Bericht vom 13. Int. Innsbrucker Filmfestival 2004
(9.-13.6.04)
updated 20.6.04


Für den FKC berichten:
(N) = Norbert Fink
(P) = Peter Höfle
(W) = Walter Gasperi siehe auch unter
http://www.artechock.de/film/index.htm 

Bericht von Walter Gasperi (dieser Bericht ist zusammenhängend und ohne **-Bewertung)

Das Festival stand unter dem Motto des Reisens (Reisekino - Kinoreisen) ; damit waren nicht nur klassische Road-Movies gemeint, sondern auch Reisen durch das Leben usw. Heuer schauten wir uns wieder sehr viele Filme an, das Thema war sehr ansprechend und das Niveau der Filme im allgemeinen etwas besser als das letzte Jahr. Sehr zurückhaltend waren wir heuer im Besuch von Rahmenveranstaltungen,
deshalb galt: viel Film´- wenig Buffet für uns !


Wir sahen – nach Kategorien:

Wettbewerb

Lateinamerika

Europa / Asien/ Afrika

O CAMINHO DAS NUVENS (N) (Brasil -BR)
w

FILME DE AMOR (N)
(BR)

AU SUD DES NUAGES (N)
(CH)  W

MADAME BROUETTE (Senegal)
(N)

SIETE DÍAS, SIETE NOCHES (Cu/F/I) (N)

SPRING, SUMMER, FALL, WINTER
(Südkorea) (N)

RAGHU ROMEO
(Indien)(N) W

NI OLVIDO NI PERDÓN
(CH/Mex)
(N)

ABOUNA - DER VATER
(Tschad)(N) + W

    Mille Mois (W)

Dias de Santiago (Peru)(N)
W

Rocha que voa (BR) (N)

DER HUNGER, DER KOCH UND DAS PARADIES (CH)(N)

ENCOUNTER (Türkei) (N)
+ W

Memoria del Saqueo (Arg)(N)

UNDER THE STARS (Cyp) (N)

 

Miel para Ouschun (Cu) (N)
+ W

Ballo a tre passi (I) (N)

  Before night falls  (W) Amandla (P) + W
    Rachida (W)

Norbert Fink und Peter Höfle auf dem Weg ins Kino

AU SUD DES NUAGES
Jean-François Amiguet, CH 2003
Im Süden der Wolken - frzOmU - 79min - DIG.Ton

Netter kleiner Film um eine Eisenbahnfahrt von der Schweiz über Berlin – Moskau – Ulan Bator bis nach Peking. Ein paar Schweizer Bauern aus dem Wallis kommen auf die „Schnapsidee“ diese lange Fahrt zu unternehmen, in Genf steigt ein eigenwilliger Neffe ein, der sich mit den anderen nicht gut verträgt, er wird sich in der Transsibirischen in eine Mongolin verlieben und dort bleiben. Schon in Berlin denken die ersten an die Rückfahrt, auf der Fahrt nach Moskau schüttet der Alte seine Tabletten ins Klo, worauf es ihm nicht mehr gut geht, er wird, zuhause angekommen, sterben. Zwei weitere kehren auch in Moskau schon um, bis Ulan Bator reist also noch Adrien und Lucien, der als einziges bis Peking schafft.

Dort freilich sucht er wieder Elemente, die er kennt, den Viehhandel, den Stierkampf die Jagd. Im Grunde sucht er überall dasselbe.

*** interessantes Bahn-Movie mit viel Tiefsinn und feinem Witz


FILME DE AMOR
(Ein Liebesfilm) - Julio Bressane  - Brasilien 2003 - OmeU - 90min - DIG

 Experimentalfilm im Stile Glauber Rochas, jedoch mit gestochen scharfen Bildern in sw und Farbe und genialem digital-Ton. Unkonventionell, mutig, erotisch (Schamhaarrasur...), poetisch, das klare Gegenteil  von Hollywood !

** mutig, innovativ und von schockierender Offenheit, allerdings nicht fürs breite Publikum geeignet, da sehr experimentell und ohne Handlung


SPRING, SUMMER, FALL, WINTER ... AND SPRING
Kim Ki-Duk Südkorea/D 2003 - OmU -103min - DIG

Herausragend fotographiertes buddhistisches Lehrstück, leider etwas zu schulmeisterlich.

