Bericht von der (letzten ?) Alpinale in Bludenz


Aktuelles ORF-Interview mit dem FKC Obmann, Dr. Norbert Fink

Der Krach

Die Gewinner - lt . Alpinale Homepage


 
Ich kann mich nicht mehr erinnern, wann ich zum ersten Mal die Alpinale besuchte, aber es war sicher vor mehr als 10 Jahren, in der Ära G.Wolff und mit Open-Air und vielen leckeren Buffets. Ich kann also viele Jahre vergleichen...

Nun es hat sich viel verändert.
Ganz positiv war, dass endlich viel Publikum gekommen ist und die Alpinale diesmal hoffnungslos ausverkauft war. Regisseur Houchang Allahyaris Film "ENE MENE MU und tot bist Du" sorgte Freitagabend für regen Beifall im Bludenzer Cinema S. Aus Anlass der 17. Alpinale wurde er als Eröffnungsfilm gezeigt. Gekommen sind der Regisseur Allahyari (Psychiater und Filmemacher) mit den zwei Stars Bibiane Zeller und Waltraud Haas. Immerhin fand die Veranstaltung im großen Saal des Cinema-S  statt .

Peinlich wird es natürlich mit den Wettbewerbsfilmen, wenn ein sich "Europäisches Filmfestival" nennendes Ereignis nur im kleinen Saal mit rund 80 Sitzplätzen stattfindet, davon geht eine Reihe weg für die Jury und noch eine Handvoll für Ehrengäste und Journalisten ... also bleiben vielleicht noch 50 übrig ..... 
Nun, Filmemacher, erwarten sich auf einem Festival viel Publikum. Sicher mehr als 40-50. Leider stellt das Kino der Alpinale nicht beide oder wenigstens den großen Saal zur Verfügung und auch die Stadt übt keinen Druck auf den Kinobetreiber Sahler aus.

Aus diesem Grund gab Obmann Manfred Strolz am 12.8. in der "Neuen" seinen Rücktritt bekannt.  
.... "Nach Abschluss der diesjährigen Alpinale wird er deshalb bei der Generalversammlung der Alpinale Vorarlberg die Festivalleitung zurücklegen und auch für die Stellung des Obmanns nicht mehr zur Verfügung stehen. Vom Land werde die Alpinale zwar bestens unterstützt, den politischen Vertretern der Stadt wirft Strolz aber vor, dass sie zwar immer reden, aber sich nicht konsequent für das einzige Vorarlberger Filmfestival einsetzen.
Auch die Zusammenarbeit mit dem Bludenzer Kinopächter Walter Sahler gestaltet sich offensichtlich nicht zufriedenstellend. Dieser sehe laut Strolz in der Tätigkeit als Festivalleiter nur ein Hobby und eine Spielerei, für die Alpinale aber habe er nichts übrig und mache, was er wolle. Dies führe dazu, dass die Infrastruktur nicht gesichert sei und eine Garantie für den großen Kinosaal fehle.
So steht dieses Jahr nur für den Abschlussfilm dieser Raum zur Verfügung, das Wettbewerbsprogramm läuft dagegen im kleinen Saal. Eine vernünftige Programmierung sei angesichts dieser Umstände nicht möglich, und international blamiere man sich so nur. Für die nächsten Jahre plante Manfred Stolz eine Europa-Premiere nach Bludenz zu bekommen. Ohne Rechtssicherheit sei dies aber nicht möglich.
Da er unter solchen Gegebenheiten nicht arbeiten könne, trete er nun zurück. Auch einige Mitarbeiter, die ebenso wie der Vorstand von Manfred Strolz über seinen Entschluss informiert wurden, haben erklärt, ihre Tätigkeit für die Alpinale einzustellen.Ein Nachfolger ist nicht in Sicht. Wie es weitergehen wird, wird sich bei der Generalversammlung im November weisen. Fest steht nur die Entscheidung von Manfred Strolz."

Hoffen kann ich nur, dass sich ein neuer Obmann findet, der in einem anderen Ort Vorarlberg dieses Festival abhält ....


Doch nun zu den Filmen Florian und Nobi sahen für den FKC:

ENE MENE MU und tot bist Du
Der neue Film von Allahyari mit einer Unzahl alter österr. Schauspieler ist makaber bis komisch. Eine erst 99 jährige bringt in einem Altersheim alle noch älteren um, damit sie die älteste Wienerin wird. Zuerst wird der fesche neue Arzt beschuldigt, doch ein Insasse, ein ehemaliger Herr Kriminalinspektor, hat alles im Griff.
Humor von der Sorte "muss ich nun ins Gefängnis gehen ? - Nein, auf keinen Fall, wir bringen sie mit dem Auto dahin!" überwiegt. Obwohl sich die Maske alle Mühe machte, wirken die Schauspieler nicht wie 100jg, sind sind eher wie sehr agile 80igjährige, vor allem bewegen sie sich viel zu gut... Alles in allem relativ leichte Unterhaltung **+1/2.

