist ein Friedhof der N.N.,
d.h., der Namenlosen (no nombre). Er diente während dem Putsch im
September 1973 der chilenische Militärregierung als 'Bestattungsort'
der meist nach grausamer Folter ermordeten Oppositionellen, Dissidenten,
linke Militante aber auch unpolitischer Bürger, die nur in der Verdacht
kamen "links" zu sein. Anfang der neunziger Jahren begann man mit den Ausgrabung
und Identifizierung der Leichen. Gerade in diesen Tagen - so meldet das
Schweizer Radio - wurden weitere Massengräber entdeckt.
Der Film sammelt Zeugnisse, Archivfilme, Fotos und Interviews: von der Familie der Opfer zu den Zeugen der Hinrichtungen, von den Totengräbern zu den Rechts- und Staatsanwälten, von den Anthropologen, die zwanzig Jahre später Körperreste ausgegraben haben, zu Interviews mit Präsident Aylwin und mit General Pinochet (auf die Frage wieso pro Grabstelle bis zu drei Leichen vergraben wurden antwortet Pinochet: "Es war wirtschaftlicher als für jede Leiche ein Grab zu bestellen.") Das Video war wesentlich überzeugender als Larrains Ralco. Die Interviews, Archivfilme und Fotos gaben einen tiefen Einblick in den Umgang mit nicht regimekonformen Personen unter der Pinochet Diktatur. Das Video war gut recherchiert. Der Regisseur lernte in Kuba, in San Antonio del los Baños, das Handwerk.
**** Vier FKC-Sternchen.
Nobi:*** inhaltlich sehr wichtig, aber künsterlisch nicht sehr
originell, Video
Ein Dokumentar-Video aus Chile. Eine kleine Indianer-Gemeinschaft der
Pehuenches wehrt sich gegen den Bau eines riesigen Wasserkraftwerkes, welches
eine Überflutung ihres Lebensraum zur Folge hätte. Es gelingt
ihnen den Bau durch eine richterliche Verfügung zu stoppen, doch der
Unternehmer, die Endessa, erhebt mit Erfolg Einspruch an die höchste
richterliche Instanz Chiles.
Das Video hält die Ereignisse zwischen 1998 und 1999 fest. Ob
nun in diesem Fall die Landenteignung durch den Staat für das Allgemeinwohl
legitim ist, wird nicht eingegangen. So wird nichts über die Notwendigkeit
des Kraftwerkes gesagt. Die Videoaufnahmen waren nicht sehr professionell
und der Stil banal. Schade um die an sich gute Thematik.
Urs: ***Drei FKC-Sternchen.
Nobi: *
Das Video zeigt die verschieden Ereignisse und lässt die Eltern
zu Wort kommen. Für den Nicht-Kenner der politischen Szene Koreas
fehlen Hintergrundinformationen. Es war schwierig sich vom Film fesseln
zu lassen.
Urs: ** Zwei FKC-Sternchen.
Nobi :-(technisch und handwerklich ungenügend, amateurhaftesVideo)
Vor dem Abspielen des Films, wurden den Kindern erklärt, wie Trickfilme gemacht werden, was Untertitel sind und wozu die notwendig sind. Nach dieser kurzen Einführung wurde der iranische Marionettenanimationsfilm aufgeführt. Der Film bestand aus drei Teilen. Der erster Teil war die Geschichte eines Papageis und dessen konfliktreiches Leben mit seinem Meister, der auf dem Bazar so allerlei für den Haushalt verkaufte.
Der zweite Teil war die Geschichte eines Juwelierverkäufers, der Knaben in den Tod schickte um an Juwelen zu gelangen. Beide Geschichten endeten natürlich mit einem Happyend.
Der dritte Teil, und das war das ganz besondere, zeigte mit welchen Tricks die beiden Geschichten gedreht wurden. Der Film war in Originalfassung (persisch) mit Untertitel. Da die Kleinsten im Kinosaal noch nicht lesen konnten, lasen zwei Erwachsene die Untertitel laut vor.
So wachsen künftige Cineasten und FKC-Mitglieder heran!
*****Fünf FKC-Sternchen für die ganze Darbietung!