Die 4 Jahreszeiten, gleichzeitig das Leben eines Jungen, der auf einem kleinen Tempel inmitten eines Sees in Korea aufwächst, er büsst sein Leben lang dafür, dass er als Kind Tiere gequält hat.

Als junger Mann verliebt er sich in eine Frau, die ihm Tempel Heilung sucht, er hat Sex mit ihr und wird von ihr und seinen sexuellen Begierden abhängig, als sie ihm untreu wird, ermordet er sie. („was dir gefällt, gefällt auch anderen!“)

Er flüchtet wieder zu diesem Tempel, wird vom Meister mehrfach bestraft und dann von der Polizei abgeführt. Nach einigen Jahren kehrt er zurück, der Meister hat sich inzwischen selbst verbrannt, um selber als Meister diesen Hort der Einkehr wieder zu beleben. Es kommt eine verschleierte Frau, die ihm ein Kind hinterlegt, das er nun so erziehen wird, wie er einst vom Mönch erzogen wurde  

 *** schön und brav, in sich geschlossen und stimmig, buddhistisch moralisierend. Für Liebhaber dieses kontemplativen Fernost-Genres sicher ein einzigartiges Meisterwerk.


O CAMINHO DAS NUVENS
(Der Weg in die Wolken) - Vicente Amorim - Brasilien 2003 - OmeU - 85min – HDTV-FAZ - DIG (Globofilmes)


Auf dem „Platz der Mitte der Erde“ beginnt eine 3500 km lange Fahrrad-Fahrt einer ganzen Familie, vom Nordosten Brasiliens bis nach Rio. Abgesehen davon, dass kein Brasilianer Fahrrad fährt, und man dies schon gar nicht ohne Sturzhelm machen sollte, ist dieses Road-Movie in mehrfacher Hinsicht ärgerlich und missglückt: mit Popmusik zugepflastert, auf billigem Videomaterial gedreht und schlecht ausgeleuchtet, eine unsensible Kamera vermittelt weder ein Gefühl für die riesige Entfernung, noch für die Schönheiten des Landes. Auch fehlt jedwelche Entwicklung der Charaktere und ein dramaturgischer Höhepunkt. Dass es nicht leicht ist, sich ohne Geld, bettelnd und singend durchzuschlagen und die von den langen Radfahrten hungrigen Mäuler zu stopfen, ist keine besonders neue oder originelle Aussage, genauso wenig wie jene, dass das nötige Kleingeld höchstens von den reichen Touristen in Rio zu ergattern ist. Dazu kommen modische mythische und religiöse Anspielungen (Szene, wo er den Tisch eines Heiligen zum Heben bringt), unglaubwürdiger Moralismus und ein verdeckter Machismus.
Im Gegensatz etwa zu Indien, wo im Film eine heile Welt und ein modernes sauberes Indien gezeigt wird, zeigt sich Brasilien oft in den Filmen von der dunklen Seite und verkauft seine Favelas und sein Elend, ein Bild das ebenso einseitig ist und keinesfalls mit dem Eindruck der Besucher dieses wunderschönen und freundlichen Landes übereinstimmt.

# ärgerlich und filmisch unzulänglich



Helmut Groschup (li), Ute Mader, Moussa Sene Absa Can (re) im Leokino Innsbruck vor diesem Film


MADAME BROUETTE
Moussa Sene Absa Can/Senegal/F 2002, OmeU - 104min


Ein afrikanischer Regisseur, der mit einem Zepter in der Hand für die Frauenrechte in Afrika kämpft ist eine ziemlich schillernde Erscheinung in Innsbruck gewesen, Geld dafür erhielt er freilich von der halben Welt und das Thema ist auch Vorarlberg nicht unbekannt: Frauen die ihre Männer ermorden werden ja sehr milde verurteilt. Um die Geschichte einer Frau, die ihren (natürlich saufenden, korrupten, schlagenden …) Mann ermordete. In grellen, bunten Farben und viel Afro-Musik wird hier einerseits relativ viel vom Leben im Senegal gezeigt, allerdings auch kein männerfeindliches Klischee ausgespart. Unglaubwürdig ist auch die permanente „Modenschau“ aller afrikanischen Akteure.