SehnSüchtig

Deutschland 2000, Hochschul-Produktion, 16 mm, 10 min
Regie: Tanja Henlein
"SehnSüchtig" beschreibt die dramatischen Erlebnisse einer Drogensüchtigen. Kernaussage ist, dass sie keinen Sex mehr mag, weil sie vom Vater schon missbraucht wurde und auch das "anschaffen" ihr nicht behagte. Inhaltlich nichts Neues, die schwarzweiss - Bilder waren durchaus stimmig.
** nichts Neues

Sonntag im September
Deutschland 2000, nicht professionelle Produktion, 16 mm, 10 min
Regie: Ralf Westhoff
Er räkelt sich noch im Bett, sie ist schon aufgestanden. Als er weg ist. hört sie den Anrufbeantworter ab und glaubt zu hören, wie ihr Freund auf dem Oktoberfest eine andere anbaggert und ausgerechnet in ihrer Wohnung abgestiegen ist.  Mit dem Messer bewaffnet stürmt sie das Schlafzimmer... 
doch da wartet die Geburtstagsgesellschaft.
Originelle Story mit origineller Wende von der Eifersucht zur Überraschung. **** ausgezeichnet mit einem Goldenen Einhorn

Durch die Nacht
Deutschland 1999, Hochschul-Produktion, 16 mm, 17min
Regie: Carsten Maaz
In einer verregneten Nacht macht ein Zwanzig-Mark-Schein seinen Weg durch die dunklen Straßen Münchens. Ein Taxifahrer erhält von einer Frau einen 20 DM-Schein mit ihrer Telephonnumer darauf. Bevor sie sich doch treffen, gibt es noch viele Station, er wird ihm geraubt, in einer Nachtbar ausgegeben, auch der zugesteckten Dame wieder gewaltsam abgenommen, ....
Gut fotografiert, etwas viel Gewalt. ***

Heirate mir!
Deutschland 1999, professionelle Produktion, 35 mm, 98 min
Regie: Douglas Wolfsperger (Konstanz)
Heirate mir! erzählt eine typische Wolfsperger-Geschichte: Ein Bus voll nicht gerade sehr erfolgreicher Männer  ("Figuren wie aus dem Fellini-Fundus")  deckt sich in Polen mit Frauen ein. Den größten Fang macht ausgerechnet der schüchterne Eugen (Ulrich Noethen): Die schmucke Goschka (Verona Feldbusch) ist auf der Flucht vor der Polizei. Daheim am Bodensee nehmen Eugen und seine Kollegen ihr Tagwerk wieder auf; sie sind Totengräber und Krematoriums-Mitarbeiter.
Erstes grosses Hindernis zum Glück ist mal die Mutter, die natürlich ihren Sohnemann nicht teilen will und alles tut, um der Beziehung zum baldigen Tod zu verhelfen, dann wird sie vom besten Freund angeheuert und in die Schweiz in ein Bordell "verkauft". Mittlerweile werden alle Männer, einer nach dem anderen, die zur Brautschau nach Polen fuhren, ermordet und vorher entmannt von einer "Pimmelmörderin". Diese entkommt ihrer gerechten Strafe, weil sie den Interpol-Kommissar mit ihren Gurken verführt... Happyend.
Nun, der Film, inzwischen von Pro7, von Werbeblöcken zersägt, gesendet hat trotz Verona Feldbusch keinen Verleih bekommen. Sie spielt besser als befürchtet und ist als schwarzhaarige Polin im Film nach meinem Geschmack hübscher als in ihrer dümmlichen Fernsehshows.
Unzählige optische und verbale Gags machen den Film zu einem überaus schrägen Kinovergnügen.
Vielleicht auch mal im FKC zu sehen ! Auch Drehbuchautor  Klaus Gietinger ("Daheim sterben die Leut!") ist ja ein alter Bekannter auf der Alpinale.
*** +1/2 schräg und amüsant