** äußerst konventionell, unterhaltsam, annehmbar und (feministisch) lehrreich.

http://www.filmz.de/film_2003/madame_brouette/


SIETE DÍAS, SIETE NOCHES
(Sieben Tage, Sieben Nächte)  Joel Cano , Cuba, F, I, FAZ    

Das IFFI war bisher immer ein Hort kubanischer Filme, früher waren sogar die kubanischen Botschafter anwesend. Diesmal wurde erstmals ein Anti-Castro Film („Underground aus Kuba“) aufs Programm gesetzt, der filmisch jedoch indiskutabel schlecht war; es beginnt mit der Nachrichtensprecherin des Kub. Fernsehens, die, bevor sie zu reden beginnt, in Tränen ausbricht und davonläuft, sie wird gefeuert, kommt in ein Spital, macht einen Selbstmordversuch… ein totes Kind wird eingeäschert, die Mutter zerstreut die Asche auf dem Friedhof und schmiert sie sich ins Gesicht…, Bilder unsolidarischen Verhaltens, von Streit unter Freunden, Bilder von den verfallenden Häusern in La Habana Vieja,… alles in unscharfen billigen Videobildern.

## unerträglich und wirr


ABOUNA - DER VATER
Mahamat-Saleh Haroun, F/Tschad 2002 - OmU - 85min MONO

Plötzlich ist der Vater nicht mehr da, was heisst da „unverantwortliches Verhalten“ fragen sich die Kinder, ein Bub leidet an schwerem Asthma…
Der Film gibt einige Einblicke in das Leben im Tschad, einem der ärmsten Länder der Erde.
** typisch afrikanischer Film, bunt und konventionell.


RAGHU ROMEO
Rajat Kapoor, Indien 2003 - OmeU - 99min

Es ist bekannt, dass in Indien die Filmstars einen göttergleichen Ruf genießen und mehr als Politiker verehrt werden. Es gibt nun einen dicken Bösewicht, der die schöne Schauspielerin Neetaji ermorden will, Raghu, ein dümmlicher ganz dünner Fan rettet sie dabei, in dem er sie aus einer Filmszene heraus entführt und mit einem pinkfarbenen Gartenschlauch an sein Bett  fesselt.
Bollywood versucht sich hier erstmals selbst zu karikieren und zu persiflieren, was nur ansatzweise gelingt, schriller, knalliger Film mit viel Indischer Popmusik.
# slapstickartiger Schwachsinn mit einigen schrägen Szenen, unerträglich, es sei denn man liebt Bollywood-Tanzfilme.


DÍAS DE SANTIAGO
Josué Méndez, Peru 2004 - OmeU - 83min - DIG; Siegerfilm von Fribourg 2004

Der in Fribourg mehrfach ausgezeichnete Film ist eine bedrückende Mileaustudie von Lima / Peru. Santiago diente als junger Mann im Kampf gegen die Guerilla und Ecuador, er quittiert seinen Dienst und ist freilich unfähig im zivilen Leben, er will das Leben strikt nach Stundenplan ordnen, was im Chaos unmöglich ist, er ist auch unfähig zu Beziehungen zu Frauen, egal ob für eine Nacht oder auf Dauer, seine Familie ist krankmachend, der Vater missbraucht die Tochter, auch er schlägt seine Frau und wird gedemütigt, weil er nicht einmal einen Kredit für einen Kühlschrank bekommt.

Stilistisch wechselt der Film von warmen Farben in grobkörniges Schwarzweiss und manche Szenen sind im kühlen Blau, dokumentarisch präzise wird das Elend in den Vororten Limas und die Aussichtslosigkeit für den jungen arbeitslosen Mann gezeigt.

**** herausragend, wenngleich auch etwas zu stark verfremdet und digital nachbearbeitet


DER HUNGER, DER KOCH UND DAS PARADIES
Erwin Keusch/Karl Saurer CH 1981- OF - 88min - 16mm - Mono

Dass selbst ein fast 25 Jahre alter 16mm-Film technisch besser ist als die grassierende Video-Seuche bewies Karl Saurer mit seinem Film über eine Reise durch die Restaurants der Schweiz in 13 Gängen, dabei ist ein junger Dieter Moor zu bewundern und die 13 Gänge beziehen sich auch auf die Beziehung zwischen dem Spitzenkoch und einer Kellnerin, die immer wieder vom Arbeiten in Ausland träumen…

**** herausragendes Beispiel eines perfekt gemachten dokumentarischen Spielfilmes über das professionelle Kochen von der Werkskantine bis zur Top-Gastronomie bei politischen Gipfeltreffen.


NI OLVIDO NI PERDÓN
(Kein Vergessen, kein Pardon)
Richard Dindo
CH 2003 - OmU - 85min FAZ mono


Richard Dindo, der wohl die bedeutendsten politischen Dokumenarfilmer der letzten Jahrzehnte (Doks über die Ermordung Chés, Lumumbas), zeigt hier das Massaker vom 2. Okt. 1968, wo kurz vor der Olympiade in Mexico 200 - 300 unbewaffnete friedliche Demonstranten erschossen wurden, all dies wurde bis 2001 vertuscht und die Archive waren gesperrt, nun konnte das Verbrechen etwas aufgearbeitet werden, freilich wurde noch 33 Jahre später ein Professor, der darüber ein Radiointerview gab, 2002 erneut von den gleichen Schergen der langjährigen Regierungspartei PRI („commando olympico“) ermordet. Immerhin wurde inzwischen auf diesem Platz „der 3 Kulturen“ in Ciudad de Mexico ein Denkmal errichtet, die Mörder freilich laufen noch immer ungestraft herum.

*** leider nur unscharfes Video, aber inhaltlich und dramaturgisch herausragend.

http://www.swissinfo.org/ses/swissinfo.html?siteSect=2105&sid=4456903

http://www.pro-helvetia.ch/download/cinefeu/rd_directors_sheet.pdf

 


ENCOUNTER
(Karsilasma) Ömer Kavur - Türkei 2003 - OmeU - 123min  Dig


Der bemerkenswerte Thriller aus der Türkei vermittelt uns ein sehr modernes Bild von der Türkei: man sieht keine Frauen mit Kopftüchern, die Menschen essen mediterrane Spezialitäten und trinken täglich Wein, überall hübsche nette Lokale…

Sinan, ein  Architekt, der seinen Sohn bei einem Motorradunfall verloren hat, lernt im Spital Mahmut, einen dubiosen Typen kennen, der Spielkasinos betreibt und freundet sich trotz größter Unterschiede mit ihm an, eines Tages bittet Mahmut Sinan ihn zu töten, da er schwer krank sei und nicht mehr leben wolle. Als er es nicht zustande bringt ihn zu erschießen, bedroht er ihn mit der Pistole. Als er ihn er wieder einmal besuchen will hört er dass er gestorben sei, dabei entwendet er ein altes Foto einer jungen Frau. Auf dem Weg auf eine Ferieninsel meint er in einem jungen Motorradler seinen verstorbenen Sohn wieder erkannt zu haben, auf eben dieser Insel wurde die Leiche Mahmuts gefunden und die Polizei tappt im Dunkeln. Sinan freundet sich nicht nur mit dem jungen Mann an, der sich als Sohn Mahmuts erhausstellt, auch liebt er dessen Mutter, die einstige Freundin Mahmuts und nun auch Geliebte des Polizeichefs, der darüber recht eifersüchtig wird  und ebenfalls ermordet wird.

Leider ist das Ende etwas vorhersehbar, abgesehen davon besticht der Film durch hervorragende Kameraarbeit und recht interessanten Bilder aus der Türkei.

*** optisch herausragend, inhaltlich spannend, aber nicht sensationell.


Miel para Oschun

Cuba, Spanien 2001 - mit Jorge Perrugoria.