Jakob der Säger
Klaus Gietinger ist uns ja seit "Daheim sterben die Leut" als wohl der erfolgreichste Filmemacher mit Lokalkolorit bekannt.  
Es geht um das eigentlich ernste Thema der Einstellung von Nebenbahnen und der Entlassung von Eisenbahnern. Gegen die Schließung einer Strecke wehrt sich ein ganzes Dorf und verprügelt den Vorstandsvorsitzenden der "Kommerzbahn". Doch das nützt wenig. Einer sägt die Schienen an und terrorisiert damit die Bahn, anfangs ohne Geld zu fordern, aus purem Idealismus. Er hat nicht nur im Dorf Sympatisanten, gleich auch HelferInnen. Allerdings spielt der Herr Pfarrer den Verräter. Eine recht erotische Kriminalbeamtin ermittelt zuerst konventionell, dann auch unter vollem Körpereinsatz ...
Immer wilder werden die Einsätze, und die verstorbene Frau des Täters, sowie die der Tochter erscheinende Jungfrau geben gute Ratschläge.
Actionscenen, die zu teuer gekommen werden, sind durch Trash und sichtbaren Einsatz von Spielzeugeisenbahnen ironisch dargestellt. Gedreht an den schönsten Strecken in Ostdeutschland, in Baden-Württemberg und  gar auf Sardinien läßt der Film die Herzen aller Eisenbahnfans höher schlagen. Auch Otmar Rützler u.a. Vorarlberger spielen in Nebenrollen mit.
Die Liebesszenen sind manchmal etwas zu banal, um noch lustig zu wirken, aber alles in allem ein recht lustiger Film mit vielen Pointen.
*** traschig und zwerchfellerschütternd  


Die Preise (Quelle: "Neue")
Neben Eduard Ernes "Indiras Tagebuch", der mit dem Publikumspreis (und einer lobenden Erwähnung!) ausgezeichnet wurde, überzeugten zahlreiche Kurzfilme durch ihren Einfallsreichtum und die filmische Umsetzung, bei der auf Dialoge vielfach verzichtet wurde. Das "Goldene Einhorn" für den besten Animationsfilm gewann mit "Credo" des Schweizers Jonas Raeber das zweifellos originellste Werk in dieser Sparte. Reich an herrlichen Anspielungen lässt er seine Geschichte von einer Schafherde und ihrem Hirten in der Erklärung des Kirchenaustritts kulminieren. Überzeugen konnten die ausgewählten Animationsfilme aber insgesamt durch ihre Bandbreite, die von Heimo Wallners abstraktem "Mao tse tung, Band II" über eine technisch unglaublich perfekte, aber sehr brutale Geschichte eines Froschs ("Le Repas") bis zu einem liebevoll gestalteten Puppentrickfilm ("Die Bauchtänzerin") reichte.
Unter den nicht-professionellen Realfilmen wurde Ralf Westhoff für seine Low-Budget-Produktion "Sonntag im September" mit einem "Goldenen Einhorn" ausgezeichnet. Gekonnt verschränkt der Regisseur darin zwei in verschiedenen Filmformaten gedrehte Handlungsebenen: Während eine junge Frau auf eine Geburtstagsüberraschung durch ihren Freund wartet, veranlassen sie Nachrichten auf dem Handy zu bösen Verdächtigungen, die ihre Eifersucht wecken. Nicht nur die Hauptfigur, sondern auch das Publikum wird hier lustvoll auf eine falsche Fährte gelockt, bis eine starke Schlusspointe für eine überraschende Lösung sorgt.
Für soziales Engagement
In den beiden anderen Kategorien wurden von der Jury Filme mit sozialem Engagement ausgezeichnet. Das "Goldene Einhorn" für den besten Hochschulfilm wurde dem deutschen Beitrag "Strandgut" zuerkannt, in dem Antonia Jerrentrup fast wortlos, aber sehr einfühlsam von den Sehnsüchten eines geistig zurückgebliebenen jungen Mannes erzählt. In einem abgeschiedenen Bahnwärterhaus lebt er mit seinem autoritären Bruder, der nur hart und unwirsch auf das brüderliche Verlangen nach Liebe und Geborgenheit reagiert.
Auch der mit dem "Goldenen Einhorn" für den besten professionellen Film ausgezeichnete "La Vie à deux" erzählt auf kleinste Momente reduziert, aber sehr prägnant wortlos vom alltäglichen Zusammenleben. So ereignislos das Leben eines alten Paares auch sein mag, so erschütternd ist doch der Tod des Partners. Offen bleibt in diesem intensiven Schwarzweißfilm, wie sich der Witwer mit dem Leben im Altersheim und seinem neuen Zimmerpartner zurechtfinden wird.



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