Sehr viele Familien auf Kuba sind zerrissen. Ein Teil flüchtete aus dem Arbeiterparadies, ein Teil blieb. Roberto, Literaturprofessor in Miami, floh 1969 aus Muriel mit seinem Vater nach Miami, seiner Mutter bleib zurück.... 32 Jahre später fliegt er an Bord einer UA Maschine nach Havanna, zieht ins Luxushotel National. Er sucht vorerst seine Cousine, die in der Altstadt alte Häuser restauriert, gemeinsam gehen sie quer durch die Zuckerinsel auf die Suche nach der Mutter. Eine „Santeria“-Priesterin gibt ihnen Tipps: der schwarze Gott Oschun will Honig. Ein Taxifahrer bietet seine Dienste mit dem privaten Wagen zum halben Preis an; mit einem schrottreifen Moskvitch geht die Reise in den Osten der Insel los. Reifenplatzer, Unwetter, Motorschäden sind noch das Harmloseste was die Drei in dem Road-Movie zu erdulden haben. Weiter mit dem Fahrrad, und als dieses samt allem Geld und Papieren gestohlen wird, geht es zu Fuß weiter. Als sie günstig nächtigen wollen und Roberto mit seiner Cousine ein Doppelzimmer will, ruft die Rezeptionistin die Polizei, sie kommen alle in Haft.
Letztlich finden sie an einem „miel“ genannten Fluß das Haus der Mutter.

Zu Beginn wird das touristisch attraktive Kuba gezeigt, dann die beinharte Realität, leere Peso-Geschäfte, Inländer-Restaurants ohne Speisen, kaputte Verkehrsmittel und –wege, der tägliche Überlebenskampf.
Trotz des Happyends ein hervorragender, ehrlicher und kritischer Film, der stark auf die Tränendrüsen der ExilkubanerInnen drückte.

Schon gesehen in Huelva – Melodram um einen aus den USA nach Kuba heimkehrenden Literaturprofessor, der seine Mutter sucht.

Im Stile einer Telenovela, was umso mehr enttäuscht, als Humberto Solas einst den wunderschönen Revolutionsfilm „Lucia“ drehte.
** zeigt die Zerrissenheit der kubanischen Familien, artet leider in eine Telenovela - Gefühlsduselei aus.  Hat mir bei der zweiten Sichtung nicht mehr so gut gefallen.


UNDER THE STARS
(Kato apo t'astra) Christos Georgiou - Zypern/UK/GR 2001 - OmeU - 87min - DIG

Der Zypernkonflikt in einem eigenwilligen Spielfilm – es beginnt mit der Invasion der Türken auf Zypern, die Griechen müssen in einen anderen Teil flüchten und viele verlieren ihr Leben. Lukas versteckt sich unter der Abwasch, als 1974 die Bomben einschlagen, die Eltern bereiten die Flucht mit dem Auto vor, und werden bei einem Treffer getötet. 33 Jahre später arbeitet Lukas im griechischen Teil der Insel in einer Tischlerei. Die Schmugglerin Phoebe erfüllt ihm gegen Bares seinen Wunsch, einmal wieder auf die andere (türkische) Seite zu gelangen und sein Dorf nochmals zu sehen. Er tut sich schwer, so wie Phoebe mit den türkischen Soldaten zu scherzen und zu handeln und provoziert immer wieder gefährliche Situationen. Im Dorf angekommen, sind nur noch Ruinen vorhanden, er träumt davon an einem Fest der Fischer teilnehmen zu können, das abrupte und unpassende Ende (aus der sehr gespannten Situation mit Phoebe entwickelt sich unter dem Sternenhimmel plötzlich eine Romanze) verstört den Zuseher und fügt dem Film Schaden zu.

*** handwerklich sauber gemachter Film der den heute noch vorhandenen Hass der vertriebenen Griechen auf Zypern gegen die Türken zeigt und dabei natürlich auch versöhnliche Töne anschlägt, wiederum werden auch die Türken als normale Menschen gezeigt, mit denen es sich bei einem Cognac durchaus scherzen lässt.
Leider ein


ROCHA QUE VOA
Eryk Rocha (Sohn Glauber Rochas) - Brasilien/Kuba 2002 - OmeU - 90min - mono Experimentalfilm

Der am digitalen Schneidetisch mit vielen Effekten weiter verfremdete Film ist eine Abhandlung des Sohnes de legendären Glauber Rocha über das revolutionäre Filmschaffen in Lateinamerika, womit der postrevolutionäre kubanische Film ab 1959 und das Novo Cine Brasileiro eines Glauber Rocha und Genossen ab 1962 gemeint ist. Die theoretische Abhandlung, die dabei geboten wurde war sehr revolutionär und interessant, auch wenn sie gegen die „arrogante intellektuelle Elite“ in den imperialistischen und post-kolinialistischen Ländern gerichtet war, allein die filmische Umsetzung als Videoexperiment (und dann wieder als FAZ aufgeblasen) war nicht akzeptabel. Auch ist die Verbindung zwischen Cuba und Brasilien ziemlich konstruiert, war doch der frühe kubanische Film stilistisch doch eher am Neorealismus orientiert als an dem für die Arbeiterklasse  "unverständlichen" Experimentalfilm. Schließlich sollte der revolutionäre Film doch so beschaffen sein, dass ihn der seiner Klasse bewusste Arbeiter auch versteht und daraus die Kraft schöpfen kann, gegen seine Unterdrücker aufzustehen. Mit völlig unscharfen Bildfetzen wird dies wohl kaum gelingen. Das Kino leerte sich im Laufe der Zeit fast völlig…

* ein Stern aus Solidarität und für die Erinnerung an die Ideale der 68er Generation und das revolutionäre Kino, die rein marxistisch-dialektische Sichtweise dürfte ebenfalls einige abschrecken. Soll man  schon verfremdete Filmszenen nochmals verfremden ? Ich denke nein. Das Thema wäre in einer dokumentarischen Kompilation aus den zitierten Filmen wohl besser aufgehoben gewesen. Mehr ein Hörspiel als ein Film !


Ballo a tre passi

Salvatore Mereu, I 2003, 108 Min, dig., Sardische O.m. ital. OF

Venedig 2003: Preis für das beste Erstlingswerk
Präsentiert von den Bozner Filmtagen unter Martin Kaufmann



Im Stile des Neorealismus und eines Federico Fellini versuchte Mereu einen ethnographischen Episodenfilm zu machen, was ihm weitgehend gelungen ist. Aufgeteilt ist der Film in die vier Jahreszeiten, die wiederum Epochen im Leben typischer Menschen auf Sardinien widerspiegeln.

Frühling – junge Buben aus einem Bergdorf fahren auf der Ladefläche eines LKW zum ersten Mal ans Meer; Sommer – eine Französin, die mit ihrem Privatflugzeug angekommen ist, verführt einen einfachen Schafhirten, dieser macht´s wohl zum ersten Mal und ist noch sehr unerfahren, er weiss nur wie es die Tiere machen: von hinten. Dieses Erlebnis wird ihn wohl prägen.  Herbst – eine bildhübsche Nonne kehrt wieder in ihr Dorf zurück, Anlass ist eine Hochzeit.Auf dem Dorfplatz ist eine lange Tafel angerichtet, und ausgerechnet jetzt beginnt der Himmel alle Schleusen aufzutun;
Winter – ein alter Mann badet sich, nimmt noch ein Erinnerungsfoto mit in die Wanne, er macht sich schön und geht auf einen LKW-Parkplatz, wo viele Freudenmädchen arbeiten, er nimmt sich eine mit, lässt sie auf einem Akkordeon „cielito lindo“ spielen und als er erwartungsvoll die zweite Flasche Sekt öffnen will, ereilt ihn der Tod – er wollte wohl beim Liebe machen sterben (welcher Mann will das nicht?) – Abschlussszene: alle Menschen in schwarz, er jedoch im weissen Anzug begleiten ihn zum Rollfeld, wo ein alter Doppeldecker mit ihm auf die Fahrt in dem Himmel wartet, Pilotin ist die abgestürzte Französin, die in der zweiten Episode den Hirten verführte. Immerhin, er darf hinauf in den Himmel, obwohl er ja einige Male gesündigt hat.

Zwar hat der Film einige Längen und geht relativ sparsam mit landschaftlichen Reizen Sardiniens um, gelungen ist eine fellineske Auswahl der Typen, die Mischung aus Nonnen und Huren, das Zelebrieren von wichtigen Ereignissen im Leben auf Sardinien.

**** wunderbarer kleiner Film, ganz in der Tradition der Blütezeit des italienischen Films

http://www.luckyred.it/ballo/home.html

http://www.centraldocinema.it/Recensioni/Sett03/ballo_a_tre_passi.htm


Memoria del Saqueo
Geschichte einer Plünderung (Arg 2004 - 118 Min, FAZ, Dig. ) ein trigon Film

Fernando Solanas erzählt in 10 Kapiteln die Geschichte des Genozids am argentinischen Volke, der durch die korrupten Lügner und Verräter wie Carlos Menem und De La Rua sowie der meisten bestechlichen Abgeordneten des argentinischen Parlamentes verursacht wurde. Zur Zeit der grausamen Militjunta (s. JUNTA / Garaje Olympo) eines Videla und des Falklandkrieges (Malvinas) stürzte sich Argentinien unter Bruch von Verfassungsbestimmungen in nicht mehr rückzahlbare Schulden. Nachdem dann Alfonsin von der "radikalen" Partei an die Macht kam, versprach er zwar Menschenrechte und Arbeit, wurde jedoch bald derart unter Druck gesetzt, dass er alle guten Vorsätze brach. Menem, der ihm folgte, kämpfte im Outfit eines edlen Peronisten und mit der Sprache von Mann aus dem Volke, war jedoch der korrupteste Verräter, den man sich vorstellen konnte. Musterbetriebe wie die Erdölfirma YPF, die Fluglinie Aerolineas Argentinas, die Gas- und die Wasserversorgung, die Bahn, etc.alles wurde z.T. zu einem 1/10 des wahren Wertes verscherbelt, ohne Bilanzen geprüft und je eine Inventur gemacht zu haben; dem folgte eine 1:1 Parität des arg. Pesos mit dem US$, was den Ruin der eigenen Wirtschaft bedeutete, Waren die früher exportiert wurden,wie Lebensmittel, mußten plötzlich importiert werden. Hunderttausende wurden entlassen, und als ihre Abfertigung verpulvert wurde arbeitslos, nur dass inzwischen auch das gesamte soziale Netz von der Arbeitslosenversicherung bis zum Rentensystem demoliert wurde. 25.000 Kinder verhungern nun jährlich im einst reichsten Land der Welt, das einst den höchsten Fleischkonsum der Welt hatte...   Doch das Volk ging zunehmend auf die Strasse, erst weil ihre Dollarguthaben um 80% entwertet und "eingefroren" wurde, zuletzt weil es nichts mehr zu verlieren gab. Die Justiz bishin zum obersten Gericht sprach alle Verbrecher der oberen Kasten frei, vom Foltergeneral bis zum Mafiaboss, Menem selbst war in die dubiosesten Waffengeschäfte verwickelt ...
Auch formal beachtlicher und spannender Film, der auf "objektiven" ausländischen Angaben  beruht, Solanas, inzwischen rund 70, wurde bei einem Mordanschlag schwer verletzt, überlebte aber mit 7 Kugeln im Leib. Es schüchterte ihn nicht ein, im Gegenteil.

*** hervorragende Dokumentation über die Folgen des Neoliberalismus und der Globalisierung am Beispiel Argentiniens. Was vor wenigen Jahren das "weißeste" und "europäischte" Land Südamerikas traf, kann auch bei uns passieren, wenn wir uns nicht auch so tapfer wehren!  

http://www.venezuela-avanza.de/html/memoria_del_saqueo.html  (Kommentar von Hugo Chavez, Venezuela)
 

http://www.rebelion.org/cultura/040322sf.htm (Interview in Spanisch)


AMANDLA!
Lee Hirsch  USA/Südafrika 2002 - OmU - 103min
Eine historische Aufarbeitung in Musik und Bildern von 40 Jahren Apartheid in Südafrika.

Die Geschichte erzählt von den Anfängen der Unterdrückung der Weißen (Ausgrenzungen, Misshandlungen, Gefängnis, Hinrichtungen) bis zum Jahre 1994,  dem Jahr an dem erstmals in der Geschichte Südafrikas „Schwarze“ wählen durften und die ANC (unter ihrem Präsidenten Mandela, der mehr als 30 Jahre im Gefängnis saß) mit 64 % der Stimmen einen grandiosen Wahlerfolg erzielte. Die Lieder wurden zunächst als indirekte Waffe eingesetzt und dienten zur geheimen Mitteilung an alle Kampfgenossen!

Dadurch wurden sie zur Kultur eines gesamten Volkes bis über die Grenzen hinaus!
Cinematografisch beeindruckend war die Abstimmung zwischen Musik – Dokumentationen (in schwarz/weiß) – Reportagen & Erzählungen von den Überlebenden und Emigranten an Originalschauplätzen.

*** 1/2 Für mich war dieser Film niemals langweilig oder abstrakt und möchte ihm 3 ½ Sterne verleihen. Kulturell sehenswert! (Peter)
 


Rachida
Algerien/Frankreich 2002, Regie: Yamina Bachir, 100 min; arab.-franz. OF mit dt. UT
Official Selection, Cannes 2002 - Un certain regard


Islamische Terroristen wollen die junge Lehrerin Rachida zwingen eine Bombe in der Schule detonieren zu lassen. Als sie sich weigert, wird sie auf offener Straße niedergeschossen.

Nachdem sie sich von der schweren Verletzung erholt hat, verlässt sie mit ihrer Mutter die Hauptstadt und sucht Zuflucht in einem Dorf. Doch auch dort ist der Terror allgegenwärtig.

Eindringlich evoziert die Algerierin Yamina Bachir Chouikh in ihrem ersten Spielfilm in vielen prägnanten Szenen ein Klima der Angst. Politische Hintergründe und Motive für den Terrorismus werden ausgeklammert, Chouikh zeigt bewusst nur die Auswirkungen der gesellschaftlichen Spaltung auf die Zivilbevölkerung, die der Gewalt hilflos ausgeliefert ist. (Walter)


Before Night Falls

USA 2000, Regie: Julian Schnabel, 134 min; span. synchronisierte Fassung mit dt. UT

In seinem zweiten Spielfilm schildert der New Yorker Maler Julian Schnabel das Leben des kubanischen Dichters Reinaldo Arenas. Aus einem kleinen Dorf im Osten der Karibikinsel stammend kam er in den 50er Jahren in die Stadt und schloss sich den Rebellen um Castro an. In den ersten Jahren nach der Revolution kann Arenas seine Homosexualität noch offen ausleben, doch bald teilt man ihm mit, dass Künstler eine Gefahr für jede Diktatur seien. Unterdrückung, Schauprozesse und Inhaftierung folgen, ehe Arenas 1980 ein Ausreiseansuchen stellte. Von Aids gezeichnet nahm sich Arenas 1990 in New York das Leben. 

Von den ersten Bildern an entwickelt „Before the Night Falls“ durch die ständig fließende Kamera Sogwirkung, die Musik, das warme Licht und die grünen Farbtöne, aber auch der Ich-Erzähler vermitteln Lebensfreude und schaffen Intensität. Mit Fortdauer des Films gewinnen aber düstere Töne die Oberhand. – Eindrucksvoll wird so mit filmischen Mitteln der jeweilige Gefühlszustand des Porträtierten vermittelt und Javier Bardem verkörpert eindrucksvoll und vielschichtig Arenas Entwicklung vom lebensfrohen jungen Homosexuellen über den Verfolgten und Gefangenen bis zum von Aids gezeichneten Todkranken. (Walter)


und so entschied die Jury:
Die Internat.  Jury vergab den Preis des Landes Tirol an:
Días de Santiago - Peru
 

Lobende Erwähnung:
O Caminho das Nuvens - Brasil

Der Publikumspreis und der Preis des frz. Kulturinstitutes ging an:
Madame Brouette - Senegal

Festivalleiter Groschup war beim Abschlussbuffet über den afrikanischen Regisseur Moussa (der mit dem Zepter) sehr verärgert, weil dieses ihm zu wenig bot und er Steaks wollte !


Soll super sein: EDI / Polen


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